EU ignoriert Kritik und schießt bei Open Data über das Ziel hinaus

EU-Richtlinie benachteiligt öffentliche Verkehrsunternehmen

Berlin, 12. Oktober 2018 – „Die Europäische Kommission und der Europäische Rat haben die Kritik der Verkehrsbranche verworfen, nun droht den öffentlichen Verkehrsunternehmen der Super-Daten-Gau. Mit der sogenannten Public Sector Information (PSI) – Richtlinie sollen sie dazu verpflichtet werden, ihre Daten in großem Umfang öffentlich freizugeben. Privatunternehmen bleiben davon ausgenommen. Damit schießt Brüssel weit über das Ziel hinaus“, urteilt DVF-Geschäftsführerin Dr. Heike van Hoorn.

Das DVF wies bereits im August die EU-Kommission auf die widersprüchlichen Geltungsbereiche der PSI-Richtlinie im Bereich Mobilität und die delegierte EU-Verordnung 2017/1926 zu Mobilitätsdaten hin. Dabei geht es vor allem darum, die Verkehrsunternehmen – egal ob privat oder öffentlich – selbst über ihre wertvollen Daten, die „high value data sets“ bestimmen zu lassen. „Der Konsens der Branche, ausgewählte Daten als Open Data über Mobilitätsdatenplattformen verfügbar zu machen, muss erhalten bleiben. Es geht nicht, dass Kommission und Rat diese Bestrebungen durch parallele und gegensätzliche Gesetzesvorhaben torpedieren und die Branche damit auseinanderdividieren“, sagt van Hoorn.

„Die gesamte Verkehrsbranche unterstützt das bisherige Vorgehen der EU-Kommission, Mobilitätsdaten aus allen Bereichen verfügbar zu machen, in vollem Umfang. Alle Verbände und Unternehmen ziehen an einem Strang und arbeiten daran mit, dass ab 2019 verkehrsträgerübergreifend Fahrplandaten und Mobilitätsinformationen im Sinne von Open Data zur Verfügung stehen. Damit sollen sich die Nutzer noch besser als bisher ein Bild von den vielfältigen Mobilitätsangeboten machen können und zwischen Alternativen abwägen und diese nutzen. Dies ist eine wichtige Grundlage für intelligente vernetzte Mobilitätsdienstleistungen.“

Mit dem vorgelegten Entwurf der PSI-Richtlinie werden diese Bemühungen der Branche behindert. ÖPNV-Unternehmen sollen über den bisher gesetzten Rahmen hinaus Daten freigeben. Es ist auch nicht möglich, diese Daten exklusiv als Mehrwert in eine unternehmerische Partnerschaft einzubringen. Umgekehrt: Wettbewerbsrelevante Daten wie Fahrgastströme können künftig an Wettbewerber gehen, ohne dass diese selbst im Gegenzug zur Offenlegung ihrer Daten verpflichtet sind – ein klarer Wettbewerbsnachteil für den ÖPNV und anderer öffentlicher Verkehrsakteure. Bisher ist das Ganze für die öffentlichen Unternehmen umso mehr eine Black Box, als die Liste der bereitzustellenden „high value data sets“ noch von der EU-Kommission festzulegen ist. Gleichzeitig muss es nach Meinung des DVF den Verkehrsdienstleistern erlaubt sein, selbst die Unternehmen auszuwählen, mit denen sie ihre Daten über den Rahmen von Open Data hinaus teilen. Durch den neuen Gesetzesvorstoß der EU werden diese Partnerschaften zwischen ÖPNV und neuen Mobilitätsdienstleistern, die in vielen Städten entstehen, gefährdet.