Mosolf fordert massive Investitionen für klimafreundliche Mobilität

Parlamentarischer Abend "Klimaschutz im Verkehrssektor"

V.l. Küster, Sitta MdB, Klare MdB, Dr. van Hoorn,  Dr. Mosolf, Mattes, Prof. Dr. Kagermann, Schreiner MdB, Haverkamp, Kühn MdB,
V.l. Küster, Sitta MdB, Klare MdB, Dr. van Hoorn, Dr. Mosolf, Mattes, Prof. Dr. Kagermann, Schreiner MdB, Haverkamp, Kühn MdB,

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Berlin, 8. November 2018 – Die Verkehrsbranche will beim Klimaschutz künftig schnellere Fortschritte erreichen. Beim Parlamentarischen Abend des Deutschen Verkehrsforums forderte Dr. Jörg Mosolf, DVF-Präsidiumsvorsitzender und Vorsitzender des Vorstands der MOSOLF SE & Co. KG eine umfassende Modernisierungsoffensive zur CO2-Senkung – mit massiven Investitionen in die Elektromobilität, Digitalisierung, ÖPNV, Schienenverkehr, Wasserstraße sowie die erforderliche Ladeinfrastruktur, Erdgas- und Wasserstofftankstellen. Mosolf: „Zweistellige Emissionssenkungen im Verkehrssektor in zehn Jahren hinzubekommen, wird eine enorme Herausforderung. Wir müssen für klimafreundliche Mobilität in allen Bereichen massiv investieren. Bei den politischen Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, muss aber auch auf die gesellschaftliche Akzeptanz geachtet werden. Technologieoffenheit, Bezahlbarkeit, langfristige Planbarkeit – das sind wichtige Leitlinien.“

Die Entwicklung der Mobilität der Zukunft bezeichnete Prof. Dr. Henning Kagermann, Vorsitzender des acatech-Kuratoriums und Vorsitzender des Lenkungskreises der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM), als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die sich in verschiedenen Politikbereichen widerspiegeln müsse. „Wir brauchen deshalb eine gemeinsame Strategie, die mehr Klimaschutz im Verkehr ermöglicht, aber auch eine weiterhin bezahlbare und wettbewerbsfähige Mobilität in Deutschland sicherstellt. Die NPM soll die sektor- und branchenübergreifende Zusammenarbeit weiterführen.“ Die Umgestaltung des Energiesektors und die Umgestaltung der Mobilität müssten gemeinsam gedacht werden. „Die stärkere Kopplung der Sektoren Verkehr und Energie gilt als zentraler Bestandteil der Energiewende: Beispielsweise kann Elektromobilität netzdienlich integriert als Wegbereiter und Integrator der erneuerbaren Energien in das Energiesystem fungieren.“

Auch Bernhard Mattes, DVF-Präsidiumsmitglied, Präsident Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA), rief die Politik auf, die Ziele Klimaschutz und Beschäftigungssicherung gleichermaßen zu verfolgen. Eine Verschärfung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ambitionsniveaus für 2030 würde diese Balance aus dem Gleichgewicht bringen. Mattes mahnte die EU, den Bogen bei der CO2-Regulierung nicht überspannen: „Natürlich ist es richtig, dass Europa ambitionierte Klimaziele verfolgt. Zugleich dürfen wir uns nicht weiter von dem entfernen, was technologisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist. Der Versuch, die CO2-Regulierung für Pkw und jene für Lkw in Gleichklang zu bringen, zeigt, dass in Brüssel nach wie vor zu wenig Verständnis für die Eigenheiten des europäischen Nutzfahrzeugmarktes herrscht. Die europäischen Nutzfahrzeughersteller halten Minderungsziele von sieben Prozent bis 2025 und 16 Prozent bis 2030 für sehr anspruchsvoll, aber machbar. Bei den schweren Lkw schießen die Vorstellungen von Kommission und Parlament weit über das Ziel hinaus. Mit dem von der Kommission für Pkw und Vans vorgesehenen Ambitionsniveau würden die EU–Klimaziele sicher und volkswirtschaftlich effizient erreicht.“

Stephan Kühn MdB, verkehrspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vertrat die Auffassung, dass eine Antriebswende alleine nicht ausreiche. Es sei auch eine Verkehrsverlagerung erforderlich. Bei der Elektromobilität plädierte er dafür, den städtischen Verteilverkehr stärker zu fördern. Kühn MdB: „Wenn die Bundesregierung ihre eigenen Klimaziele und das Pariser Klimaabkommen ernst nimmt, muss sie sich für deutlich ambitioniertere Grenzwerte einsetzen. Das schützt unser Klima, senkt Spritkosten und sorgt auch dafür, dass unsere Autoindustrie auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig bleibt. Wir können uns in Deutschland kein Biotop für fossile Verbrennungsmotoren erlauben, während sich der Rest der Welt einen Wettkampf um saubere Antriebe liefert."

Felix Schreiner MdB, CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hingegen setzte sich für den Diesel ein: „Wir brauchen den modernen Dieselmotor, um individuelle Mobilität sicherzustellen und das Emissionsminderungsziel für das Jahr 2030 zu erreichen. Der Diesel ist besser als sein aktuelles Image: Das Feinstaubproblem ist mit dem Filter behoben, der Diesel stößt weniger klimaschädliches CO2 aus als ein vergleichbarer Benziner und auch das Stickoxidproblem ist endlich gelöst. Das zeigt sich bei Fahrzeugen der neuen Schadstoffnorm Euro 6d-temp.“ Schreiner forderte gleichzeitig die Technolgieoffenheit bei den Antrieben.

Insgesamt mehr Tempo bei der Verkehrswende forderte die Geschäftsführerin Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) Kristina Haverkamp und wies darauf hin, dass Energieeffizienz und Elektromobilität allein nicht reichen würden. „Die dena setzt sich deshalb im Rahmen der Global Alliance Power Fuels nachdrücklich dafür ein, dass die Politik attraktive Rahmenbedingungen für grüne E-Fuels schafft. Deutschland sollte erste Großprojekte in Angriff nehmen, denn das Know-how ist hier und sollte auch hier bleiben. Konkurrenzfähig werden die Preise voraussichtlich erst, wenn grüne E-Fuels in großindustriellem Maßstab mit deutscher Technologie in Ländern produziert werden, die dafür die besten natürlichen Voraussetzungen bieten.“

Offene Fragen beim Klimaschutzgesetz

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Frank Sitta MdB sprach sich dafür aus, sämtliche Sektoren in das EU-Emissionshandelssystem aufzunehmen. Die Mineralölunternehmen müssten danach Zertifikate einkaufen und würden die Kosten auf den Kraftstoffpreis umlegen: „Im Gegenzug könnte die Energiesteuer darauf abgeschafft werden.“ Laut Sitta sei das geplante Klimaschutzgesetz der falsche Weg. „Wir wollen einen Emissionshandel, der alle Sektoren umfasst. Dann wäre es unnötig, den Verstoß gegen gesetzlich festgelegte Sektorziele ahnden zu müssen. Das würden die Marktkräfte erledigen. Wie das Verfehlen eines Klimaschutzziels staatlicherseits zu sanktionieren wäre, müssten diejenigen beantworten, die das für den richtigen Weg halten.“ Ähnlich wie Schreiner setzte sich Sitta vehement für eine technologieoffene Herangehensweise für Antriebe ein. Batterieelektrische Fahrzeuge seien nicht die alleinige technologische Option. Hier gebe es z.B. auch Wasserstoff- oder Brennstoffzellenantriebe, die CO2-neutral sind.

„Wer A sagt, muss V machen. Autonomes Fahren und Vernetzung gehören zusammen. Wer H sagt, kann C wieder wollen. Die Zukunft ist nicht dekarbonisiert, sondern defossil“, sagte Arno Klare MdB, Berichterstatter Verkehr und Umwelt in der AG Verkehr und digitale Infrastruktur der SPD-Bundestagsfraktion. Klare brachte damit auch die Forderung nach Technologieoffenheit und alternativen Kraftstoffen zum Ausdruck. Ihm war außerdem wichtig, massiv in die Elektrifizierung des Schienenverkehrs zu investieren, einen zuverlässigen ÖPNV zu gewährleisten und die Stadt der kurzen Wege zu schaffen.

Der Schlüssel für die Lösung der Klimaprobleme in den Städten sei ein leistungsfähiger und klug vernetzter Nahverkehr, so Dr. Henrik Haenecke, Vorstand Finanzen, Digitalisierung und Vertrieb, Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Moderne Mobilitätsformen seien hier gefragt. „Neben dem Hochleistungs-ÖPNV mit großen Bussen und Bahnen werden neue Mobilitätsformen und Verknüpfungen mit On-Demand-Angeboten, Car- und Bikesharing oder E-Scootern dafür sorgen, dass das eigene Auto in den Städten für die allermeisten Menschen verzichtbar wird. Umweltfreundliche und komfortable Mobilität für alle und aus einer Hand - das ist unsere Mission.“

Aus Sicht der Pkw-Nutzer plädierte Holger Küster, Geschäftsführer ACV Automobil-Club Verkehr e. V., Autofahrer nicht zum Neukauf zu überreden und fair zu bleiben: „Zunächst müssen Politik und Industrie liefern: Wir brauchen verbindliche Aussagen für die Zukunft und neue, günstigere Fahrzeug-Modelle.“ Zudem müssten neue Technologien den Verkehr effizienter machen. „Gerade bei der Vernetzung gibt es noch großes Potenzial, wodurch der Energieverbrauch und der Schadstoffausstoß gesenkt würden. Wir müssen hin zu einer Mobilität, die passt – je nach Bedarf, Situation und Ort.“