Die Mobilität der Zukunft beginnt im Kopf!

DVF auf der MES Expo

Die Mobilität der Zukunft beginnt im Kopf!

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Berlin, 11. November 2021 – Der Verkehrssektor kann sich in puncto Klimaschutz nicht über zu wenig Herausforderung beklagen: bis 2030 müssen 65 Prozent CO2-Emissionen gegenüber 1990 eingespart, bis 2040 satte 88 Prozent und bis 2045 Klimaneutralität erreicht werden. „Das bedeutet, dass die Dekarbonisierung der Mobilität mehr Fahrt aufnehmen muss. Und dazu braucht sie starke Partner“, sagte DVF-Geschäftsführer Dr. Florian Eck zur Eröffnung des Diskussionsforums auf der MES Expo.

Um die Trendwende bei den Emissionen speziell im Personenverkehr zu schaffen sind nach den Worten von Eck drei wesentliche Maßnahmen nötig: „Erstens müssen wir die Menschen mitnehmen, denn Mobilität beginnt im Kopf. Vernetzte Verkehrsangebote sind komplizierter und oftmals auch unbequemer als der Individualverkehr – das muss man durch einen einfachen Zugang und eine einheitliche Bezahlung wett machen. Zweitens gilt es, die bereits vorhandenen innovativen Lösungen großflächig und schneller umzusetzen und drittens müssen wir die Sektoren Verkehr, Energie und Digitalisierung synchronisieren. Ohne grünen Strom und eine flächendeckende Versorgung mit Breitband und Mobilfunk wird der Mobilitätsbereich seine Rolle bei der Dekarbonisierung nicht erfüllen können.“

Alexander Möller, Senior Partner Transportation, Roland Berger GmbH, wies darauf hin, dass die Verkehrswende Teil einer industriellen Revolution sei. Die Politik und Gesellschaft müssten sich bewusst sein, dass diese industrielle Revolution Investitionen erfordere und sich dies auf den Preis auswirke. Damit der öffentliche Verkehr den wachsenden Verkehrsbedarf klimaneutral bedienen kann, brauche man zudem drei Dinge: „Rücksicht aufeinander nehmen, öffentlichen Raum sicher machen und mehr geteilte und öffentliche Mobilität im Umweltverbund.“

Mindset, Emotionalität und Verhalten

„Die Verkehrswende fängt beim Denken der Menschen an, die Mobilitätsangebote nutzen. Im Jahr 2030 will keiner mehr über Fahrpläne und Tarifsysteme sprechen. Auch das Trennen zwischen motorisiertem Individualverkehr und öffentlicher Personenverkehr ist für die Menschen kein Thema“, so Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender, Hamburger Hochbahn AG. Die Akteure, also Mobilitätsanbieter, würden oftmals zu kompliziert denken. Hier müsse sich der Mindset ändern und zu mehr Kooperation untereinander führen. „Im Mittelpunkt steht der Mensch, für den ein klimaneutrales, leicht nutzbares und sicheres System aus ÖPNV, on-demand-Verkehren und weiteren zur Verfügung stehen muss“, skizzierte Falk die Zukunftsaufgabe.

Möller stimmte dem zu, dass eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Menschen die Aufgabe sei und nicht die Erwartungshaltung, dass die Menschen ihr Denken verändern. Mobilität müsse gesamthaft gedacht werden und nicht über eine künstliche Trennung zwischen MIV und ÖPNV. „Angebote der öffentlichen Mobilität müssen effizient CO2 einsparen. Sie müssen gleichzeitig die Kundenbedürfnisse wecken und bedienen. Klimaschutz durch öffentliche Mobilität ist deshalb viel stärker in den Fokus zu nehmen als Klimaschutz in der öffentlichen Mobilität“, ergänzte Möller.

Als Zukunftsprojekt in Hamburg stellte Falk den 5 Minuten-Takt vor. Dieses Versprechen könne der ÖPNV alleine gar nicht abbilden, so dass Berechnungen zufolge mindestens 15 Prozent on-demand-Angebote nötig wären. Mit diesem Ziel würden die anderen Anbieter Teil der Lösung und man käme Schritt für Schritt zu mehr Kooperationen und integrierten Angeboten.

Laut Christoph Ziegenmeyer, Head of Communications, MOIA GmbH, müssten während dieses definierten Hamburgtaktes gemäß der erstellten Begleitforschung rund 5.000 Fahrzeuge mehr eingesetzt werden. Der individuelle Verkehr würde entsprechend um etwa 5 Prozent sinken und insgesamt für die Stadt Hamburg eine Entlastung mit sich bringen. Zum Ticketing sagte Ziegenmeyer: „Im Rahmen einer Kooperation mit dem öffentlichen Nahverkehr kann eine tarifliche Integration absolut sinnvoll sein. Das novellierte Personenbeförderungsrecht lässt den beteiligten Partnern großen Spielraum bei der Tarifgestaltung, indem es neben dem eigentlichen ÖPNV-Preis einen Komfort-Zuschlag zulässt, der auch ein dynamisches Pricing erlaubt.

Elektrisch und automatisch

Simon Weiher, Leiter Portfoliomanagement und Produktmarketing, Hitachi Energy, stellte Innovationen im Ladebereich für Fahrzeuge vor. Wichtig sei die Skalierbarkeit der Lösungen. Es sei nicht einfach, eine ganze Flotte auf Elektromobilität umzustellen und zu laden. Ein angepasstes Lademanagement müsse daher berücksichtigen, ob ein Bus an der Haltestelle schnell nachgeladen werden müsse oder im Depot die ganze Nacht zur Verfügung stehe. Laderoboter könnten den Ladevorgang automatisieren und flexibler gestalten. Zudem könnten geladene Fahrzeuge nach dem Prinzip Vehicle-to-grid als Batterie genutzt werden, wenn sie nicht fahren würden, beispielsweise Schulbusse.

Falk bestätigte, dass es für Betriebe ein großer Umstellungsprozess sei, die Flotten auf e-Mobilität umzustellen. Von größeren und anders strukturierten Betriebshöfen bis hin zu neuen Kooperationen mit Energieanbietern.

Platzeffizienz, schnelle Ladedauer und sichere Stromversorgung seien die drei wesentlichen Faktoren für die Verkehrsunternehmen bei der Flottenumstellung, so Möller. Hier müssten Kommunen und Netzbetreiber kooperieren.

Mirko Taubenreuther, Fachbereichsleiter Automated Driving Functions, IAV GmbH, stellte das fahrerlose Shuttle HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation) ín Zusammenarbeit mit der Hamburger Hochbahn vor. Dieser autonome Shuttle sei in der Hamburger Innenstadt erfolgreich gefahren. Automatisiertes Fahren ermögliche einen optimalen Verkehrsfluss und ein effizientes Gesamtverkehrssystem. Spannend werde das Thema autonomes Fahren vor allem im ländlichen Raum, um dort den Anschluss etwa an die Bahnen zu ermöglichen. Alle Beteiligten bestätigten, dass autonomes Fahren ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Verkehrswende sei.

Mobilitätsbudget

Es brauche ein Umdenken in Richtung Mobilitätsbudget, forderte René Hänsel, Vertriebsleitung, LogPay Financial Services GmbH. Die Arbeitgeber können als Hebel für die Mobilitätswende genutzt werden, indem sie den Mitarbeitern ein Budget zur Verfügung stellen, mit dem jedes Verkehrsmittel genutzt werden könne, also Bus, Sharingangebote, Mietauto oder Leihrad. Die Verkehrswende könne auch über einen neuen Mehrwert angereizt werden, so Hänsel.

Falk sah im Mobilitätsbudget einen wesentlichen Treiber für die kommenden Jahre, forderte dabei jedoch die steuerliche Gleichsetzung dieses Mobilitätsbudgets zum Dienstwagen, also eine Pauschalversteuerung. Die Menschen könnten dann über eine digitale Plattform sämtliche Mobilitätsangebote nutzen und aus dem Guthaben bezahlen.