Silodenken aufheben: Mehr Tempo, Verlässlichkeit der Politik und Spielraum für Innovation

Innovationskraft nutzen - Bewegung für den Mobilitätsstandort Deutschland

Bild Quelle: DVF/Photothek
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Berlin, 11. September 2024 – Christina Zimmermann, Geschäftsführende Gesellschafterin der Schüßler-Plan GmbH und Präsidiumsmitglied des Deutschen Verkehrsforums DVF, hat sich beim DVF-Netzwerktag für größere Innovationsspielräume bei öffentlichen Ausschreibungen und Vergaben eingesetzt, um Kosten und Zeit bei Bauprojekten nachhaltig zu planen. Laut Zimmermann könne so verhindert werden, dass augenscheinlich günstigere Projekte gewinnen, die jedoch am Ende teurer sind.

„Es geht darum, die Innovationskraft dieses Landes nicht verpuffen zu lassen, Tempo zu machen und dabei auf eine hohe Verlässlichkeit der Politik als Partner setzen zu können.“

„Die klassische Trennung zwischen Planen und Bauen und damit das Silodenken wird durch partnerschaftliche Vertragsmodelle aufgehoben. Planungs- und auch Bauunternehmen können und sollten darüber hinaus bereits von Anfang an in beratender Form hinzugezogen werden. So können sie mit ihrer Kompetenz frühzeitig die Qualität, Kosten und Termine optimieren, den Prozess aktiv steuern und potenzielle Komplikationen vermeiden. Bei kooperativen Vertragsmodellen trägt jeder Allianzpartner die gemeinschaftliche Verantwortung.“

Peter Coenen, Geschäftsführer HOCHTIEF PPP Solutions GmbH, Präsidiumsmitglied des Deutschen Verkehrsforums DVF unterstützte diese Vorgehensweise: „Neue partnerschaftliche Vertragsmodelle wie Integrierte Projektabwicklung (IPA) tragen maßgeblich zur Erhöhung sowohl der Geschwindigkeit als auch der Qualität von Projekten bei. Indem sie gemeinsame Ziele und Anreize schaffen, fördern sie eine Win-Win-Mentalität unter den beteiligten Parteien. Zusätzlich ist es wichtig den Lebenszyklus der Infrastruktur zu optimieren und Bau und Betrieb effizient miteinander zu verzahnen.“

Um schneller zu bauen, habe das Bundesverkehrsministerium in dieser Legislaturperiode bereits Gesetzesänderungen durchgeführt, so Hartmut Höppner, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr: „Ein Meilenstein dafür war, dass Ende 2023 das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz in Kraft getreten ist. Darin werden verkehrsträgerübergreifend Maßnahmen gebündelt, die zielgerichtet bisher langwierige und komplizierte Verfahren verkürzen und vereinfachen. Darüber hinaus stehen wir im kontinuierlichen Austausch mit den Ländern, inwieweit wir weitere Beschleunigungspotentiale erschließen können.“

Coenen und Zimmermann bemängelten die ab 2025 auf die Unternehmen zukommenden zusätzlichen massiveren Berichtspflichten. Die Zahl der Verwaltungsvorgänge nehme laut Coenen zu und übersteige auch die Erleichterungen durch Digitalisierung. Höppner gab zu bedenken, dass auch der Staat in der Lage sein müsse, diese Berichte zu prüfen.

Hinsichtlich der Finanzierung sagte der Staatssekretär: „Im Haushaltsentwurf 2025 plant der Bund im kommenden Jahr, mit rund 28,9 Milliarden Euro mehr als je zuvor in den Erhalt und Ausbau von Schiene, Straße und Wasserstraße zu investieren“ und wies an dieser Stelle auf die Idee eines Infrastrukturfonds hin. Diese Idee sei noch nicht vom Tisch. Auch forderte er mehr Mut seitens der Politik, Bauprojekte mehr zu standardisieren.

Die unsichere Finanzierungslage im Straßenbereich stelle die Unternehmen vor Schwierigkeiten, so Coenen: „Wenn kein ausreichender und stabiler Deal Flow vorhanden oder in absehbarer Zeit erkennbar ist, werden keine oder nicht ausreichende Ressourcen für die Aufrechterhaltung der Verkehrsinfrastruktur aufrecht erhalten oder gebildet. Dies wird, mangels Wettbewerb, die Preise weiter in die Höhe treiben und dadurch die Nöte unserer Infrastruktur noch weiter erhöhen.“

Klima- und Transformationsfonds KTF für Wettbewerbsaufträge an Startups nutzen

„Wir haben einen großen Verteidigungshaushalt und einen Klima- und Transformationsfonds, aus denen man im Wettbewerb Aufträge vergeben kann. In den USA wird es beispielsweise so gemacht, daraus sind Innovationen wie GPS oder das Internet hervorgegangen. Man könnte aus dem KTF, der jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag über die CO2-Abgabe erhält, einen Meilensteinwettbewerb für 100 Millionen Euro vergeben, etwa für ein Fusionskraftwerk“, so Thomas Jarzombek MdB, Sprecher für Bildung und Forschung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Jarzombek wies darauf hin, dass in den Bereichen Raumfahrt und Quantencomputing gute Projekte gelungen sind, bei denen privates Kapital gehebelt wurde. „Im Rahmen eines Wettbewerbs für Raketenforschung haben wir drei spannende Startups gefunden, unter anderem Isar-Aerospace. Es wurden 11 Millionen Euro Wettbewerbskapital eingesetzt und final 400 Millionen Euro privates Kapital eingesammelt. Das ist ein gewaltiger Hebel.“ Die SPRIND sei wichtig für Innovationen in Deutschland, jedoch werde sie im Klammergriff der Haushälter als Verhandlungsmasse gehalten, was schädlich sei.

Wie die SPRIND „am Markt“ wahrgenommen werde, dazu könne Prof. Dr. Meike Jipp, Bereichsvorständin Energie und Verkehr, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, als Forschungseinrichtung kaum etwas sagen. „Was wir allerdings wissen, ist, dass Startups häufig abwandern, da sie zum Beispiel in den USA leichter skalieren können. Der Markt ist eben größer. Als DLR unterstützen wir unsere Startups, indem wir gute Rahmenbedingungen bieten beispielsweise für die Nutzung von Infrastrukturen und für die Vernetzung. Darüber hinaus unterstützen wir die Digitalisierung. Sie ist eine wichtige Grundlage für cross-sektorale Themen und stärkt somit auch die Systeminnovation. Für uns ist es ganz wichtig, dass wir Fragestellungen nicht nur erforschen, sondern unsere Lösungen den Weg in die Praxis finden.“

Zimmermann machte deutlich, dass die Herausforderungen wie die Erfüllung der Klimaziele, die Beseitigung der Investitionslücken und die Transformation der Branchen nur gelöst werden können, wenn alle an einem Strang ziehen: „Der Mobilitätssektor, die Planungs- und Baubranche sowie die Industrie stehen bereit, um sich gemeinsam mit der Politik aktiv einzubringen und partnerschaftlich für mehr Effizienz zusammenzuarbeiten. Denn Lösungskonzepte für diese Herausforderungen sind vorhanden, sie sind marktreif und sollten in der Praxis nicht nur an Pilotprojekten getestet, sondern standardisiert eingesetzt werden.“

Es sei jedoch schlichtweg kein gutes Wirtschaften möglich, wenn Projekte jedes Jahr aufs Neue in Frage gestellt werden, denn so zahle die Wirtschaft bei Verzögerungen an vielen Stellen drauf. Reformen in Richtung Finanzierungssicherheit und Planungsbeschleunigung seien dringend erforderlich, um die notwendige Verlässlichkeit zu erzeugen.