Schienengüterverkehr braucht niedrige Trassenpreise, zuverlässige Infrastruktur und Innovationen
Parlamentarischer Abend der Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag
07.11.2024
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Berlin, 07. November 2024 – Neben der Ertüchtigung des deutschen Schienennetzes sind niedrige Trassenpreise und Innovationen unerlässlich, um die Wettbewerbsfähgkeit des Schienengüterverkehrs zu erhöhen. Dies forderten übereinstimmend die Expertinnen und Experten bei der gestrigen DVF-Veranstaltung für die Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag.
Valentin Abel MdB, Stellvertretender Vorsitzender der Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag, sagte, dass der geplante Marktanteil des Schienengüterverkehrs von 25 Prozent bis 2030 von einer verlässlichen Planbarkeit, langfristigen Finanzierung der Infrastruktur und wettbewerbsfähigen Trassenpreisen abhänge. „Einige Maßnahmen sind bereits eingeleitet. Ich denke da an die Förderung der Gleisanschlüsse und die Generalsanierung. Notwendig sind neben einer zuverlässigen Infrastruktur auch Innovationen wie Automatisierung und Digitalisierung: Für den grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr ist die Ausrüstung der TEN-V mit ECTS besonders wichtig.“
Prof. Dr. Corinna Salander, Leiterin der Abteilung Eisenbahnen, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, sagte, dass für die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs ein zuverlässiges digitalisiertes Schienennetz nötig sei. Im Masterplan Schienengüterverkehr seien 66 Maßnahmen in der Umsetzung, die auf die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur und auf den Netzzugang, die Modernisierung und Innovation sowie auf die Förderung des Schienengüterverkehrs zielen. „Es muss ein europäisches Förderprogramm für die Digitale Automatische Kupplung (DAK) entwickelt werden, flankiert von nationalen Förderprogrammen. Außerdem arbeiten wir mit Hochdruck daran, das Schienennetz und die Fahrzeuge mit dem europäischen Zugbeeinflussungssystem ETCS auszurüsten. So sind im Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025 Förderprogramme in Höhe von 726 Millionen Euro vorgesehen. Davon gehen 275 Millionen Euro in die Trassenpreisförderung und 300 Millionen Euro in die Förderung des Einzelwagenverkehrs als größter Posten. Vor allem wird das Bundesverkehrsministerium eine Reform der Regularien des Trassenpreissystems aufsetzen. Beim Moderne-Schiene-Gesetz ist ein Schwerpunkt die Absenkung der Eigenkapitalverzinsung der DB InfraGO AG, die sich auf eine Reduzierung der Trassenpreise auswirkt.“
"Bevor wir über die Stärkung des Schienengüterverkehrs reden, müssen wir dessen Schwächung verhindern“, so Bernd Riexinger MdB, Stellvertretender Vorsitzender der Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag. „Entweder die Erhöhung der Trassenpreise wird verhindert oder der Schienengüterverkehr bekommt eine Erhöhung der Trassenpreisförderung. Für die Stärkung des Schienengüterverkehrs braucht es ein ganzes Bündel an Maßnahmen wie Senkung Stromsteuer, Förderung der digitalen automatischen Kupplung, vor allem ein besseres Netz, auf dem mehr Schienengüterverkehre gefahren werden können."
Dr. Martina Niemann, Vorstand Finanzen und Controlling sowie Angebotsmanagement, DB Cargo AG, ging auf die Situation des Einzelwagenverkehrs und das europäische Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein, weil die bisherige Regelung nicht mehr zulässig ist: „Die Lösung ist nun ein geändertes Förderkonzept, das vorsieht, die Förderung des Einzelwagenverkehrs durch den Bund in Höhe von 300 Millionen für die gesamte Branche zu öffnen. Bisher haben sich 69 Unternehmen dafür beworben und erste Bewilligungen sind bereits erfolgt. Die DB Cargo hat bisher 40 Millionen Euro erhalten; andere Verkehrsunternehmen rund 50 Millionen. Der Sinn dieser Förderung liegt im Ausgleich des systemischen Nachteils zum Lkw.“ Niemann sprach sich auch dafür aus, das Trassenpreissystem zu überarbeiten, da ansonsten die Trassenpreise weiter steigen und einen Wettbewerbsnachteil bedeuten würden.
Aus Sicht eines privaten Unternehmens schilderte Armin Riedl, Geschäftsführer, Kombiverkehr GmbH & Co. KG/Lokomotion Gesellschaft für Schienentraktion mbH die Wettbewerbsprobleme des Schienengüterverkehrs in der täglichen Praxis: „Gerade die Sperrungen der Korridore Richtung Österreich und Italien, entlang der Donau und zum Brenner, sind wegen der teilweise bis zu 800 km langen Umleitungsstrecken für die privaten Güterbahnen mehr als herausfordernd, für manche existenzbedrohend. Der Bund steht in der Pflicht, hier für Ausgleich zu sorgen, gerade beim Brennerzulauf. Es käme ja auch keiner auf die Idee, die Autobahnen ersatzlos zu sperren. Und es hilft niemandem, wenn wir nachher ein gutes Netz, aber keine Unternehmen mehr haben, die darauf fahren.“
Für den designierten EU-Verkehrskommissar sei der Schienenverkehr ein wichtiges Thema, berichtete Kathrin Obst, Deputy Head of the Single European Rail Area Unit, DG MOVE European Commission. Er wolle auch die noch nicht abgeschlossenen Vorhaben aus der letzten Legislaturperiode umsetzen und die Umsetzung von TEN-V vorantreiben. Obst wünschte sich einen harmonisierten europäischen Eisenbahnraum. Dafür müssten die Mitgliedstaaten die grenzüberschreitenden Verkehre in ihren Planungen stärker mitdenken und -planen. Es würde die Vernetzung deutlich beschleunigen, wenn sich die Mitgliedstaaten auf technologische Standards einigen könnten und auf nationale Sonderwünsche verzichteten.