Dreeke „Nur Strukturreformen schaffen Vertrauen für Investitionen“
09.04.2025
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Berlin, 9. April 2025 – Anlässlich des Tages der Mobilitätswirtschaft hat der neu gewählte Präsidiumsvorsitzende des Deutschen Verkehrsforums (DVF) Frank Dreeke dazu aufgerufen, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates durch Strukturreformen zu stärken: „Es ist ganz und gar ausgeschlossen, dass wir nur mit schuldenfinanzierten Geldmitteln die Modernisierung unserer Volkswirtschaft schaffen können. Vor allem aber schaffen wir so nicht das Vertrauen, das die unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass hier am Standort investiert wird. Ohne Strukturreformen ist das Sondervermögen nichts wert.“
So müssten die Finanzmittel aus dem Sondervermögen zusätzlich zu den regulären Haushaltsmitteln kommen. „Die regulären Haushaltsmittel dürfen nicht gekürzt werden. Die Investitionsquote muss um den vollen Betrag der Infrastrukturinvestitionen aus dem Sondervermögen steigen.“ Außerdem müsse gewährleistet sein, dass die 100 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds KTF auch für die Transformation des Mobilitätssektors eingesetzt werden. „Wir benötigen eine klare mittelfristige Perspektive für eine echte Reform der Finanzierungsstrukturen. Es muss Transparenz geschaffen werden, etwa mit einem Verkehrsinfrastrukturbericht, der dem Zustand des Verkehrsnetzes folgt, anstatt eines Verkehrsinvestitionsberichts, der nur die Investitionssummen auflistet.“
Der vormalige DVF-Präsidiumsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner stimmte Dreeke darin zu, dass unterlassene Investitionen auch Schulden seien: „In den vergangenen Jahren hat die Politik eine Reihe von Hausaufgaben nicht gemacht. So wurde zu wenig und zu wenig planbar investiert. Es gab und gibt viel zu viel Bürokratie und Mikromanagement. Und schließlich haben wir die Digitalisierung zwar baulich vorangetrieben, aber viel zu spät und ohne ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Darum sind wir immer noch Schlusslicht im europäischen e-Government-Index.“ Klinkner äußerte die Hoffnung, dass die Politik diese Missstände erkannt habe und beheben werde.
Für Michael Donth, Mitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, geht es nun vor allem um den Standort Deutschland, um Arbeitsplätze und Betriebe. Es gebe eine große Erwartungshaltung, dass das Wirtschaftsthema mit hoher Priorität aufgegriffen werde. Donth äußerte die Hoffnung, dass die neue Bundesregierung der Wirtschaft Vertrauen und Zuversicht für Investitionen in den Standort Deutschland vermittele.
Ähnlich bewertete Andreas Rade, Geschäftsführer Verband der Automobilindustrie (VDA), die Standortpolitik als Grundvoraussetzung für eine wettbewerbsfähige Produktion in Deutschland.
Wettbewerbsnachteile durch falsche Rahmenbedingungen für den Luftverkehr bemängelte Dr. Pierre Dominique Prümm, Vorstand Aviation und Infrastruktur bei Fraport AG und DVF-Präsidiumsmitglied: „Wir wollen, dass die willkürlichen staatlichen Belastungen für den Luftverkehr - Stichwort Luftverkehrsteuer - beendet werden. Falls die neue Bundesregierung eine Absenkung der Luftverkehrsteuer beschließen sollte, wäre das ein guter erster Schritt in die richtige Richtung. Er reicht aber bei weitem nicht aus. Die Luftverkehrsteuer ist eine willkürliche staatliche Belastung für unseren Verkehrsträger, der die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen stark einschränkt. Sie gehört gänzlich abgeschafft. Das ist auch die Position der gesamten Luftverkehrsbranche.“
Ole Trumpfheller, Managing Director der Area North Europe Continent beim Logistikkonzern Maersk, betonte, dass auch deutsche Häfen seit Jahren an Produktivität verlieren würden, da die Hafeninfrastruktur nicht genügend politische Berücksichtigung finde. Häfen seien strategisch wichtig, daraus müsse die Politik entsprechende Konsequenzen ziehen.
Investitionen in Infrastruktur
Mit Blick auf die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur begrüßten alle Panelteilnehmer das beschlossene Sondervermögen, betonten jedoch, dass darüber hinaus Strukturreformen notwendig seien.
„Klar ist: Mehr Geld allein reicht nicht! Wir müssen die passenden Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehören zum Beispiel der Bürokratieabbau und beschleunigte Planungsprozesse“, so Dr. Richard Lutz, Vorsitzender des Vorstands Deutsche Bahn AG und DVF-Präsidiumsmitglied: „Es ist ein wichtiges Signal, dass Bundestag und Bundesrat eine Grundgesetzänderung beschlossen haben, um die Infrastruktur mit einem Sondervermögen zu stärken. Bahn- und Baubranche brauchen eine verlässliche Perspektive für die dringend notwendigen Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Genau hierzu kann das Sondervermögen einen entscheidenden Beitrag liefern.“
Auch Rade mahnte eine langfristige Absicherung der Investitionen in die Straßeninfrastruktur an: „Im Koalitionsvertrag zeichnen sich hierzu erste richtige Akzente ab, etwa durch eine sogenannte Überjährigkeit der Investitionsmittel. Außerdem gilt es, den Investitionsrückstau abzubauen, vor allem bei der Brückensanierung.“
„Eine möglichst verlässliche Logistik-Infrastruktur ist in disruptiven Zeiten wie den jetzigen für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar, weil sie die Grundlage für Flexibilität und Resilienz in den Lieferketten ist. Dazu gehören ausreichend Kapazitäten auf Straße, Schiene und Wasserwegen sowie auch moderne und hocheffiziente Umschlagterminals in den deutschen Hochseehäfen“, erklärte auch Trumpfheller. „Nachhaltige Investitionen in dieses Rückgrat einer der größten Exportnationen der Welt werden die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen und dabei helfen, sie auf den Wachstumspfad zurückzubringen.“
Dreeke forderte an dieser Stelle die kommende Bundesregierung auf, den Hafenlastenausgleich massiv zu erhöhen. Aktuell würden lediglich 38 Millionen Euro an Bundesmitteln auf 60 Häfen für die Instandhaltung insbesondere der Kaimauern verteilt, was nicht annähernd ausreiche. Es gebe einen Bedarf von wenigstens 500 Millionen Euro. Donth unterstrich, dass funktionierende Häfen für sein Bundesland Baden-Württemberg aufgrund der Automobilindustrie sehr wichtig seien.
Klimafreundlichkeit und Transformation des Verkehrs
Aus Sicht der Automobilindustrie ist der Hochlauf der Elektromobilität laut Rade der zentrale Pfad zu einer klimaneutralen Mobilität und braucht weitere politische Unterstützung. „Dafür gibt es gute Ansätze: der weitere Ausbau der Ladeinfrastruktur für Pkw und Nutzfahrzeuge, günstigerer Ladestrom und Kostentransparenz beim Laden. Drittens spielt auch im Sinne der Technologieoffenheit der Hochlauf erneuerbarer Kraftstoffe eine wichtige Rolle, nicht zuletzt mit Blick auf die Defossilisierung des Fahrzeugbestands." Rade forderte zudem mehr Ehrgeiz bei der RED III-Richtlinie. Die Politik sei aufgefordert, Anreize für den Hochlauf erneuerbarer Energieträger festzuschreiben und Investitionen zu fördern.
Auch Prümm forderte auf EU-Ebene mehr Ehrgeiz zum Hochlauf von E-Fuels, weil sich bisher noch kein Markt dafür entwickelt habe. Zu große Unsicherheiten würden Investitionen in die Produktion alternativer Kraftstoffe hemmen. Für den Luftverkehr müsse eine globale Lösung gefunden werden.
Bahnchef Lutz zeigte sich zuversichtlich, dass die Bahn ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Mobilität leisten werde: „Mit einer verlässlichen Perspektive für weitere Investitionen und beschleunigten Planungsprozessen wird die Eisenbahn gestärkt und ihr Anteil am Modal Split vergrößert. Damit kann sie einen noch größeren Beitrag für die Klimaneutralität im Land leisten.“
Bürokratie und Verfahren reduzieren
Die Themen Bürokratieabbau und Beschleunigung müssen nach Meinung aller Panelteilnehmer mit großer Entschlossenheit angegangen werden. Das Thema Trassenpreise bedarf nach Meinung von Donth kurzfristig einer Lösung, weil diese Erhöhung den Eisenbahnunternehmen schade. Es sei jedoch ein sehr kompliziertes Verfahren. So würden die Baukostenzuschüsse seitens des Bundes dem Eigenkapital der Deutschen Bahn AG zugeschlagen und hätten damit zur Erhöhung der Trassenpreise beigetragen. Lutz begrüßte, dass das Thema Trassenpreise in den Sondierungspapieren aufgegriffen wurde. Nach seiner Ansicht sollte das Trassenpreissystem grundsätzlich überarbeitet werden.
Aus Sicht des Luftverkehrs wies Prümm noch auf weitere Standortnachteile hin: „Deutschland fährt unter anderem in den Bereichen Steuern und Zoll nationale Sonderwege, die Bürokratie schaffen und Wettbewerbsfähigkeit kosten. Die Bundesregierung und die Länder müssen ein Verrechnungsverfahren zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer einführen sowie die Zollabwicklung effizienter gestalten und digitalisieren. Dringend erforderlich ist es auch, dass wir darüber nachdenken, wie wir die Grenzkontrollen an unseren Flughäfen zukunftssicher machen. Hier gilt es, Potenziale der Digitalisierung und Automatisierung, z. B. durch biometrische Verfahren, stärker zu nutzen.“