Wachstumsmotor KV: Mit Innovation und Infrastruktur Logistikfähigkeit stärken

DVF-Forum auf der Messe transport logistic

04.06.2025

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Bildquelle: DVF: V. l.: Cordes, Tews, Kalpogiannis, Dirr, Oswald
Bildquelle: DVF: V. l.: Cordes, Tews, Kalpogiannis, Dirr, Oswald

München, 4. Juni 2025 – Laut Bundesverkehrsministerium wird sich der Kombinierte Verkehr (KV) bis 2040 nahezu verdoppeln. Damit avanciert der KV zum Wachstumsmotor im Güterverkehr. Mit Trimodalität, Digitalisierung und innovativen Umschlagtechnologien bietet der KV nachhaltige Lösungen für ein steigendes Verkehrsaufkommen. Doch wie kann der Weg zum „Next Level“ konkret erfolgen und welche Weichenstellungen muss die Politik setzen, um für Unternehmen den notwendigen Handlungsrahmen zu schaffen? Beim DVF-Forum auf der Messe transport logistic erklärten Experten aus Wirtschaft und Politik ihre Forderungen und Lösungsansätze.

Dr. Jörg Mosolf, CEO Mosolf SE, DVF-Präsidiumsmitglied, sprach eingangs vier wesentliche Maßnahmen an, die für eine Weiterentwicklung des KV nötig seien: „KV ist heute schon mehr als nur der Umschlag und die Organisation von Vor- und Nachlauf. Die Technologien und die Leistungsbereitschaft der Unternehmen sind vorhanden. Aber es fehlen die Investitionen und die Flexibilität von der politischen Seite. Deshalb benötigen wir erstens mehr Redundanz und Resilienz bei der Schieneninfrastruktur. Zweitens müssen Terminalnetze im europäischen In- und Ausland grenzüberschreitend gebildet und gefördert werden. Drittens gilt es, das Sondervermögen Infrastruktur für innovative Umschlagstechnologien und Netzkonzepte zu nutzen. Und viertens muss es eine Automatisierung des Schienengüterverkehrs und deren schnelle Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt und die Europäische Eisenbahnagentur geben. Vernetzung beginnt im Kopf!“

Auch Reinhard Oswald, Prokurist Vertrieb, Ernst Frankenbach GmbH Spedition, warb für eine Erweiterung der KV-Förderung: „Das Vorhandensein einer intakten Infrastruktur ist eines der entscheidenden Kriterien im europäischen Wettbewerb. Hierbei wäre es wünschenswert, notwendige Investitionen beispielsweise in die bereits vorhandene KV- Infrastruktur politisch flankierend zu unterstützen.“ 

Florian Dirr, Bundesministerium für Verkehr, Referat G 14 "Güterverkehr und Logistik“, bewertete die aktuelle Förderung des Bundes als äußerst effektive Unterstützung für den Kombinierten Verkehr. „Auch der Ersatz von bestehenden, in die Jahre gekommenen KV-Umschlaganlagen und Maßnahmen der Digitalisierung und Automatisierung in KV-Umschlaganlagen werden jetzt gezielt gefördert.“ Außerdem würden die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sowie die Beschleunigung der Planung und Genehmigung von Infrastrukturprojekten einen wichtigen Beitrag leisten, bestehende Hemmnisse für den weiteren Ausbau des KV zu beseitigen.

Um weitere Potenziale im KV zu heben, sei laut Oswald eine stärkere Digitalisierung essenziell. „Grundsätzlich wird die Branche aber sicherlich noch einige Schritte gehen müssen, um beispielsweise auch bürokratische Hürden abzubauen. Des Weiteren wird die Digitalisierung benötigt, um individuelle und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.“ Allerdings könne es, gerade auch um weitere Potenziale im KV zu heben und vor Niedrigwasserphasen gewappnet zu sein, letztlich nur um ein Miteinander aller Verkehrsträger sowie die Nutzung der jeweiligen Vorteile gehen. Und die Gewinnung zusätzlicher Fachkräfte mit KV-Kompetenz ist nach den Worten von Oswald ein weiterer entscheidender Faktor für die Branche.

„Der KV wird auch in Zukunft eine zentrale Rolle in der europäischen Logistik spielen und in Verbindung mit elektrifizierten Lkws im Vor- und Nachlauf effiziente, CO2-neutrale Tür-zu-Tür Lösungen für Handel und Industrie bereitstellen“, so die Einschätzung von Nicole Tews, Partnerin, Oliver Wyman, zur weiteren Entwicklung des KV. Dafür brauche es „Kollaboration in der Branche und Investition in Kundenorientierung und Zugänglichkeit, in Digitalisierung und end-to-end Integration sowie eine effiziente und flexible Operations.“ In der Studie "winning intermodal" wurde dies genauer beleuchtet.

„Wir stehen zur Sanierung“, sagte Armin Riedl, Geschäftsführer, Kombiverkehr GmbH & Co KG, als es auf die Schieneninfrastruktur zu sprechen kam. Sorgen bereite ihm aber die Methode der Vollsperrungen im Schienennetz: „Keiner käme auf die Idee, die wichtigsten Autobahnen für ein halbes Jahr und länger voll zu sperren.“ Mit den monatelangen Sperrungen der Schienenkorridore riskiere man, dass vielen gerade privatwirtschaftlichen Güterbahnen die Luft ausgehen wird. „Dann haben wir vielleicht am Ende ein leistungsfähigeres Schienennetz, aber keinen Wettbewerb mehr.“ Zudem forderte Riedl eine Reform der Trassenpreise. „Und es braucht privilegierte Trassen für KV-Züge – dort, wo es sein muss, auch zulasten des Personenverkehrs. Hier gibt es intelligente Lösungen, wenn die InfraGO etwas mehr in die dringend notwendigen Überholgleise investieren würde“, so Riedl weiter.

Amazon nutze den Schienenpersonenverkehr auch für Gütertransporte, so Spyros Kalpogiannis, Senior Manager Intermodal, Amazon Transportation Services. Als Beispiel nannte er den Hochgeschwindigkeits-Transport zwischen Lyon und Paris, wo dieses Jahr über eine halbe Million Pakete im Personenschnellzug mit 320 km/h auf der Schiene transportiert wurden. „Eine solche Integration von Personen- und Güterverkehr würde auch in Deutschland neue Möglichkeiten für nachhaltigere Logistiklösungen schaffen. Amazon hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 in allen Geschäftsbereichen CO2-neutral zu arbeiten, wobei der intermodale Transport eine zentrale Rolle spielt. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb unser europäisches Transportnetzwerk mit über 500 intermodalen Routen massiv ausgebaut und nutzen verstärkt Schiffs- und Schienenverbindungen für den Transport von Paketen und Waren.“