Mobilität für Deutschland - Pressespiegel

trans.iNFO

Interview: "Was die Verkehrsbranche in der Pandemie trotz all der Widrigkeiten wie Grenzschließungen und Megastaus geleistet hat, ist für mich ein Highlight."

(...) Heute erzählt Dr. Heike van Hoorn, Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums, warum sie sich von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union enttäuscht fühlte und welche Chancen in der Corona-Krise stecken. (...)

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Was waren die Highlights des Jahres 2020? Gab es etwas, was Sie besonders begeistert hat?

Dr. Heike van Hoorn, DVF-Geschäftsführerin: Mit 2020 verbinden wir alle die Corona-Pandemie – nichts Positives. Dennoch kann ich auch etwas entdecken, was mich begeistert hat: Was die Verkehrsbranche in der Pandemie trotz all der Widrigkeiten wie Grenzschließungen und Megastaus geleistet hat, ist für mich ein Highlight. Zu keinem Zeitpunkt war die Versorgungssicherheit unserer Bevölkerung gefährdet. Medikamente, Lebensmittel und Konsumgüter waren immer vorhanden. Zudem hat mich beeindruckt, wie schnell unsere Bundesregierung in dieser nie dagewesenen Ausnahmesituation der Wirtschaft geholfen hat. Ich denke da nicht nur an finanzielle Hilfen, sondern auch an flexible Lösungen und Ausnahmeregelungen, um die dringend notwendige Mobilität aufrechtzuerhalten.

Was waren die Downlights?

Weniger begeistert war ich vom Länderwirrwar der Ausnahmeregelungen, beispielsweise beim Sonn- und Feiertagsfahrverbot. Jedes Bundesland hat da seine eigene Regelung gemacht, wann sie beginnen oder enden und sogar welche Güter am Wochenende per Lkw transportiert werden dürfen. Wie sollen Lieferketten aufrecht erhalten bleiben, wenn in einem Bundesland beispielsweise Hygieneartikel transportiert werden dürfen und im angrenzenden nicht? Auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben mich enttäuscht: Die Länder haben das Schengen-Abkommen einfach über Bord gekippt und ihre Grenzen geschlossen. Beim Transport wichtiger Güter kam es zu kilometerlangen Staus vor den Grenzen. So etwas darf nicht wieder vorkommen. Als DVF haben wir deshalb frühzeitig fünf wichtige Maßnahmenpakete für das EU-Recovery Programm zusammengetragen und an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesandt. Auch für die Bundesregierung haben wir eine 3-Säulen-Strategie erarbeitet, wie wir die akute Pandemie-Phase handhaben und mittel- und langfristig den Verkehrssektor aufbauen und verbessern. (...)

Welches Projekt steht bei Ihnen für das Jahr 2021 auf der Agenda?

Als DVF vertreten wir jeden Verkehrsträger: Wasser, Straße, Schiene und Luft für den Personen- und Güterverkehr. Daher kann nicht nur ein Projekt auf der Agenda stehen. Grundsätzlich setzen wir uns für langfristige Maßnahmen ein, die den Verkehrssektor in seiner Gänze stärken. Solche Maßnahmen sind kurzfristigen Kriseninterventionsmaßnahmen vorzuziehen. Ein Beispiel sind die EU-Finanzmittel aus dem CEF-Programm (Connecting Europe Facility), die unter anderem die wichtigen Transeuropäischen Netze finanzieren. Diese sind im mittelfristigen EU-Finanzrahmen gegenüber der vorherigen Periode gekürzt, anstatt, wie vom EU-Parlament gefordert, erhöht worden. Die CEF-Mittel hatten bis 2020 ein Volumen von 13.174 Milliarden Euro, in der aktuellen Finanzperiode bis 2027 sind es nur noch 10 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu ist der EU-Recovery Fund sagenhafte 750 Milliarden Euro schwer. Aber hier müssen noch jede Menge Förderprogramme geschrieben und notifiziert werden, bevor Mittel abfließen können. Auch haben wir seit langem vorgeschlagen, für das große Thema Klimaneutralität im Verkehrssektor einen Fonds einzurichten, in dem die Bundesregierung Finanzmittel langfristig für Investitionen sichert, wie den Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur für klimaneutrale Kraftstoffe. Damit ließen sich Aufbaupfade verlässlich planen und umsetzen, ohne dass am Ende eines jeden Jahres neu über entsprechende Finanzmittel im Bundestag beschlossen wird. Andere Länder machen es uns vor – allen voran die Schweiz. (...)