Mobilität für Deutschland - Pressespiegel

Süddeutsche Zeitung

Bröckelnde Infrastruktur: Angst vor dem Verkehrsinfarkt

Die Bahn ist marode, Autobahnbrücken verfallen: Von den Investitionsversprechen der Ampel ist wenig geblieben. Nun schlägt die Mobilitätsbranche mit einem Brandbrief an den Kanzler Alarm.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war noch gar nicht richtig im Amt, als das Riesenproblem seinen Lauf nahm. Sechs Tage vor seiner Ernennung sperrten Behörden am 2. Dezember des vergangenen Jahres die Autobahnbrücke Rahmede der A45 - einer der wichtigsten Nord-Süd-Achsen des ganzen Landes. Seither wird der gesamte Verkehr zeitraubend über Landstraßen umgeleitet. 

(...) Weil die Schieneninfrastruktur seit Jahrzehnten auf Verschleiß gefahren wird, kam zuletzt beinahe jeder zweite Fernzug unpünktlich an.

Der Ukrainekrieg legte das Desaster um die bröckelnde Verkehrsinfrastruktur dann gänzlich frei. Auf den Schienen und über überforderte Wasserstraßen mussten plötzlich strategisch wichtige Waren transportiert werden: Rohstoff für Kraftwerke, Getreide aus der Ukraine, sogar Waffen. (...)

Die Kosten steigen, die Investitionen stagnieren

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Der gesamten Mobilitätswirtschaft platzt angesichts solcher Zahlen nun endgültig der Kragen - zumal die Koalition gerade mit dem 49-Euro-Ticket ein Projekt beschlossen hat, das noch mehr Fahrgäste auf die Schiene holen soll. In einem Brandbrief an die Bundesregierung machen sich Verbände und Unternehmen mit drastischen Warnungen Luft. Das Schreiben vom 1. November, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, ist an Scholz, Wissing, Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) adressiert.

In der Regierung dürfte für Unruhe sorgen, dass sich in dem Brief praktisch die gesamte Mobilitätsbranche zusammengeschlossen hat. Absender ist das Deutsche Verkehrsforum (DVF), das rund 170 Mitglieder zählt, darunter die wichtigsten Verbände und Unternehmen der Branche. Unterzeichnet hat den Brief das DVF-Präsidium. Zu dem zählen etwa Bahn-Chef Richard Lutz, ADAC-Präsident Gerhard Hillebrand, die Präsidentin des Autolobbyverbands VDA, Hildegard Müller, oder auch der Chef der Siemens-Infrastruktursparte, Andre Rodenbeck.

Es wäre "fatal", die "Verkehrs- und Digitalhaushalte wieder auf Sparflamme zu setzen", warnen die Absender. Doch genau das droht. Denn auch in den kommenden Jahren sollen die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur laut Haushaltsplan bei 20 Milliarden Euro pro Jahr stagnieren. Angesichts der steigenden Baukosten aber sei das Geld immer weniger wert. (...)