Auto wird Platz abgeben

Auto wird Platz abgeben

Gerhard Hillebrand

„Es muss weiterhin möglich bleiben, auch mit dem Pkw in die Stadt zu fahren. Denn es gibt Menschen, die dort leben und darauf angewiesen sind."

Darin waren sich auch die beiden Diskussionspartner einig: „Das Auto wird Platz abgeben müssen“, räumte Gerhard Hillebrand ein. Allerdings sei eine Verbannung des Autoverkehrs aus den Innenstädten nicht zielführend. Wichtig sei es allerdings, die Alternativen zu stärken, damit der Umstieg erleichtert werde. Darin stimmte ihm auch Burkhard Stork zu. „Wir müssen die Menschen einladen, auf das Fahrrad umzusteigen. Dafür hätte ich mir im Koalitionsvertrag die Aussage gewünscht, dass der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur dem Bedarf vorausgeht, ebenso wie es für die Ladeinfrastruktur beim E-Auto vorgesehen ist.“

Flächendeckend Tempo 30 umstritten

Differenzen gab es zwischen Hillebrand und Stork beim flächendeckenden Tempo 30 in der Stadt. Während Stork betonte, Tempo 30 müsse sein, sei aber nicht der Schlüssel zur Lösung aller Probleme, lehnte Hillebrand eine flächendeckende Vorgabe ab: Der Verkehr auf den Hauptstraßen müsse fließen, sonst weiche er auf Nebenstraßen aus und die CO2-Emissionen erhöhten sich. An Gefahrenstellen seien Tempolimits sinnvoll. Einig waren sich beide wiederum darin, dass kommunale Verkehrspolitik nicht aus einem Sammelsurium an Einzelmaßnahmen bestehen dürfe, sondern ein Gesamtkonzept brauche. „ÖPNV sowie gute und sichere Radwege sind dabei sehr wichtige Faktoren. Das schafft Akzeptanz. Das Konzept „Radikaler Umbau“, also das Wegnehmen von Fahrstreifen ohne vernünftiges Konzept, wird nicht funktionieren“, war sich Hillebrand sicher. „Die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur und des städtischen Raumes muss durchdacht, eine Umgestaltung gut vorbereitet sein. Dafür braucht es auch Zeit.“

Radwege verdreifachen

Stork wies darauf hin, dass die Nationale Plattform „Zukunft der Mobilität“ eine Verdreifachung der Radverkehrsinfrastruktur für die Einhaltung der Klimaziele im Verkehr für notwendig halte. „Es gibt weltweit Vorbilder und erprobte Lösungen, so dass wir nicht die Fehler anderer wiederholen müssen.“ Einig waren sich beide, dass die Radwege nicht nur mehr, sondern auch qualitativ deutlich besser werden müssten. Außerdem gebe es in vielen Innenstädten keine praktikablen Haltemöglichkeiten für Lieferfahrzeuge. Um den Verteilverkehr flexibler in den Straßenraum einzubeziehen, sollten auch digitale Instrumente genutzt werden

Burkhard Stork

„Wir haben keine 40, 50 Jahre Zeit, die der Aufbau des perfekten Radsystems in den Niederlanden gedauert hat.“

Erwartungen an die Bundesregierung

Von der neuen Bundesregierung erwarteten beide Diskussionspartner Sorgfalt und Beharrlichkeit bei der Umsetzung der Vorhaben im Koalitionsvertrag, der gute Vorhaben enthalte. ADAC-Verkehrspräsident Hillebrand begrüßte insbesondere den technologieoffenen Ansatz, während ZIV-Geschäftsführer Stork die geplante Erweiterung beim Straßenverkehrsgesetz und bei der Straßenverkehrsordnung um die Ziele Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz würdigte. „Die Idee, dass man alles ein bisschen fördern kann, gelangt an ihr Ende. Der neue Verkehrsminister muss steuern und insbesondere auf Länder und Kommunen einwirken“, forderte Stork.

V. l. o. n. r. u.: Gerhard Hillebrand, Mitglied des Präsidiums Deutsches Verkehrsforum, Verkehrspräsident Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (ADAC); Marc Brost, Ressortleiter Politik, DIE ZEIT; Burkhard Stork, Geschäftsführer, Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV); Dr. Heike van Hoorn, DVF-Geschäftsführerin