V. l.: Brake; Dr. Eck

DVF-Geschäftsführer Dr. Florian Eck sagte einleitend, dass sich die Branche von der neuen Bundesregierung eine maßstabsgerechte Datenpolitik wünsche. „Wir sehen ein Defizit auf Bundesebene hinsichtlich einer bundesweit einheitlichen Daten- und Digitalisierungspolitik. Es braucht außerdem einen klaren Auftrag und eine verlässliche Finanzierung seitens des BMDV an Bundesinstitutionen und öffentliche Unternehmen, Daten zu erheben und zu nutzen sowie digitale Schnittstellen anzubieten. Ebenso wichtig ist ein klarer Auftrag an die Bundesländer, Kommunen und öffentlichen Unternehmen, rechtliche, regulatorische und technische Vorgaben einheitlich umzusetzen, im Datenschutz, im Eichrecht und bei Datenplattformen.“

„Finanzierung, Förderkulisse, einheitlicher fairer Regulierungsrahmen und die schnelle Umsetzung vorhandener Lösungen sind die Schlüsselparameter für eine Datenpolitik des Bundes.“

Dr. Florian Eck

Eck forderte zudem die breite Umsetzung von Digitalisierung in den Unternehmen durch eine gezielte Förderung der Umsetzung von vorhandenen Lösungen nach dem De-minimis-Prinzip. Der Rechtsrahmen müsse aber auch Innovationen zulassen. „Bei den Mobilitätsdaten gibt es noch unterschiedliche Ansätze, die teilweise nicht zusammenpassen und daher zusammengeführt werden müssen, nämlich bei der delegierten Verordnung, dem PBefG und der Public Sector Information (PSI).“
 

Über Mobility Data Space mit Daten handeln

Benjamin Brake, Abteilungsleiter Digital- und Datenpolitik, BMDV, berichtet, dass die Abteilung Datenpolitik neu eingerichtet wurde. Die umbenannte Abteilung „Konnektivität“ sei um die Themen autonomes Fahren, Satelliteninfrastruktur und Building Information Modelling (BIM) ergänzt worden. Auch ginge es darum, als BMDV Vorbild zu sein. So stelle das Kraftfahrtbundesamt beispielsweise ab sofort Datensätze für Forschungszwecke zur Verfügung. Zudem wolle man neue Geschäftsmodelle mit Daten und einer Förderung anreizen. Bei Bundesbeteiligungen gelte teilweise ein anderer Rechtsrahmen, doch werde der Bund hier fordernd auftreten, um die Datenbasis zu verbreitern.

Brake betonte, dass bei Privatunternehmen in den meisten Fällen keine Verpflichtung zur Datenherausgabe möglich sei, jedoch in vielen Fällen eine Datennutzung sinnvoll. Daher wolle man über den Mobility Data Space (MDS) eine Möglichkeit schaffen, um Daten möglichst barrierefrei zu kaufen und verkaufen. Für Mobilitätsdaten werde man so zunächst die Funktionsfähigkeit des MDS zeigen, um später auch für andere Ressorts entsprechende Datenräume zu schaffen und die Vernetzung dazwischen zu ermöglichen. Ebenso strebe man eine internationale Weiterentwicklung und Abstimmung zunächst innerhalb der EU aber auch darüber hinaus an. Weiteres Element der Datenplattformen des Bundes sei die Mobilithek, in der vor allem Daten aufgrund von gesetzlichen Vorgaben zur Verfügung gestellt werden sollen, allerdings sei noch unklar, ob diese dauerhaft kostenfrei angeboten werden können.

Der Rechtsrahmen für die Datenpolitik setze sich im Mobilitätsbereich künftig aus verschiedenen ineinandergreifenden Elementen wie dem künftigen EU Data Act, der nationalen Datengesetzgebung und dem Mobilitätsdatengesetz zusammen.

Multimodalität durch Leipzig Move

Multimodalität durch Leipzig Move

Ulf Middelberg

„Straßenbahn und Bus sind das Rückgrat in Leipzig. Mit ergänzenden Optionen vom Fahrrad über den Scooter bis hin zum Taxi oder CarSharing zum Abdecken von Versorgungslücken und der größtmöglichen Berücksichtigung aller Mobilitätsprofile wird daraus Leipzig Move“, erklärte Ulf Middelberg, Geschäftsführer Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB).

"Unser Ziel ist es, den Fahrgästen die vollständige Abdeckung ihrer Wege von A nach B anzubieten. Anders als ein Startup verfügen wir aber nicht über Risikokapital, daher war die ergänzende Förderung von Bund und Ländern wichtig,“ so der LVB-Chef.

„Wir haben viel Wert auf eine möglichst große Integration der Partnersysteme gelegt, bis hin zur Öffnung der Fahrzeuge und einer einheitlichen Abrechnung zum Monatsende."

Ulf Middelberg

Seit 2013 sei die Plattform kontinuierlich erweitert worden. Mittlerweile verzeichne man rund 93.000 aktive Nutzer pro Monat, 1,38 Millionen verkaufte Handytickets sowie 305.000 Bikesharing-Fahrten. Beim 2022 neu integrierten E-Scooter zeige sich, dass Abstellmöglichkeiten mitgedacht werden müssen, um in Kombination mit einem Geofencing und Bewusstseinsbildung negative Auswirkungen zu vermeiden. Middelberg: „Neu und ungewohnt für unsere traditionellen Fahrgäste waren dabei räumlich verteilte Säulen als Mobilitätsstationen.“

Mobilitätsplattformen seien eine Kompetenz- und Kulturfrage für das Verkehrsunternehmen. Die LVB habe viel selbst entwickelt und eine hohe Lernkurve erfahren. „Wir müssen natürlich auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. Deshalb haben wir die Plattform in ein Gesamtkonzept eingebunden. Im Multimodal-Segment allein wachsen die Umsätze nicht in den Himmel“. Für die Zukunft werde man mit Mobil Blue ein Mobilitätsbudget als flexible Unternehmenslösung anbieten. Die LVB wolle sich nach Aussage von Middelberg bei der Automatisierung engagieren, um in der Fläche eine bessere Anbindung zu schaffen.

Schiff vor Gibraltar und in Hamburg beginnen die Importprozesse

Schiff vor Gibraltar und in Hamburg beginnen die Importprozesse

3.500 Unternehmen und zahlreiche Behörden sind mittlerweile an die Plattformen von Dakosy angebunden, mehr als 2.500 davon im Port Community Systems (PCS) im Hafen Hamburg. Hier sind auch die Vertragsbeziehungen zwischen allen Akteuren abgebildet. Die Plattform wurde vom reinen Datenaustausch hin zum Prozessmanagement weiterentwickelt. Ulrich Wrage, Vorstand DAKOSY AG, sagte dazu, dass nicht die Technik und die Schnittstellen die größte Herausforderung waren, sondern das Community-Building. „Es musste erstmal Einvernehmen über Art und Umfang der Digitalisierung erzielt werden und die Entscheider überzeugt werden, die Unternehmen anzubinden. Dann erst konnten die Daten zusammengeführt und die notwendigen Informationen zwischen den Beteiligten ausgetauscht werden.“

"So können die Importprozesse frühzeitig geplant und begonnen, Behörden wie Zoll und Veterinäramt eingebunden werden."

Ulrich Wrage

Das PCS werde bereits weit vor Eintreffen eines Schiffes aktiv. So würden Vorabinformationen mit kontinuierlicher Weiterberechnung der Ankunftszeit bereitgestellt, wenn das Schiff erst auf der Höhe von Gibraltar sei. „ Auch rund 10.000 Lkw-Vorgänge werden täglich über die Plattformen koordiniert, hafenweite Staus vermieden und Begegnungskonflikte von Schiffen frühzeitig erkannt und beim Aufbau einer entsprechenden Plattform zur Unterstützung der Luftfrachtabwicklung am Flughafen Frankfurt habe man die Erfahrungen vom Seehafen auf die Luftfracht übertragen können und das landseitig seinerzeit noch papierbasierte System durch eine digitale Lösung ersetzt. Die Durchlaufzeiten konnten so erheblich reduziert und Transparenz für alle Beteiligten geschaffen werden. Neben ca. 80 Speditionen und zahlreichen Handling-Agents seien mittlerweile rund 800 Truckunternehmen an die Plattform angebunden.

Die digitalen Plattformen sind da, jetzt sollen sie noch weiter ins Hinterland entlang der gesamten Logistikette ausgedehnt werden. Wrage prognostizierte für die Zukunft einen weiter zunehmenden Standardisierungsanspruch, sowie den Ausbau einer Plattform-Kommunikation zur Vernetzung der verschiedenen Lösungen in Deutschland, Europa und darüber hinaus.

Das Auto als Datenlieferant für die Schlaglochbeseitigung

Mehrere Millionen Fahrzeuge könnten potenziell weltweit als Datenlieferant dienen. Die angebotenen Karteninformationen würden aus der vorhandenen Sensorik heraus im Sinne einer Schwarmintelligenz aktuell gehalten. Bereits im Fahrzeug erfolge die Sammlung, Fragmentierung in Einzelbestandteile, die Klassifizierung dieser Einzelbestandteile und die Anonymisierung und Verschlüsselung der Daten, sodass die Informationen komprimiert und datenschutzkonform übermittelt werden können, erklärte Moritz Hegmann, Head of Data Sales & Business Development DACH | IMS Division, Mobileye, das Prinzip. "Man kann sogar zeitnah reagieren, die Verkehrssicherheit erhöhen und das Verkehrsangebot nachfragegerecht anpassen.“

Hegmann zeigte, dass all dies durch Zustandsdaten zu Infrastrukturfehlern ergänzt würde, wie Schlaglöcher (unter Einbeziehung von Nachrüstlösungen) oder auch Hinweise auf Verkehrsrisiken aufgrund einer zunehmenden Zahl von Beinaheunfällen oder Bremsvorgängen. „Beispielsweise hat die Stadt Barcelona zusammen mit der Dirección General de Tráfico (DGT) 500 Nachrüstsysteme auf die Straßen der Stadt gebracht und damit das Straßennetz kontinuierlich auf kritische Punkte hin überprüft. Damit konnten Defizite in der Radweginfrastruktur identifiziert und beseitigt werden“, berichtete Hegmann. Ebenso sei der Verkehrsfluss analysiert und nach Auswertung durch Infrastrukturmaßnahmen optimiert worden.

"Auf diese Weise können wir eine Art digitalen Zwilling der Verkehrsinfrastruktur bereitstellen, kontinuierlich aktuell halten und darüber Verkehrsplanungen intelligent begleiten, Nachfragehotspots identifizieren und kritische Brennpunkte zur Straßenverkehrssicherheit ermitteln."

Moritz Hegmann