„Wir brauchen jetzt ein starkes verkehrspolitisches Aufbruchssignal und eine deutliche Erhöhung der Investitionen in die Bahninfrastruktur.“

Andre Rodenbeck

350 Millionen Trassenkilometer mehr nötig

„Um die politischen Ziele einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Personenverkehr und Steigerung der Verkehrsleistung im Güterverkehr zu erreichen,  sind mehr als 350 Millionen zusätzliche Trassenkilometer nötig“, rechnete Dr. Kristian Weiland, Vorstandsbeauftragter Digitale Schiene Deutschland, DB Netz, vor. Die zusätzlichen Kapazitäten können klassisch durch weitere Elektrifizierung und neue Gleise geschaffen werden.

„Die digitale Technik bietet neue Chancen für die Kapazitätserweiterung auf bereits bestehenden Strecken. Gleichzeitig ermöglicht sie attraktive Arbeitsplätze für Nachwuchskräfte."

Dr. Kristian Weiland

Bei der Digitalisierung der Schiene gehe Stuttgart voran. Für die bundesweite Umsetzung sei eine Koordinierung und Förderung der Fahrzeugaus- und -umrüstung durch den Bund notwendig. Damit werde sichergestellt, dass sich keiner der Beteiligten übervorteilt fühlt. Anders als im Digitalen Knoten Stuttgart, wo es keine Güterverkehre gebe, sei beispielsweise auf dem Scan-Med-Korridor eine Vielzahl an EVUs des Personen- und Güterverkehrs unterwegs, deren Investitionen in digitale Technik zeitlich abzustimmen seien, so Weiland.

Ökonomische Vorteile durch ökologischen Gleisbau

Ökonomische Vorteile durch ökologischen Gleisbau

Entscheide man sich im hochfrequentierten Gleis für höchstmögliche Qualität bei einer Baumaßnahme, schone das im erheblichen Maß die Kapazitäten, erläuterte Jürgen Kübler, Regionalverkaufsleiter, Plasser & Theurer Export von Baumaschinen GmbH. „Bei hochbelasteten Streckenabschnitten kann durch präzise Technik und unter Verwendung hochwertiger Betriebsstoffe die beste Qualität erbracht werden, die die Lebensdauer der Infrastruktur verlängert und Bautätigkeiten reduziert.“

"Die Politik kann die Nutzung ökologischer Prozesse anreizen, indem sie die Ausschreibung entsprechend anpasst."

Jürgen Kübler

„Die technischen Lösungen für umweltfreundliches und kapazitätsschonendes Bauen sind vorhanden. Ihr Einsatz sollte mit zielgerichteten Investitionsanreizen und Rahmenverträgen gefördert werden“, so Kübler weiter.

Fließbandtechnik spart 1.000 Lkw-Fahrten für 1 km Bau

Bei der Anwendung der Fließbandtechnik im Schieneninfrastrukturbau würden Rohstoffe am Gleis recycelt und wiederverwendet. Auf eingleisiger Strecke über 1 Kilometer könnten so mehr als 1.000 Lkw Fahrten für die Zu- und Abführung von Materialien eingespart werden. Zusätzlicher Vorteil, so Kübler, dass die kontinuierliche Gleisbautechnik am Fließband nur ein Gleis benötige, womit bei einer zweigleisigen Strecke das Nachbargleis während der gesamten Baustellenzeit vollumfänglich befahrbar bleibe.

Bei einem direkten Vergleich der Bauarten auf einer hochbelasteten zweigleisigen Strecke von 1.000 km Länge in Österreich konnte gezeigt werden, dass sich die Anwendung der Fließbandtechnik umso mehr lohne, je höher die Lasttonnen sind, welche die Betriebserschwerniskosten extrem in die Höhe treiben. In Deutschland seien die Baumaschinen bei verschiedenen Baufirmen heute bereits verfügbar.

Gefahr von weniger Wettbewerb im SPNV

Gefahr von weniger Wettbewerb im SPNV

Der Geschäftsführer der Go-Ahead Verkehrsgesellschaft Deutschland GmbH Fabian Amini schätzte die Lage für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) als angespannt ein: „Fahrgäste wird der SPNV vor allem durch ein gutes Angebot, hohe Qualität, verlässlichen Service und Wettbewerb (zurück)gewinnen. Mit Beginn des Wettbewerbs im SPNV wurde es möglich, Leistungsausweitungen zu bestellen, die zu einem überproportionalen Anstieg der Verkehrsleistung führte.“

Allerdings verschlechterten sich seit Anfang des Jahres die ohnehin schon schlechten Rahmenbedingungen für den SPNV mit drastisch steigenden Kosten vor allem für Energie, Instandhaltung und Material weiter. Diese Kostensteigerungen können die Betreiber nur sehr begrenzt durch Anpassung der Einnahmen ausgleichen.

"Die zusätzlich bereitgestellten Bundesmittel decken nur die Mindereinnahmen des von der Politik beschlossenen 9-Euro-Tickets und aufgrund von Corona ab."

Fabian Amini

„Die zusätzlich bereitgestellten Bundesmittel decken nur die Mindereinnahmen des von der Politik beschlossenen 9-Euro-Tickets und aufgrund von Corona ab. Für Kostensteigerungen, die ohne Angebotsreduzierungen nicht kompensiert werden können, stehen jedoch weiterhin keine Bundesmittel zur Verfügung“, sagte Amini. Auch mittelfristig gebe es wegen der Corona Pandemie bei den Fahrgelderlösen weniger Einnahmen durch einen zeitlichen Versatz der eingepreisten Fahrgaststeigerungen. Die Folge seien Finanzierungslücken sowohl in den Nettoverträgen für die Verkehrsunternehmen als auch in den Bruttoverträgen für die Besteller.

Zur Erfüllung der politischen Ziele der Fahrgastverdopplung brauche es Verträge, die die langfristige Finanzierung sicherstellen. Die erforderlichen Investitionen in mehr Personal und Fahrzeuge seien anders durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) nicht finanzierbar. Die Regionalisierungsmittel müssten erhöht werden.

„Die Ausstiege von Keolis in Nordrhein-Westfalen und Abellio in Deutschland zeigen die großen Schwierigkeiten im Markt auf. Gingen weitere Wettbewerber aus dem Markt, bliebe kaum noch Wettbewerb übrig“, fürchtete Amini.