„Mehr Schutz und Ausfallsicherheit für kritische Infrastruktur innerhalb des Bahnnetzes ist möglich", erklärte die Geschäftsführung der OneFiber Interconnect Germany GmbH. OneFiber wolle innerhalb der nächsten 6 Jahre ein hoch performantes Glasfasernetz entlang der deutschen Schienenwege aufbauen, das höchste Standards an Sicherheit und Resilienz erfüllt. Das Netz werde vermascht in Wabenstruktur aufgebaut und garantiere so eine mehrfache Redundanz. Bei Störungen einer Strecke könnten Daten „evakuiert“ und über Ausweich-Routen sicher übertragen werden.

Das KRITIS Dachgesetz

Das KRITIS Dachgesetz

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Dr. Christoph Hübner

Dr. Christoph Hübner ist stellvertretender Abteilungsleiter für Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und stellte die deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen und die Eckpunkte des Dachgesetzes zur physischen Sicherheit vor (KRITIS Dachgesetz).

Mit dem KRITIS Dachgesetz solle ein einheitliches Grundniveau physischer Sicherheit bei kritischen Infrastrukturen gewährleistet werden und einen sektorübergreifenden Mindestschutz sicherstellen.

„Mit der erstmaligen bundesgesetzlichen Vorgabe von Mindeststandards beim physischen Schutz von KRITIS stärken wir die Resilienz kritischer Einrichtungen in Deutschland nachhaltig."

Dr. Christoph Hübner

"Mit dem KRITIS-Dachgesetz werden neben einem institutionellen Rahmen zum Beispiel auch Regelungen zu einem effizienten Meldesystem bei Störungen geschaffen“, so Hübner. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) solle als nationale Behörde Informationen zum Thema bündeln und international teilen. Mit dieser Behörde werde zugleich eine Anforderung der europäischen Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen (CER Critical Entites Resiliance Directive) umgesetzt. Die CER Richtlinie werde europäische kritische Infrastrukturen benennen und die geltende EU-Richtlinie zu kritischen Infrastrukturen ersetzen (ECI Richtlinie).

Mehr Resilienz im Verkehrsbereich

Mehr Resilienz im Verkehrsbereich

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Dr. Claudia Stutz

In Deutschland wurde ein Gemeinsamer Koordinierungsstab Kritische Infrastrukturen (GEKKIS) auf Staatssekretärebene der Ministerien eingeführt. Dieses Gremium solle einen ressortübergreifenden Austausch auf Leitungsebene ermöglichen. Die jeweiligen Lösungen würden weiterhin in den einzelnen Fachbereichen erarbeitet. Und um Bund und Länder besser zu koordinieren sei im Juni 2022 das Gremium Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKop) eingerichtet worden.

Für den Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes habe der Staat die Gewährleistungsverantwortung. Die Eisenbahnen selbst sind verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten, erklärte Dr. Claudia Stutz, Leiterin Unterabteilung E 1 - Innovationen, Digitalisierung, Vernetzung im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). Hier verhält es sich ähnlich wie bei den Telekommunikationsdiensten. „Die Betreiber sind verpflichtet, eigene technische und organisatorische Schutzmaßnahmen zu treffen."

"Wegen des hohen Angriffspotenzials haben das BMDV und die Bundesnetzagentur eine Berichtspflicht eingeführt. Bislang wurden erfreulicherweise keine Störungen gemeldet.“

Dr. Claudia Stutz

Als einen konkreten Handlungsauftrag der Resilienzstrategie nannte Stutz die stärkere Berücksichtigung von Risikoanalysen sowie Bewertungen bei Infrastrukturplanungen. Handlungsempfehlungen des BMDV-Expertennetzwerks sollten zeitnah umgesetzt werden. Auch würde geprüft, welche Änderungen sich aus der Resilienzstrategie bezüglich der Schiene für die Gesetze und Verordnungen sowie die Finanzierung ableiten lassen.

Nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal brauche es Lösungen für einen schnelleren Wiederaufbau der Verkehrsinfrastrukturen. Daher würde bundesweit eine einheitliche Bewertung zur Hochwassergefährdung entwickelt, damit zukünftig alle staatlichen Ebenen die gleichen Maßstäbe anwenden. Derzeit befassen sich mehrere Forschungsvorhaben aus dem Bundesforschungsprogramm Schiene mit dem Thema Resilienz.

Falsche Entscheidungen durch Verantwortungsdiffusion

Falsche Entscheidungen durch Verantwortungsdiffusion

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Albrecht Broemme

Die deutsche Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen sei ein sehr gutes Konzept zum Thema Vorsorge, Katastrophenschutz und Resilienz, so Albrecht Broemme, Vorstandsvorsitzender Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit e.V. Der stärkere Austausch und Vernetzung der staatlichen Ebenen und der Verwaltung mit der Wirtschaft seien enorm wichtig. Allerdings berichtete Broemme aus seinen Gesprächen mit Vertretern auf Länder- und Kommunalebene, dass diese sich von diesem Papier nicht angesprochen fühlten.

Laut Broemme könne Katastrophenschutz nur wirksam sein, wenn im Vorfeld und rechtzeitig vorgesorgt werde. Wären 1910 die richtigen Konsequenzen aus dem Hochwasser an der Ahr gezogen worden, wären 180 Menschenleben und rund 35 Milliarden Euro aus der Hochwasserkatastrophe 2021 im Ahrtal verschont geblieben. Nach dem Hochwasser 1910 an der Ahr wurde zehn Jahre lang geplant, wie Weinbau, Wälder, Straßen, Brücken und Häuser zukünftig vor solchen Ereignissen zu schützen seien. Dennoch wurde 1920 anders entschieden und stattdessen in der strukturschwachen Region der Nürburgring gebaut. Broemme berichtete von weiteren Beispielen und schlussfolgerte, dass in Deutschland eine Erkenntnisignoranz vorhanden sei, die gepaart mit einer Verantwortungsdiffusion verhindere, die richtigen Entscheidungen zu treffen. In Deutschland werde Verantwortung gern aufgeteilt. Bei besonders langen Mitzeichnungslisten könne davon ausgegangen werden, dass der Vorgang nicht wieder zurückkäme oder so viele Einwände erhoben werden, dass mit dem Ergebnis nichts angefangen werden könne.

Wegen Inflation: Es fehlen 4,2 Milliarden Euro für Verkehrsinfrastruktur

Wegen Inflation: Es fehlen 4,2 Milliarden Euro für Verkehrsinfrastruktur

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Dr. Florian Eck

Seit rund 30 Jahren leidet die Verkehrsinfrastruktur an einer Unterfinanzierung. Mit dem so genannten Investitionshochlauf der beiden letzten Bundesregierungen sollten die Fehler der Vergangenheit ausgeglichen werden. Dennoch erreichten die Haushaltslinien nie die notwendigen durchschnittlichen Jahresinvestitionen zur Erhaltung der vorhandenen Infrastrukturen und zur Umsetzung der Projekte des Bundesverkehrswegeplanes. Grund dafür sind u. a. Inflation und Baupreissteigerungen: Alleine die Kostensteigerung der letzten beiden Jahre liegt bei gut 20 Prozent. Die Folge: eine Finanzierungslücke im gesamten Infrastrukturbudget von 4,2 Milliarden Euro. Das DVF hat sich mit Forderungen und Vorschlägen in die Haushaltsverhandlungen des Bundes eingebracht.

„Wir beanstanden schon lange die strukturelle Unterfinanzierung der Infrastruktur im Bundeshaushalt. Wichtig für einen ehrlichen Umgang mit Kostensteigerungen ist volle Transparenz."

Dr. Florian Eck

Dazu müssen die Kostenschätzungen der Infrastrukturprojekte mindestens alle zwei Jahre fortgeschrieben werden, um Preissteigerungen und Mehrkosten z. B. durch andere Streckenvarianten abzubilden. Zudem wird oft bei Verkehrswegeplanungen deren Digitalisierung vergessen. Das Bundesverkehrsministerium muss deshalb seine nachgeordneten Behörden und bundeseigenen Infrastrukturen beauftragen, die Digitalisierung mitzudenken und umzusetzen. Dazu muss der Bund aber auch die Kosten dieser digitalen Upgrades fest einplanen“, bemängelt DVF-Geschäftsführer Dr. Florian Eck.

DVF-Forderungen unter anderem:

  • Kostensteigerungen bei Infrastrukturprojekten auffangen
  • Digitalisierung der Verkehrsträger seitens des Bundes beauftragen und finanzieren
  • Höhere Investitionen in die Schieneninfrastruktur und die DSD inkl. Ausrüstung der Fahrzeuge
  • Erhöhung der Regionalisierungsmittel inkl. einer Finanzierung der Personalmehrkosten und Mehraufwendungen für höhere Energiepreise
  • Schaffung transparenter Lösungen für die Bewältigung der allgemeinen Kostensteigerungen im Fahrzeugbereich bei langlaufenden Verträgen für Fahrzeugbestellungen

Fondsfinanzierung schafft Planungssicherheit

Problematisch sei insgesamt der zögerliche Mittelabfluss, der nach Meinung von Eck durch eine überjährige Finanzierungssicherung gelöst werden könne. „Bauunternehmen werden erst Personal einstellen und Baumaschinen anschaffen, wenn sie damit rechnen können, über mehrere Jahre Aufträge zu erhalten."

"Die Aussicht auf Projekte lediglich im nächsten Jahr löst keine Investitionen in unternehmerische Ressourcen aus. Diese Planungssicherheit fehlt der Wirtschaft.“

Dr. Florian Eck