Was kann die Nationale Hafenstrategie?

Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen muss gestärkt werden

21.10.2024

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Quelle: DVF/Photothek; V.l.: van Hoorn, Hosseus, Kohlhaas, Bangen, Eck
Quelle: DVF/Photothek; V.l.: van Hoorn, Hosseus, Kohlhaas, Bangen, Eck

Das Deutsche Verkehrsforum setzt sich dafür ein, die Wett­bewerbsfähigkeit der deutschen Häfen zu stärken und ihre Standortbedingungen zu sichern. In dieser Hinsicht spielt die vom Bundeskabinett am 20. März 2024 verabschiedete Nationale Hafenstrategie eine wichtige Rolle.

Martina Kohlhaas, Leiterin der Unterabteilung Schifffahrt im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, skizzierte eingangs im Lenkungskreis Häfen und Schifffahrt des DVF die wichtigsten Handlungsfelder: „Die Nationale Hafenstrategie soll die Wettbewerbsfähigkeit der See- und Binnenhäfen stärken, die Häfen fit machen für die Anforderungen der Energiewende, Digitale Transformation voranbringen, Ausbildung und Beschäftigung sichern und zukunftsfähig gestalten und schließlich die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur bedarfsgerecht erhalten, ausbauen und schützen. Die Strategie setzt auch einen neuen Akzent bei den Belangen der Landesverteidigung und beim Gesichtspunkt der Resilienz.“ Kohlhaas ging konkreter auf einzelne Ansatzpunkte bei den Maßnahmen ein:

  • Evaluierung des Erhebungsverfahrens der Einfuhrumsatzsteuer
  • Verbesserungen beim Planen und Genehmigen, z. B. durch die Bündelungen behördlicher Zuständigkeiten
  • Verbesserungen bei der Flächenbereitstellung für Hafen- und Logistikaktivität
  • Umschlag und Speicherung neuer Kraftstoffe in den Häfen
  • autonome Schifffahrt
  • Fachkräftegewinnung

"Die Nationale Hafenstrategie soll die Wettbewerbsfähigkeit der See- und Binnenhäfen stärken..."

Martina Kohlhaas

ZDS-Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus attestierte der Bundesregierung zwar die richtigen Handlungsfelder identifiziert zu haben, doch entscheidend sei die Umsetzung dieser Strategien in der Praxis und eine adäquate Beteiligung des Bundes an den Kosten der Hafeninfrastruktur. „Es müssen mehrere Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs ergriffen werden, dazu zählen die Umstellung des Erhebungsverfahrens der Einfuhrumsatzsteuer auf das Verrechnungsmodell, die Prüfung des Beihilferechts für die Schifffahrt sowie die Förderung der Suprastruktur. Ebenso sind Planungsbeschleunigung und die Vorsorge für Wachstum bei Hafenflächen essenziell.“ Hosseus sprach sich dafür aus, Reduzierung der Wegekosten stärker mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen. Der rückläufige Trend bei den Marktanteilen und der Investitionsfähigkeit müsse gestoppt, die deutschen Häfen müssten wieder in die Führungsposition kommen und Treiber der Entwicklung werden.

 

Quelle: ZDS/Daniel Hosseus
Quelle: ZDS/Daniel Hosseus

Energiewende nicht ohne Häfen

Die Häfen tragen maßgeblich zur Umsetzung nachhaltiger Energieprojekte in Deutschland bei und spielen daher eine entscheidende Rolle. „Was das Nationale Hafenkonzept jedoch unbeantwortet lässt, ist die Frage, wie die im Hafenkonzept vorgesehenen Maßnahmen finanziert werden sollen. Hier ist schnelles Handeln seitens des Bundes gefragt, insbesondere in Bezug auf die sogenannten Hafenlasten“, so Hosseus. Die Energiewende drohe sonst zu scheitern. Zudem bestehe ein Bedarf an Förderungen für Hafenfahrzeuge mit alternativen Antrieben, um die ökologische Bilanz der Hafenwirtschaft weiter zu verbessern. Mit Blick auf die Verkehrsanbindungen forderte Hosseus die Beseitigung von Engpässen im Schienennetz.

"Sowohl Verwaltungen als auch hoheitliche Verfahren müssen sich an den Standards der modernen Wirtschaft orientieren..."

Daniel Hosseus

Hosseus sprach auch das Thema Digitalisierung und IHATEC an. Die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung müsse erhöht werden, um den Anforderungen der digitalen Transformation gerecht zu werden: „Sowohl Verwaltungen als auch hoheitliche Verfahren müssen sich an den Standards der modernen Wirtschaft orientieren, um effizient arbeiten zu können.“

Kohlhaas sagte, dass die Einrichtung eines Bund/Länder-Stabes auf Arbeitsebene als eine Maßnahme u. a. auch zum Monitoring der Hafenstrategie geplant sei. „Das Bundesverkehrsministerium wird eine besondere Priorität auf die Wettbewerbsfähigkeit des Hafenstandorts Deutschland, die Energiehäfen der Zukunft, die Themen Resilienz und kritische Infrastrukturen legen. Tempo und schnelle substanzielle Umsetzungserfolge sind wichtig. Erste Schritte sind bereits erfolgt.“

Fondslösung für Infrastrukturfinanzierung findet Zuspruch

Die Investitionsanforderungen erörterte der Lenkungskreis auch mit Mathias Stein MdB, Mitglied des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages und Koordinator der Parlamentsgruppe Binnenschifffahrt.

„Ich halte eine Neuregelung der Hafenlasten für notwendig."

Mathias Stein MdB

Hintergrund waren die Beratungen des Bundeshaushalts 2025. Das DVF sprach sich für Fondslösungen und einen langfristig planbaren, weiter ansteigenden Mitteleinsatz für die Verkehrsinfrastruktur, die Digitalisierung und die Energiewende aus. Stein sagte dazu: „Ich halte eine Neuregelung der Hafenlasten für notwendig. Zudem sehe ich einen Förderbedarf für emissionsfreie Schiffe.“

duisport: Motor der Transformation für die Logistik von morgen

Quelle: duisport/ Markus Bangen
Quelle: duisport/ Markus Bangen

„Der Strukturwandel hat beträchtliche Auswirkungen auf den Umschlag. Das Massengutsegment verringert sich durch das schrittweise Auslaufen der Kohleverstromung. Die Transformation läuft auf breiter Front ab. Auch Güter der chemischen Industrie sind stark betroffen“, so Markus Bangen, Vorstandsvorsitzender von duisport. Duisburg gilt als weltweit größter Container-Binnenhafen.

"Sogar für kurze Streckenteile sind die Planungsverfahren sehr zeitaufwändig."

Markus Bangen

Problematisch seien in Deutschland unter anderem die langwierigen Planungsverfahren: „Bedarfsgerechte Straßen- und Schienenanbindungen für den Hafen bereitzustellen, ist eine beträchtliche Herausforderung. Sogar für kurze Streckenteile sind die Planungsverfahren sehr zeitaufwändig. Das oftmals gemischte Eigentum teils von duisport, teils von der DB AG kommt erschwerend hinzu“, berichtete Bangen. Ein weiterer konkreter Punkt, der angegangen werden müsse, sei die in Deutschland viel zu bürokratische Abwicklung der Einfuhrumsatzsteuer.

Bangen warf einen Blick zur internationalen Wettbewerbssituation. So hätten sich die Mittelmeerhäfen, konkret z. B. Triest und Koper, sehr gut entwickelt – mit der Folge, dass sich Teile des Logistikgeschehens dorthin verlagerten. Als relevant verortete Bangen auch die Kooperation Sloweniens mit China. „Für NRW ist es wichtig, beste Exportoptionen zu haben. Darum ist duisport an diesen Standorten ebenfalls aktiv.“ Bangen ging im Lenkungskreis auch auf die Neue Seidenstraße ein. Der so genannte Mittelkorridor könne hier erfolgversprechend aufgebaut werden.