Bundestagsabgeordnete bewerten den Bundeshaushalt 2025

28.10.2024

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V. l. Gelbhaar, Schreinber
V. l. Gelbhaar, Schreinber

Am Lenkungskreis nahmen die zwei Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen) und Felix Schreiner (CDU) teil, um als jeweilige Berichterstatter ihrer Fraktionen im Verkehrsausschuss den Entwurf des Verkehrshaushalts für 2025 zu bewerten. Nach der ersten Lesung im September wird der anschließende Prozess der parlamentarischen Beratung etwa zwei Monate in Anspruch nehmen, bevor der Haushalt 2025 nach Ende der Bereinigungssitzungen im November beschlossen werden wird.

"Bereits der aktuelle Verkehrsetat ist von 35 Milliarden Euro im Jahr 2023 deutlich gestiegen. Für 2025 sind im Regierungsentwurf nun fast 50 Milliarden Euro eingeplant."

Stefan Gelbhaar skizzierte die Entwicklungen beim Verkehrshaushalt wie folgt: "In der Vergangenheit gab es das doch regelmäßig: den Haushalt im Wahljahr deutlich aufzublähen. Einen solchen "Wahlkampfhaushalt" gibt es 2025 nicht - trotz der Erhöhungen im Verkehrsbereich. Bereits der aktuelle Verkehrsetat ist von 35 Milliarden Euro im Jahr 2023 deutlich gestiegen. Für 2025 sind im Regierungsentwurf nun fast 50 Milliarden Euro eingeplant", sagte Gelbhaar. Diese Entwicklung sei unter anderem auf Einnahmen aus der Lkw-Maut und Eigenkapitalzuführungen an die Deutsche Bahn zurückzuführen. Laut Gelbhaar seien für Wasserstraßen und Luftfahrt kaum Veränderungen vorgesehen, der Budgetansatz für den Radverkehr steige leicht. Größere Veränderungen seien bei Straßen- und Schienenausgaben zu verzeichnen; so erhöhen sich laut Entwurf die Ausgaben für die Straßen um rund eine halbe Milliarde Euro. Gelbhaar: "Das Straßennetz in Deutschland ist bereits sehr dicht und die größte Herausforderung liegt nicht im Neubau, sondern in der Instandhaltung bestehender Infrastrukturen. Auch die Digitalisierung und Elektrifizierung müssen in den Fokus."

Bei der Schiene gebe es große Aufwüchse im Budget, die nicht zuletzt auf die anvisierten Eigenkapitalerhöhungen zurückzuführen seien. Diese seien trotz ihrer negativen Auswirkungen auf die Trassenpreise gewählt worden. "Baukostenzuschüsse wären uns lieber gewesen, sind in der erforderlichen Höhe aufgrund der Schuldenbremse jedoch nicht leistbar. Die Aufsetzung eines Infrastrukturfonds ist aufgrund der nötigen Zweidrittelmehrheit politisch nicht durchsetzbar. So bleiben Eigenkapitalerhöhungen als Weg. Um die Erhöhung der Trassenpreise abzumildern, müssen wir kurzfristig die Möglichkeiten nutzen, um abzufedern. Zugleich gilt es, die gesetzlichen Vorgaben für die Eigenkapitalrendite zu ändern und abzusenken. Das Trassenpreissystem gehört reformiert", so Gelbhaar.

"Aktuell dreht sich die Debatte zu einseitig um die Höhe der Bundes- und Landesmittel und greift aus meiner Sicht zu kurz."

Da die Autobahn GmbH keine eigenen Einnahmen habe und daher keine Kredite aufnehmen könne, werde hier - auch im Hinblick auf die Ausweitung der Finanzierungsoptionen - eine Verschmelzung der Autobahn GmbH mit der Toll Collect GmbH geprüft. Auf diese Weise könne ein Finanzierungskreislauf und eine Kreditfähigkeit geschaffen werden. Hier seien viele Fragen anhängig, da die Mauteinnahmen für alle Verkehrsträger von Wasserstraße bis Schiene verwendet werden.

Diskutiert wurde auch die Finanzierung des Deutschlandtickets. "Aktuell dreht sich die Debatte zu einseitig um die Höhe der Bundes- und Landesmittel und greift aus meiner Sicht zu kurz. Ein stabiler Preis bei Jahrestickets und ein höherer Preis für reine Monatstickets bringt mehr Einnahmen und Stabilität - und weniger Aufwand beim Kundenmanagement", sagte Gelbhaar.

 

Diskussion über Umgang mit Steuereinnahmen

Felix Schreiner machte deutlich, dass die Ausgangslage für den Bundeshaushalt aufgrund zahlreicher globaler Krisen und wirtschaftlicher Veränderungen eine besondere sei. „Der Entwurf für den Haushalt 2025 umfasst 489 Milliarden Euro. Die Diskussion über den Umgang mit Steuereinnahmen muss intensiver werden, anstatt die Schuldenbremse zu lockern, die eine gemeinsame Errungenschaft der demokratischen Kräfte ist.“ Mit Blick auf den Verkehrssektor betonte Schreiner, dass sowohl der Ausbau als auch der Erhalt der Infrastruktur von großer Bedeutung seien. Die Infrastruktur verfalle und eine nationale Anstrengung zur Instandhaltung der Infrastruktur sei nötig, um schweren volkswirtschaftlichen Schäden entgegenzuwirken.

"Die Diskussion über den Umgang mit Steuereinnahmen muss intensiver werden, anstatt die Schuldenbremse zu lockern, die eine gemeinsame Errungenschaft der demokratischen Kräfte ist.“

Schreiner kritisierte die Erhöhung der Lkw-Maut, die aufgrund der Rezession zur Unzeit komme, und bemängelte, dass der Finanzierungskreislauf „Straße finanziert Straße“ aufgebrochen wurde. Die klimapolitische Lenkungswirkung fehle zudem. Auch würden die Bau- und Materialkostensteigerungen unzureichend im Verkehrshaushalt berücksichtigt, was de-facto zu Budgetkürzungen führe. Verlässlichkeit forderte Schreiner auch mit Blick auf das Deutschlandticket: „Die Finanzierung des Deutschlandtickets verursacht enorme Mehrausgaben. Es braucht ein nachhaltiges Verkehrskonzept.“ Er verwies auf ein Gutachten des BMDV, wonach bis zum Jahr 2031 circa 20,7 bis 31 Milliarden Euro für den Ausbau des ÖPNV notwendig seien. Das Ticket müsse bezahlbar bleiben, weil die Politik es den Bürgerinnen und Bürgern versprochen hätte.

„Die Finanzierung des Deutschlandtickets verursacht enorme Mehrausgaben. Es braucht ein nachhaltiges Verkehrskonzept.“

Schreiner sprach zudem die Schwierigkeiten bei der Planung, Genehmigung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten an, die oft viele Jahre in Anspruch nähmen, was zu einem Vertrauensverlust in die Politik und deren Handlungsfähigkeit führe. Er forderte die vollständige Umsetzung der MKP-Beschlüsse vom November 2023. Auch zu übereiltes Handeln könne das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger strapazieren: „Das war bei dem kurzfristig kommunizierten Ende staatlicher Förderprogramme für das E-Auto so. So etwas schürt große Unsicherheiten“, so Schreiner.

Green Finance im Infrastrukturbau – Potenziale und Grenzen der Taxonomie

„Gerade beim Thema Taxonomie habe ich Bedenken über die mangelnden Spielräume der Abgeordneten auf der Bundesebene. Die Handlungsmöglichkeiten bei der Umsetzung von EU-Vorgaben sind stark eingeschränkt“, sagte eingangs Till Mansmann MdB, FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Als Berichterstatter im Finanzausschuss und als Beauftragter für grünen Wasserstoff im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) könne er das Thema Taxonomie aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten und sei nicht überzeugt.

„Ich sehe mich durch die Vorgaben auf EU-Ebene gezwungen, Gesetze zu unterstützen, die aus meiner Sicht nicht gut durchdacht sind."

So seien die Taxonomie-Vorgaben laut Mansmann problematisch: Die Überregulierung und Bürokratisierung behindere die eigentliche Zielsetzung einer besseren Finanzierungsmöglichkeit für grüne Vorhaben und bremse die wirtschaftliche Innovationsfähigkeit aus. „Ich sehe mich durch die Vorgaben auf EU-Ebene gezwungen, Gesetze zu unterstützen, die aus meiner Sicht nicht gut durchdacht sind. Sie erzielen in der Praxis nicht die gewünschten Effekte“, sagte der Abgeordnete. Er halte es für richtig, dass Unternehmen Nachweise erbringen müssen, wie sie zur Dekarbonisierung beitragen. Doch die aktuellen Anforderungen seien mitunter kaum handhabbar und hinderlich. Insgesamt würde das Bündel aus Lieferkettengesetz, Taxomonie und die Einhaltung von CSR-Vorschriften die Unternehmen überfordern. Mansmann forderte eine Überprüfung der bestehenden Vorschriften und einen Paradigmenwechsel.

"Es gibt zahlreiche Projekte, die notwendig wären, um die Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben. Aber es herrscht Unsicherheit über deren Rentabilität."

Nicht zuletzt im Bereich Wasserstoff gebe es durch die Regulierung ein Henne-Ei-Problem. „Es gibt zahlreiche Projekte, die notwendig wären, um die Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben. Aber es herrscht Unsicherheit über deren Rentabilität. Das erschwert die Finanzierungen und hemmt Investitionen“, erklärt Mansmann. Er sehe daher Bedarf und auch ein Momentum, um auf europäischer Ebene Korrekturen anzustreben. „Um wirtschaftliches Wachstum und Innovationen zu fördern, muss deutlich stärker auf marktwirtschaftliche Instrumente gesetzt werden. Ein erster Schritt dahin ist die deutliche Vereinfachung bürokratischer Vorgaben“, so Mansmann.