Auf dem Weg zum autonomen Fahren im Straßenverkehr

12.12.2024

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Quelle: DVF/Photothek , Müller
Quelle: DVF/Photothek , Müller

Die Gigabitstrategie ist ein zentrales Anliegen des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV). Sie zielt darauf ab, bis 2030 eine flächendeckende Breitbandversorgung in Deutschland zu schaffen. Dafür sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt, alternative Verlegetechniken gefördert und ein intensiverer Austausch zwischen den Beteiligten angestrebt werden.

Beim Lenkungskreis Digitale Vernetzung stellte Steffen Müller, Leiter der Unterabteilung DK2 – Digitale Anwendungen, Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), die Vorhaben im Bereich der digitalen Straßeninfrastruktur vor. Digitale Innovationen zur effizienteren Auslastung und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit standen dabei im Mittelpunkt: „Ein Schwerpunkt liegt auf den Projekten zum autonomen und vernetzten Fahren. Neue Assistenzsysteme sollen dazu beitragen, Unfälle zu reduzieren und die Effizienz im Verkehr zu steigern, auch im öffentlichen Nahverkehr“, so Müller.

Dabei fördere das BMDV Projekte wie „KIRA“, die autonomes Fahren auch im Überlandverkehr testen. Bisher könnten die deutschen Hersteller noch keine serienreifen Produkte zur Verfügung stellen. Dieser unbefriedigende Zustand müsse gemeinsam mit der Industrie schnellstmöglich verbessert werden.

"Neue Assistenzsysteme sollen dazu beitragen, Unfälle zu reduzieren und die Effizienz im Verkehr zu steigern, auch im öffentlichen Nahverkehr.“

Mit Blick auf die digitale Verkehrsinfrastruktur sagte Müller, man wolle digitale Prozesse verstärken, um effizienter und nachhaltiger bauen und auch betreiben zu können. Dabei seien digitale Zwillinge ein wichtiges Instrument. Auch müssten intelligente Verkehrssysteme integriert werden, wo Fahrzeuge und Infrastruktur miteinander kommunizieren. Müller: „Wichtig ist hierbei eine gute Analyse der verfügbaren Daten, um fundierte Entscheidungen für die Verkehrsplanung zu treffen und die Infrastruktur entsprechend auszubauen bzw. zu modernisieren. Die Implementierung intelligenter Systeme helfen dabei, autonome und vernetzte Fahrtechnologien in Deutschland umzusetzen.“

 

Mehr Sicherheit durch autonom fahrende Autos

Die Autobahn GmbH/ Prof. Riegelhuth
Die Autobahn GmbH/ Prof. Riegelhuth

Der Einsatz autonom fahrender Fahrzeuge werde als zukunftsweisender Schritt betrachtet, der nicht nur die Verkehrsbedingungen verbessern, sondern auch die Sicherheit der Beschäftigten im Straßenbau und bei Verkehrsdiensten erheblich erhöhen könnte, erläuterte Prof. Gerd Riegelhuth, Leiter Geschäftsbereich Verkehrsmanagement, Betrieb und Verkehr bei der Autobahn GmbH des Bundes. Die Autobahn als digital vernetztes Ökosystem biete perspektivisch die Chance, Herausforderungen, die im Zusammenhang mit Anwendungen des kooperativen, vernetzten und automatisierten Verkehrs stehen, strukturiert zu unterstützen. Riegelhuth zeigte fünf Thesen als handlungsleitend für alle Entwicklungen auf dem Weg zur Digitalisierung und Automatisierung des Autobahnverkehrs:

  • Infrastruktur und Fahrzeuge interagieren
  • Plattformen und Datenräume unterstützen die Vernetzung
  • Fahraufgaben sind automatisiert
  • Mischverkehre prägen den Verkehrsablauf
  • Straßenausstattung ist digital und vernetzt

Riegelhuth unterstrich, dass es notwendig sei, ein flächendeckendes Konzept für eine abgestufte Ausstattung des Autobahnnetzes mit Sensorik schrittweise umzusetzen: „Dies betrifft vordringlich den fließenden Verkehr auf den Streckenabschnitten sowie Knotenpunkten und Anschlussstellen ebenso wie die Erfassung der Belegung der Lkw-Parkflächen auf den Rastanlagen.“ Mit dem Übergang der Zuständigkeiten für das gesamte deutsche Autobahnnetz auf die Autobahn GmbH ergebe sich erstmals die Möglichkeit, Verkehrszentralen deutschlandweit zu vernetzen sowie die Verkehrslenkung und -steuerung koordiniert aus einer Hand zu optimieren. Allerdings werde ein Datenaustausch aufgrund der heterogenen Systeme der Verkehrszentralen in den einzelnen Bundesländern erschwert. „Mit der Inbetriebnahme von AutobahnOS im Juli 2023 wurde ein wichtiger Meilenstein erreicht, der zugleich Ausgangspunkt für die umfassende Vernetzung aller Verkehrszentralen der Autobahn GmbH ist. Es dient als Betriebssystem für alle verkehrstechnischen Anwendungen an den Autobahnen. Diese Plattform soll den Verkehrszentralen eine effizientere Zusammenarbeit und besseren Informationsaustausch ermöglichen.“ Zudem sei ein wichtiges Ziel die stärkere Kooperation – auch mit den Metropolregionen und Nachbarstaaten.

"Der gleichzeitige Einsatz autonomer und manuell gesteuerter Fahrzeuge wird den Verkehrsfluss maßgeblich beeinflussen."

Eine weitere Herausforderung der Zukunft seien Mischverkehre: „Der gleichzeitige Einsatz autonomer und manuell gesteuerter Fahrzeuge wird den Verkehrsfluss maßgeblich beeinflussen. Autonome Fahrzeuge, die sich strikt an die Straßenverkehrsordnung halten, werden über ihr Abstandsverhalten Einfluss auf die Verkehrsdichte und damit die Leistungsfähigkeit des Straßennetzes nehmen, es sei denn, der Gesetzgeber trifft hierzu Regelungen, die künftig zwischen autonom und manuell gesteuerten Fahrzeugen unterscheiden.“

Chancen und Herausforderungen des Mobilitätsdatengesetzes

Das Mobilitätsdatengesetz soll die Bereitstellung von Verkehrsdaten regeln, um den Nutzern aktuelle und verlässliche Informationen über ihre Reisen zu ermöglichen und die Grundlage für innovative, nachhaltige Mobilitätslösungen zu schaffen. Der Gesetzesentwurf ist nach einer breiten Verbändebeteiligung und intensiven Ressortabstimmungen im Oktober im Kabinett verabschiedet worden. Bedenken, die seitens des DVF geäußert wurden, betrafen u.a. die verpflichtende Bereitstellung von Auslastungsdaten, die Rückschlüsse auf das Geschäftsmodell zulassen.

"Hier muss der Entwurf konkreter werden, um sowohl Rechtssicherheit zu schaffen als auch sicherzustellen, dass die Vorgaben für die Unternehmen in der Praxis gut handhabbar sind.“

Jan Plobner MdB, Berichterstatter der SPD-Fraktion im Verkehrsausschuss, bestätigte, dass es trotz der im Laufe des Konsultationsverfahrens erfolgten Anpassungen hier weiterhin Unschärfen im vorliegenden Kabinettsentwurf gebe.

So führte Plobner aus, dass derzeit noch offen sei, wie die nun enthaltenen Regelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ausgestaltet und umgesetzt werden sollen. Der Ansatz, Unternehmen von der Bereitstellung bestimmter geschäftssensibler Daten zu befreien, sei grundsätzlich richtig, doch es gilt: „Hier muss der Entwurf konkreter werden, um sowohl Rechtssicherheit zu schaffen als auch sicherzustellen, dass die Vorgaben für die Unternehmen in der Praxis gut handhabbar sind“, so Plobner.

Gleichzeitig müsse stärker über Anreizsysteme nachgedacht werden, da die Pflicht zum Datenteilen nicht dazu führen dürfe, dass diese von den Unternehmen nicht mehr erhoben werden – denn eine Erhebungspflicht gebe es nicht. „Das Gesetz bietet viele Chancen, unsere Mobilität nutzerfreundlicher zu machen und neue Geschäftsmodelle entstehen zu lassen. Und mit den richtigen Anreizen werden wir das Ziel, mehr und bessere Daten in den Umlauf zu bringen, auch erreichen“, zeigte sich Plobner überzeugt. Die Teilnehmenden sprachen sich dafür aus, hierzu auch Instrumente wie Lizenzvereinbarungen und mögliche Bezahlsysteme zu prüfen.

MISSION KI – Eine Initiative vom Bundesverkehrsministerium und acatech

Mission KI ist eine nationale Initiative für Künstliche Intelligenz und Datenökonomie vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sowie der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech.

Simon Boffen, Manager Strategic Projects bei acatech und stellv. Leiter der MISSION KI, stellte dem Lenkungskreis Digitale Vernetzung diese im Mai 2023 gestartete Initiative vor. Sie habe das Ziel, über konkrete praktische Ansätze die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Bereich KI zu stärken und werde als Hebelprojekt der Digitalstrategie des Bundes vom BMDV bis Ende 2025 mit einem Volumen von 32,5 Millionen Euro gefördert und von acatech umgesetzt. Boffen: „Ein wesentliche Grundlage der MISSION KI ist die Zusammenführung verschiedener Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik, um bestehende Initiativen und Kooperationen zu identifizieren, weiterzuentwickeln und gemeinsam Fortschritte für den KI-Standort Deutschland zu erzielen.“

"Wir planen die Eröffnung von zwei KI-Zentren, als Anlaufstelle für regionale Unternehmen sowie als Erlebnisraum für die breite Öffentlichkeit."

Die Initiative fokussiert sich auf drei Säulen:

1. Verbesserung der Datenbasis für KI: Es wird angestrebt, Datenräume zu Stärken und zu Vernetzen. Hierbei wird an der Umsetzung von technischen Lösungen und Governance-Modellen gearbeitet, um Innovationen zu fördern.

2. Stärkung der Entwicklung vertrauenswürdiger KI: Ziel ist die Entwicklung eines freiwilligen Mindeststandards für die Qualität von KI-Anwendungen die ein geringes Risiko tragen – anschlussfähig an den EU AI Act. Testverfahren – zum Teil auch automatisiert - sollen die Qualität der Anwendungen prüfbar und so aus vertrauenswürdiger KI einen Wettbewerbsvorteil machen.

3. Unterstützung des Wachstums von KI-Innovationen: Das Wachstum von KI-Innovationen soll beschleunigt werden. Dazu gehören strukturierte Matchmaking-Programme, die mittelständische Unternehmen mit Start-ups zusammenbringen sowie ein Gründungsprogramm für Promovierende.

„Wir planen die Eröffnung von zwei KI-Zentren, als Anlaufstelle für regionale Unternehmen sowie als Erlebnisraum für die breite Öffentlichkeit. Eines befindet sich in Kaiserslautern und wurde bereits im Juli eröffnet. Das zweite wird Anfang 2025 am Deutschen Technikmuseum in Berlin eröffnet und soll ein breiteres Publikum ansprechen“, erklärte Boffen.