Was kann Digitalisierung für die Logistik leisten?

12.12.2024

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Quelle: Adobe Stock
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Beim Lenkungskreis Güterverkehr und Logistik stand das Potenzial digitaler Innovationen als (ein) Problemlöser für die Herausforderungen der Branche im Fokus. Dr. Roland Keil, Managing Partner, Detecon International GmbH und Karsten Keil, Member of the Management Board und Vice President Group IT & Digitization bei der Schnellecke Logistics, stellten hierzu ihre Konzepte vor.

"Um den Austausch von Daten zu fördern, bedarf es eines sicheren Rahmens, der gleichzeitig Raum für Innovationen lässt."

Roland Keil

Keil skizzierte in seinem Beitrag zu Hyperkonnektivität in der Logistik Anwendungsszenarien und Benefits, die durch horizontale und vertikale Vernetzung entstehen können. Er machte aber auch deutlich, welcher Rahmenbedingungen es hierfür bedarf. So müsse sich in den Bereichen Infrastruktur, Regulatorik und Mindset noch einiges wandeln. „Alles hängt an der Bereitschaft, Daten zu teilen. Diese ist in den verschiedenen geopolitischen Räumen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Um den Austausch von Daten zu fördern, bedarf es eines sicheren Rahmens, der gleichzeitig Raum für Innovationen lässt. Dies ist Gestaltungsaufgabe der Politik“, so Keil.

Welche Vorteile Logistikunternehmen heute schon durch Digitalisierung erzielen können, verdeutlichte Karsten Keil am Beispiel der Automobilindustrie: „Von der Linienversorgung kommend verändern sich die Produktionssysteme der Hersteller zunehmend hin zur autonomen Fabrik. Die gesamte Lieferkette ist viel komplexer geworden und es bedarf neuer Instrumente, um diese Prozesse möglichst ganzheitlich zu analysieren und zu steuern. Aber auch der wachsende Fachkräftemangel erhöht den Druck zur Digitalisierung.“ Er stellte den Ansatz von Schnellecke Logistics vor, der einzelne Systemlösungen zu einem integrierten Ökosystem verbindet und zeigte anhand von Beispielen aus den Einsatzbereichen Tracking, Mitarbeitereinsatzplanung und Ladungssicherung, wie vielfältig die Anwendungsgebiete bereits heute sind. Ziel sei es, durch die bessere Nutzung von Echtzeit-Daten auf Basis einer cloudbasierten Architektur und mittels stärkerer Automatisierung die Effizienz, Transparenz und Sicherheit in der Lieferkette zu erhöhen.

"Die gesamte Lieferkette ist viel komplexer geworden und es bedarf neuer Instrumente, um diese Prozesse möglichst ganzheitlich zu analysieren und zu steuern."

Karsten Keil

Nach wie vor zu wenig Lkw-Parkplätze

Quelle: BMDV/Konstantin Sauer
Quelle: BMDV/Konstantin Sauer

Lkw-Stellplätze sind in Deutschland seit Jahren zu knapp. Konstantin Sauer, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, gab eingangs einen umfassenden Überblick über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage in den vergangenen Jahren. „Entlang der Bundesautobahnen werden täglich rund 100.000 Lkw auf etwa 1.950 Rastanlagen abgestellt. In den letzten Jahren wurden gut 20.000 zusätzliche Lkw-Abstellmöglichkeiten geschaffen. Trotzdem gibt es Engpässe, besonders in den Nachtstunden“, erklärte Sauer.

"In den letzten Jahren wurden gut 20.000 zusätzliche Lkw-Abstellmöglichkeiten geschaffen. Trotzdem gibt es Engpässe..."

Mit Hilfe eines 5-Punkte-Plans wolle das Bundesverkehrsministerium neue Lkw-Parkmöglichkeiten schaffen. Als Maßnahmen seien unter anderem der Bau neuer Abstellflächen und die Identifizierung weiterer Optimierungspotenziale, beispielsweise durch Rückwärtsparken und die Mischnutzung von Flächen durch Pkw und Lkw, vorgesehen. Zudem wolle man zukünftig digitale Möglichkeiten wie den Einsatz von Parkleitsystemen oder telematikgestütztem Parken noch stärker einsetzen und Synergien zwischen öffentlicher und privater Hand heben.

Nach wie vor zu wenig Lkw-Ladeinfrastruktur

Quelle: DVF/Photothek l.: Fremery
Quelle: DVF/Photothek l.: Fremery

Nachholbedarf gibt es auch bei der Lkw-Ladeinfrastruktur, zu der Maximilian Fremery, Manager Technik Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge bei der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur (NLL), NOW GmbH, berichtete. Fremery stellte ein Dashboard vor, das zum Bestand an öffentlich zugänglichen Lkw-Ladestandorten informiert. „Das Dashboard orientiert sich an den Anforderungen der Lkw-Fahrer und ermöglicht die Filterung der Betreiber-Daten nach deren Bedürfnissen. Es soll die Suche nach passenden Ladepunkten erleichtern und damit das Vertrauen in den zuverlässigen Einsatz von E-Lkw auch auf größeren Distanzen stärken.“ Die Herausforderung sei, flächendeckende und bedarfsgerechte Lademöglichkeiten zu schaffen, ohne das Stellplatzdefizit auf den Rastanlagen zu verschärfen.

„Das Dashboard orientiert sich an den Anforderungen der Lkw-Fahrer und ermöglicht die Filterung der Betreiber-Daten nach deren Bedürfnissen."

Zudem müssten insbesondere für Megawatt Charging Systems (MCS) Netzanschlüsse mit erheblicher Anschlussleistung bereitgestellt werden, was sich in der Vergangenheit oftmals als Hemmnis für den schnellen Ausbau entpuppte. Um dieses Nadelöhr zu entschärfen, würden parallel zur laufenden Ausschreibung für das Schnellladenetz für Lkw bereits entsprechende Netzanschlüsse beantragt, um das Risiko für die künftigen Betreiber zu minimieren.

KRAVAG Truck Parking/Truck Charging

Quelle: DVF/Photothek v.l.: Ludwig, Gradilone
Quelle: DVF/Photothek v.l.: Ludwig, Gradilone

Mit ihrem Vortrag zu KRAVAG Truck Parking und KRAVAG Truck Charging legten Anja Ludwig, Leiterin Kompetenz Center Logistik & Mobilität, KRAVAG-LOGISTIC Versicherungs-AG, und David Gradilone, Business Developer, R+V Allgemeine Versicherung AG, den Fokus auf private Initiativen bei Ladepunkten. Sie zeigten, wie halböffentliche Park- und Lademöglichkeiten auf dem Betriebsgelände das Angebot an verfügbarer Park- und Ladeinfrastruktur sicher erweitern können. Gradilone erklärte: „Für den Aufbau zusätzlicher öffentlicher Lkw-Parkplätze und Ladeinfrastruktur im benötigten Umfang fehlen die geeigneten Flächen. Der Blick auf überfüllte Rastanlangen zeigt uns aber, wie groß der Handlungsdruck ist.“

"Der Blick auf überfüllte Rastanlangen zeigt uns aber, wie groß der Handlungsdruck ist.“

David Gradilone

Ludwig ergänzte: „Mittels KRAVAG Truck Parking können wir die Stellplatznot ein wenig lindern und über unser Park-Netzwerk an bundesweit über 90 Standorten Stellplätze zur Verfügung stellen. Schon heute beteiligen sich ca. 420 Unternehmen und profitieren ihrerseits von zusätzlichen Einnahmen. Zudem können via KRAVAG Truck Charging künftig dort auch E-Lkw aufgeladen werden.“

"Mittels KRAVAG Truck Parking können wir die Stellplatznot ein wenig lindern..."

Anja Ludwig

Mit KRAVAG Truck Parking können nicht nur Buchungsvorgänge seitens der Fahrer, sondern auch die Abrechnung durch das Unternehmen vorgenommen werden, das den Stellplatz zur Verfügung stellt. Über die App wird zudem auch der sichere Zugang zum Betriebsgelände geregelt.

Quelle: KRAVAG/Anja Ludwig, David Gradilone
Quelle: KRAVAG/Anja Ludwig, David Gradilone

Trucker Lounges bei Amazon

Quelle: DVF/Photothek v.l.: Sauer, Düx
Quelle: DVF/Photothek v.l.: Sauer, Düx

Der Sharing-Gedanke steht auch hinter den Trucker Lounges, die Fabian Düx, Director Surface Transportation Operations, Amazon Transportation Services, als Teil von Amazons Engagement für eine zukunftsfähige Logistikinfrastruktur vorstellte. „Allen Fahrerinnen und Fahrern stehen an unseren Standorten die Trucker Lounges mit Essensautomaten, kostenfreien Kaffeeautomaten und sanitären Anlagen zur Verfügung", so Düx.

Ferner biete Amazon an einigen Standorten, unter anderem am Sortierzentrum in Kiekebusch (Schönefeld) auf seinem Betriebsgelände auch externe Stellplätze an, die nach dem first-come-first-serve-Prinzip allen – auch jenen, die nicht für Amazon im Einsatz sind - zur Verfügung stehen. Um dieses Angebot breiter auszurollen und zusätzlich auch mehr Ladeinfrastruktur für Lkw zu schaffen, sei eine deutliche Straffung der Genehmigungsverfahren nötig. „Wir sehen den Bedarf und würden gerne mehr Fläche in Stellplätze umwandeln. Die Verfahren sind jedoch langwierig und bündeln viele Kapazitäten – auch weil die Vorgaben an den Standorten so unterschiedlich sind“, erläuterte Düx weiter.

"Wir sehen den Bedarf und würden gerne mehr Fläche in Stellplätze umwandeln."

Zu den bereits zur Verfügung gestellten Plätzen zog er ein positives Resumée: Diese würden sehr gut angenommen, tragen zu einer spürbaren Entlastung der öffentlichen Rastanlagen bei und konnten Notlösungen wie das Parken in zweiter Reihe reduzieren, berichtete Düx.