Wie den Kombinierten Verkehr insgesamt stärken?

12.12.2024

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© CargoBeamer AG
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„In Deutschland gibt es ein großes Potenzial für den KV mit täglich drei Millionen Mautfahrten“, so Dr.-Ing. habil. Hans-Jürgen Weidemann, Chief Technology Officer und Vorstandsmitglied der CargoBeamer AG. „Unser Unternehmen ist im vergangenen Jahr im Kerngeschäft um 40 Prozent gewachsen, während Mitbewerber Rückgänge verzeichneten. Zugleich investiert CargoBeamer seit einigen Jahren in eigene Wagen und Terminals - in Summe bereits über 100 Millionen Euro."

„In Deutschland gibt es ein großes Potenzial für den KV mit täglich drei Millionen Mautfahrten.“

Weidemann hielt das Ziel einer Verdopplung des KV auf rund 100 Milliarden Tonnenkilometer (tkm) für erstrebenswert. Aus Sicht eines Operators müssten dafür folgende Schwerpunkte gesetzt werden:

1. Attraktive Trassengebühren. Die Trassengebühren steigen für den Schienengüterverkehr überproportional, deshalb sollten die Trassenkosten fair und gleich gesenkt werden.

2. Operator-Förderung nach dem Vorbild der Schweiz. Die Schweiz ist europaweit führend in der konsequenten Verkehrsverlagerung auf die Schiene. Ein Operator im Schweiz-Transit erhalte vom Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV) eine Förderung von rund 30 Cent pro Ladeeinheit und km (bezogen auf 225 km Schweiz-Transit)

3. Kontinuierlicher Ausbau der TEN-T Schienenkorridore

4. Vereinfachter Zugang zur Trassenreservierung

5. Klare und unterstützende EU-Richtlinien. Soll der KV gestärkt werden, müssen sich die Anbieter nach dem Markt richten können. EU-Richtlinien sollen die Operateure unterstützen, nicht behindern.

6. Technologie-Offenheit, insbesondere bei der Wagentechnik. Der KV muss sich nach dem Markt richten dürfen.

7. Bundesweite Initiative zur Vorbereitung von Umschlagflächen Straße/Schiene. Soll der KV verdoppelt werden, was zehn Prozent des Straßengüterverkehrs entsprechen würde, so bedarf es 60 neuer, leistungsfähiger Terminals.

KV-Richtlinien sind zu kompliziert

© DVF/Photothek, Sondermann
© DVF/Photothek, Sondermann

Das war die Fragestellung, die Klaus-Uwe Sondermann, Geschäftsführer KombiConsult GmbH, aufwarf. Die europäische Richtlinie 92/106/EWG ist mehr als dreißig Jahre alt und definiert den Kombinierten Verkehr zwischen Mitgliedstaaten der EU bis heute. Durch die Teilnahme am KV bekamen Unternehmen einige Vorteile, beispielsweise Steuerbefreiungen bzw. -erleichterungen für Lkw, die im KV eingesetzt werden oder den Wegfall der Genehmigungspflicht bei Kontingentierung und Genehmigungen, was den grenzüberschreitenden Verkehr damals vereinfachte.

"Die Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze war für die Branche herausfordernd, weil die Mitgliedstaaten die Richtlinie unterschiedlich umsetzen."

Sondermanns Bilanz im Lenkungskreis Schienenverkehr: „Die Umsetzung der Richtlinie in nationale Gesetze war für die Branche herausfordernd, weil die Mitgliedstaaten die Richtlinie unterschiedlich umsetzen. Dabei ging es um Begriffe wie „nächst gelegener, geeigneter (Umschlag-)Bahnhof“ und „Luftlinienentfernung“. Einige Mitgliedstaaten betrachteten den Vor- bzw. Nachlauf eines grenzüberschreitenden Transports als „nationalen Verkehr“. Bei Kontrollen mussten die Lkw-Fahrer nachweisen, dass sie am KV teilnahmen, was zu Bürokratie führte.“ 2017 entwarf die EU-Kommission daher einen neuen Vorschlag mit einer Vereinheitlichung des KV auch für nationale Verkehre. Und sie führte elektronische Frachtpapiere als Alternative zur Papierdokumentation ein. Doch die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten scheiterten und die EU-Kommission zog den Vorschlag zurück.

"Der Nachweis soll mittels elektronischer Frachtbeförderungsinformationen stattfinden , wie den allerdings erst in Entwicklung befindlichen eFTI-Plattformen."

„In der letzten Legislaturperiode und unter dem Eindruck des „Green Deal“ wurde ein weiterer Versuch für eine Revision gestartet und im Jahr 2023 ein neuer Vorschlag unterbreitet. Demnach soll eine zentrale Bedingung für den KV sein, dass die Beförderung mindestens 40 Prozent weniger externe Kosten verursacht als die alternative Beförderung im unimodalen Straßenverkehr. Der Nachweis soll mittels elektronischer Frachtbeförderungsinformationen stattfinden , wie den allerdings erst in Entwicklung befindlichen eFTI-Plattformen“, erläuterte Sondermann.

Laut Sondermann ist der Vorschlag nach wie vor zu komplex und von dem nationalen Strategierahmen oder der Umsetzung von eFTI abhängig. Auch die Berechnung der externen Kosten für einen fiktiven Straßentransport sei weiterhin unklar. Die Rahmenbedingungen könnten für den KV erheblich verbessert werden, wenn die Schiene durch einheitliche Anwendung der Techniken wie Elektrifizierung, ETCS, DAK oder den Ausbau auf 740m Züge gestärkt würde. Da mit dem „Generationenwechsel“ viel Wissen über diese Zusammenhänge verloren geht bietet KombiConsult Grundlagen- und Aufbauseminare über den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße-Wasserstraße an, damit wieder mehr Leute zu „KombiInsidern“ werden.

http://www.kombiconsult.com/kombiinsider/

Der Preis entscheidet, ob Menschen mit dem Zug fahren

Ab 2025 steigen die Trassenpreise durchschnittlich um 20 Prozent. Der Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) wird laut Tom Buchhold, Senior Manager EU Public Affairs FLIX SE, überproportional belastet. Ein Grund hierfür sei die Trassenpreisbremse beim Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Darüber hinaus treibe die Verzinsung des Eigenkapitals die Trassenpreise in die Höhe.

Buchhold wies darauf hin, dass der Bund sich zum Ziel gesetzt habe, die Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr (SPV) bis 2030 zu verdoppeln. „Der Preis ist das wichtigste Kriterium, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene zu stärken. Allerdings sind die Trassenpreise im SPFV in Deutschland die höchsten in Europa und gefährden damit dieses Ziel. FlixTrain gelingt es unter diesen Rahmenbedingungen dennoch, Zugfahrten erschwinglich und attraktiv zu gestalten“, sagte Buchhold. Dies gelinge etwa mit schnellen Direktverbindungen, langen Zügen ohne 1. Klasse und der Zusammenarbeit mit dem SPNV.

"Der Preis ist das wichtigste Kriterium, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene zu stärken."

Buchhold kritisierte, dass aufgrund der durch Bundesregierung und DB gewählten Finanzierung die DB InfraGO für 2026 massive Preissteigerungen geltend machen will, was die Planbarkeit der Trassenpreise unmöglich mache. Damit drohten den Eisenbahnverkehrsunternehmen Kostenexplosionen. Aus Sicht von Buchhold könnte dies durch eine Reihe von Maßnahmen abgewendet werden, etwa durch die Reduzierung der Eigenkapitalverzinsung der DB AG, die Einführung eines überjährigen Fonds zur Finanzierung der Schiene oder die Absenkung der Trassenpreise auf Grenzkosten.