Auf dem Weg zur emissionsfreien Logistik

Fortschritte und Herausforderungen im klimafreundlichen Güterverkehr

22.05.2025

Zur Liste

V. l. Dr. Eck (DVF), Dr. van Hoorn (DVF), Beuck, Dr. Rose, Paitzies (DVF), Dr. Mosolf (DVF-Lenkungsvorsitzender), Fendler
V. l. Dr. Eck (DVF), Dr. van Hoorn (DVF), Beuck, Dr. Rose, Paitzies (DVF), Dr. Mosolf (DVF-Lenkungsvorsitzender), Fendler

Der Straßengüterverkehr steht vor einer Revolution: Bis 2030 soll ein Drittel der Fahrleistung in Deutschland elektrisch erfolgen - ein ambitioniertes Ziel des deutschen Klimaschutzprogramms 2019. Um dies zu erreichen, wurden umfassende Maßnahmen in den Bereichen Regulierung, Infrastruktur und Fahrzeugförderung ergriffen. Im Lenkungskreis Güterverkehr und Logistik zeigten Experten die Fortschritte im Bereich klimaneutrale Logistik und die aktuelle Diskussion zur EU-Omnibus-Initiative.

Ulrike Beuck, Stellv. Leiterin des Referats G22 Klimafreundliche Nutzfahrzeuge und Infrastruktur, Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), betonte eingangs, dass das Gesamtkonzept für klimafreundliche Nutzfahrzeuge als zentraler Fahrplan zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen im Straßengüterverkehr bis zum Jahr 2030 diene. Zudem sei die Zusammenarbeit mit der Industrie wesentlich, um konkrete Schritte zur Erreichung der Ziele festzulegen. „Ergebnis dieser Arbeit sind auch die seit 2022 stattfindenden Cleanroom-Gespräche. Auf Basis dieser Herstellerangaben wurde prognostiziert, dass bis 2030 rund drei Viertel der in Deutschland neu zugelassenen N3-Nutzfahrzeuge emissionsfrei – überwiegend batterieelektrisch – sein werden. Das zeigt einen klaren Wandel in der Branche und dass klare Rahmenbedingungen mit Blick auf Regulatorik und Infrastruktur erforderlich sind“, so Beuck.

Ein Schwerpunkt der Maßnahmen liege auf dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, die nicht nur flächendeckend verfügbar, sondern auch wirtschaftlich attraktiv sein muss. Wettbewerbsfähige Ladepreise und die Berücksichtigung begrenzter Lkw-Stellplätze würden hier einen wichtigen Rahmen setzen. Unterstützt durch den Masterplan Ladeinfrastruktur II und die aktuelle Ausschreibung für das Lkw-Schnellladenetz werde an einem europaweiten Ladenetz für Batterie-Lkw gearbeitet.

"Auf Basis dieser Herstellerangaben wurde prognostiziert, dass bis 2030 rund drei Viertel der in Deutschland neu zugelassenen N3-Nutzfahrzeuge emissionsfrei – überwiegend batterieelektrisch – sein werden."

Beuck betonte, dass finanzielle Anreize zu Beginn des Markthochlaufes der emissionsfreien Lkw eine Schlüsselrolle spielten, und verwies auf das KsNI-Programm: „Hierüber wurden rund eine Milliarde Euro für die Förderung von Lkw mit alternativen Antrieben bereitgestellt, bevor es aufgrund von Haushaltszwängen gestoppt wurde. Ergänzend wurde unter Ausnutzung der Spielräume der Eurovignetten-Richtlinie die Fortführung der Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw bis Ende 2025 beschlossen, die bis zu 30 Cent pro Kilometer gegenüber Diesel-Lkw spart.“

Abschließend wies sie auf die Bedeutung von E-Fuels für die Bestandsflotte und Wasserstoff als ergänzende Option zum Batterie-Lkw im Straßenverkehr hin. Die rechtlichen Vorgaben, die erforderlich seien, um eine Unterquote für E-Fuels bis 2030 umzusetzen, seien bereits in der Diskussion, jedoch noch nicht finalisiert. Wasserstofffahrzeuge würden laut der Erkenntnisse der Cleanroom-Gespräche voraussichtlich erst ab Ende des Jahrzehnts eine größere Bedeutung erlangen. Die Infrastruktur dafür müsse allerdings jetzt aufgebaut werden. Insgesamt habe man trotz bürokratischer Hürden und Verzögerungen durch vorgezogene Neuwahlen bedeutende Fortschritte erzielt, für die eine gute Zusammenarbeit mit der Industrie, gezielte Förderprogramme und innovative Konzepte wichtige Eckpfeiler waren.

© BMDV / Ulrike Beuck
© BMDV / Ulrike Beuck

Elektromobilität auf der Überholspur: Die Zukunft batterieelektrischer Nutzfahrzeuge

Die Elektrifizierung des Nutzfahrzeugsektors gewinnt rasant an Fahrt, bestätigte Dr. Philipp Rose, Director, PwC Strategy& im Rahmen der Vorstellung der PwC Truck-Studie. Die alle zwei Jahre aktualisierte Analyse beleuchtet die Marktentwicklung und nennt fünf zentrale Punkte, die den Weg in eine emissionsarme Zukunft ebnen.

"Der Ausbau der Ladeinfrastruktur, eine engere Zusammenarbeit zwischen Industrie und Politik sowie transparente Kommunikation sind essenziell, um Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen. "

1. Regulatorische Impulse als Treiber: Seit 2019 sorgen strenge CO2-Standards für Nutzfahrzeuge in Europa für einen Innovationsschub. Im Vergleich zu - zwar früher eingeführten aber weniger ambitionierten - Vorschriften in China und den USA setzen diese Regelungen klare Anreize für die Entwicklung emissionsarmer Lkw.

2. Technologischer Fortschritt: Batterieelektrische Technologien machen große Sprünge, mit speziell auf Lkw zugeschnittenen Lösungen. Höhere Reichweiten und schnellere Ladezeiten steigern die Attraktivität, doch die Anpassung an die spezifischen Anforderungen des Güterverkehrs bleibt entscheidend.

3. Wirtschaftlichkeit im Fokus: Die Betriebskosten batterieelektrischer Lkw könnten bald mit Diesel-Lkw gleichziehen. Dennoch bremsen hohe Anschaffungskosten die Marktdurchdringung. Ein durchdachtes Gesamtkonzept ist nötig, um Investitionen attraktiver zu gestalten.

4. Marktausblick: Bis 2030 könnten 20 Prozent der neu zugelassenen Lkw elektrisch sein, unterstützt durch zunehmende Investitionen in Ladeinfrastruktur und branchenweite Initiativen. Der Dialog in der Industrie fördert die Akzeptanz und treibt die Entwicklung voran.

5. Einzigartige Herausforderungen: Im Gegensatz zu Pkw erfordern elektrische Lkw höhere Anfangsinvestitionen und eine Neugestaltung logistischer Prozesse. Ein direkter Austausch von Diesel-Lkw ist ineffizient – innovative Konzepte sind gefragt, um das Potenzial der Technologie voll auszuschöpfen.

Rose empfahl mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, um technische und wirtschaftliche Hürden zu überwinden. „Der Ausbau der Ladeinfrastruktur, eine engere Zusammenarbeit zwischen Industrie und Politik sowie transparente Kommunikation sind essenziell, um Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen. Auch sollten Hersteller, Logistikunternehmen und Regierungen enger zusammenarbeiten, um den Übergang zur elektrischen Mobilität zu unterstützen“, so Rose.

LCX Nexus: Die KI-Revolution im Ladungsträgermanagement

© Swap Innovations / Oliver Fendler
© Swap Innovations / Oliver Fendler

Die Logistikbranche steht vor enormen Herausforderungen: steigende Kosten, Fachkräftemangel, regulatorische Anforderungen und ineffiziente, oft analoge Prozesse. Mit LCX Nexus, einer intelligenten Weiterentwicklung der LETSSWAP24-Plattform, präsentierte Oliver Fendler, Co-Founder & CEO, Swap Innovations GmbH, eine innovative Lösung: Diese KI-gestützte Plattform automatisiert das Ladungsträgermanagement, optimiert Transportaufträge und eliminiert Tauschverpflichtungen. „Ein Meilenstein für die Branche“, so Fendler.

"Bis 2030 sollen bis zu 50 Prozent aller nicht zwingend erforderlichen Ladungsträgertransporte durch intelligentes, KI-gestütztes Clearing virtuell ausgeglichen werden."

Angesichts von 675 Millionen Euro-Paletten und 16 Milliarden jährlichen Transaktionen würden Qualitätsmängel, Verluste, überflüssige Lkw-Kilometer und hoher Verwaltungsaufwand enorme Kosten verursachen. LCX Nexus adressiere diese Probleme durch automatisierte Datenerfassung, Echtzeitanpassungen und die Fähigkeit, Guthaben und Schulden in Dreiecksbeziehungen virtuell auszugleichen. Fendler: „So werden unnötige Transporte, CO₂-Emissionen sowie Zeit- und Kostenaufwand drastisch reduziert. Bis 2030 sollen bis zu 50 Prozent aller nicht zwingend erforderlichen Ladungsträgertransporte durch intelligentes, KI-gestütztes Clearing virtuell ausgeglichen werden. Im Idealfall erfolgt dieser Ausgleich rein digital – etwa über intelligente Dreiecks- oder Mehrparteienverrechnungen innerhalb unseres virtuellen Tauschsystems. Was sich nicht virtuell verrechnen lässt, wird physisch ausgeglichen – konsolidiert, intelligent gesteuert und maximal effizient. Dazu nutzt LCX NEXUS ein angebundenes Transport- und Depotnetzwerk mit über 1.300 Standorten, das physische Ausgleiche nur dann ausführt, wenn sie wirklich notwendig sind.“

EU-Omnibus-Initiative: Weniger Bürokratie, mehr Wettbewerbsfähigkeit?

© Linklaters / Dr. Julia Grothaus
© Linklaters / Dr. Julia Grothaus

Die Omnibus-Initiative der EU-Kommission sorgt in Brüssel für viele Debatten. Angestoßen durch den Draghi-Bericht und die Budapest-Declaration, zielt sie darauf ab, die administrativen Belastungen für Unternehmen zu reduzieren und Europas Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. EU-Präsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, Berichtspflichten deutlich zu kürzen – um 25 Prozent für Unternehmen und 35 Prozent für KMUs.

"Die Initiative verspricht, Nachhaltigkeitspflichten klarer zu gestalten, sich an Investorenbedürfnissen auszurichten und kleineren Unternehmen Erleichterungen zu bieten."

Dr. Julia Grothaus, Partner bei Linklaters LLP, erklärte, dass zunächst Nachhaltigkeitsregelungen wie die Taxonomieverordnung, die CSRD (Berichtspflichten) und die CSDD (Sorgfaltspflichten zu Menschenrechten und Umwelt) im Fokus stünden. „Besonders die Verkehrs- und Transportbranche erwartet erhebliche Anforderungen. Die Initiative verspricht, Nachhaltigkeitspflichten klarer zu gestalten, sich an Investorenbedürfnissen auszurichten und kleineren Unternehmen Erleichterungen zu bieten. Zudem plant die Kommission Investitionserleichterungen und die Einführung einer neuen Unternehmensklasse für Small Mid-Caps.“

Grothaus zeigte die unterschiedlichen Auffassungen von Befürwortern und Kritikern auf. Während Befürworter eine drastische Deregulierung forderten, kritisierten andere eine zu schwache Betonung von Transparenz und Umsetzungshilfen. Der Gesetzgebungsprozess werde Monate dauern, und die genaue Ausgestaltung bleibe ungewiss. Klar ist für Grothaus: Die EU stehe vor einem Balanceakt zwischen Bürokratieabbau und nachhaltigem Fortschritt.