Wie der Luftverkehr in Deutschland wieder abheben kann

27.06.2025

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V. l.: Dr. Prümm, Dr. Maertens, Troff-Schaffarzyk, Dr. Ploß, Dr. van Hoorn (DVF)
V. l.: Dr. Prümm, Dr. Maertens, Troff-Schaffarzyk, Dr. Ploß, Dr. van Hoorn (DVF)

Der Luftfahrtstandort Deutschland braucht substanzielle, konkrete und schnelle Maßnahmen – das war der einhellige Tenor im DVF-Lenkungskreis Luftverkehr mit Blick auf die neue Legislaturperiode. Dr. Christoph Ploß MdB (CDU) und Anja Troff-Schaffarzyk MdB (SPD) haben in dem DVF-Gremium die Grundausrichtung des Koalitionsvertrags vorgestellt.

Die Frage, wie der Luftverkehrsstandort Deutschland gestärkt werden kann, bezeichnete Ploß als zentral. Dieser Punkt betreffe nicht alleine die Luftverkehrsunternehmen, sondern die gesamte deutsche Volkswirtschaft. „Die Bundesregierung ist entschlossen, das Fliegen an deutschen Flughäfen wieder wettbewerbsfähig zu machen. Neben der Senkung der Luftverkehrsteuer stehen weitere Gebührenentlastungen auf dem Plan. Das andere große Projekt sind nachhaltige Flugkraftstoffe.“ Ploß kündigte die finanzielle Förderung von SAF (Sustainable Aviation Fuels) und F&E an. Es gehe darum, SAF in relevanten Mengen bereitzustellen.

"Die Bundesregierung ist entschlossen, das Fliegen an deutschen Flughäfen wieder wettbewerbsfähig zu machen."

Dr. Christoph Ploß MdB

Troff-Schaffarzyk MdB (SPD) unterstrich ebenfalls die Bedeutung der Luftfahrt für den globalen Austausch und für die wirtschaftliche Entwicklung. "Die Branche macht bei der klimaneutralen Umgestaltung des Luftverkehrs Fortschritte. Die neue Regierungskoalition wird das Bundesimmissionsschutzgesetz hinsichtlich der SAF-Quote zügig EU-rechtskonform machen. Die entscheidende und bislang ungelöste Frage ist aber, wie die erforderlichen Investitionen in den Aufbau der PtL-Produktion ausgelöst werden können." Die Bundesregierung wolle in Zukunft die Hälfte der Einnahmen aus dem Luftfahrt-Emissionshandel für SAF verwenden.

"Die neue Regierungskoalition wird das Bundesimmissionsschutzgesetz hinsichtlich der SAF-Quote zügig EU-rechtskonform machen."

Anja Troff-Schaffarzyk MdB

Der Leiter des Lenkungskreises Dr. André Walter, Vorsitzender der Geschäftsführung Airbus GmbH und Airbus Aerostructures GmbH, begrüßte die Ausrichtung des Koalitionsvertrags. Allerdings müsse die Bundesregierung zügig die F&E-Förderung für die Luftfahrt konkretisieren. Die Luftfahrtindustrie benötige eine unverändert hohe strategische Priorität und klare Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung. Weitere Kernpunkte der Diskussion waren die hohe Standortkosten im deutschen Luftverkehr und die fehlende effektive Förderkulisse für SAF. Dr. Pierre Dominique Prümm, Vorstand Aviation und Infrastruktur der Fraport AG und wie André Walter Mitglied im DVF-Präsidium, bat um eine rasche und wirkungsvolle Umsetzung der Schritte, welche sich die Bundesregierung vorgenommen hat.

 

Rückstand bei Konnektivität aufholen

Quelle: DLR-Institut für Luftverkehr / Dr. Sven Maertens
Quelle: DLR-Institut für Luftverkehr / Dr. Sven Maertens

"Mit einer Absenkung der Standortkosten könnte die Zahl der hierzulande abfliegenden Passagiere aber nachweislich gesteigert werden.“

Der Konnektivitätsverlust deutscher Flughäfen wird durch neue Untersuchungsergebnisse erhärtet, die Dr. Sven Maertens, kommissarischer stellvertretender Direktor des DLR-Instituts für Luftverkehr, im Lenkungskreis vorgestellt hat: „Im innerdeutschen Luftverkehr hat sich die Zahl der Streckenpassagiere im Vergleich zu Vor-Corona halbiert. Zusätzlich zeigen sich deutliche Aufkommensrückgänge in etablierte westeuropäische Märkte wie die Schweiz, Österreich, Frankreich oder Großbritannien. Auffällig ist außerdem ein deutlicher Anstieg der staatlichen Standortkosten in Deutschland um rund 70 Prozent seit 2019.“ Das DLR kam zu dem Ergebnis, dass die Passagierlücke am Standort Deutschland von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. „Mit einer Absenkung der Standortkosten könnte die Zahl der hierzulande abfliegenden Passagiere aber nachweislich gesteigert werden“, erklärte Maertens. Durch die Zulassung von Marktmechanismen, mehr Innovationen und möglichst viel Prozesskontrolle in der Hand von Flughäfen und Airlines könnten weitere Effizienzpotenziale ausgeschöpft werden, beispielsweise im Bereich der Sicherheits- und Fluggastkontrollen.

Europäischer „Sustainable Transport Investment Plan"

Wirkungsvolle Förderinstrumente und Bürokratieabbau sind auch auf EU-Ebene für die Luftfahrt nötig. Dass der Markt für SAF noch nicht planmäßig funktioniert, sieht auch die Europäische Kommission. Eddy Liégeois, Leiter Luftverkehrspolitik bei DG MOVE, wies auf den Sustainable Transport Investment Plan der EU hin, der im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden soll. In Überlegung seien Maßnahmen, um Investitionen in die SAF-Produktion anzuschieben und die Preisdifferenz zu konventionellem Kerosin zu verringern. Der Lenkungskreis unterstrich, dass die Europäische Kommission auch das Thema „Carbon Leakage“ im Blick behalten müsse: Dem Klima ist nicht gedient, wenn Luftverkehrsaktivitäten in Deutschland oder Europa entfallen und die Transportnachfrage dann durch Drittstaaten mit höheren Emissionen befriedigt wird.