Das Neue Normal für die Logistik: Reboot mit Resilienz

Branchenforum COMMERZBANK und DVF „Reboot Logistics: Strategien aus der Krise“

Das Neue Normal für die Logistik: Reboot mit Resilienz

Berlin, 20. August 2020 – Beim gemeinsamen Branchenforum der Commerzbank und des Deutschen Verkehrsforums haben hochkarätige Experten darüber diskutiert, welche Strategien den Transport- und Logistiksektor aus der Corona-Krise helfen und ihn auf stabile Füße stellen.

DVF-Geschäftsführer Dr. Florian Eck sah eine politische Begleitung der Logistikwirtschaft weiterhin als notwendig an. Allerdings müssten kurzfristige Maßnahmen aus dem Konjunkturprogramm mit einer mittel- und langfristigen Zukunftssicherung gemeinsam gedacht werden: „Das neue Normal heißt Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld oder Ausnahmenregelungen zu verlängern und gleichzeitig entschlossen in die Grundlage unserer Wirtschaft zu investieren, nämlich in die Digitalisierung und Verkehrsinfrastruktur. Zudem brauchen wir zukünftig mehr Breitbandanschluss, Hardware-Updates, digitale Schnittstellen und eine moderne Verkehrsinfrastruktur auf der Schiene, Straße und am Wasser. Auch darauf muss das Konjunkturpaket zielen.“

Notwendig sei nach Ecks Worten eine konsequente Aufarbeitung der bisherigen Erfahrungen aus der Krise, um sich für die Zukunft zu wappnen. „Aus den vorliegenden Daten wie der Mautstatistik, aus Verkehrsinformationen und dem Außenhandel lässt sich genau ablesen, wie sich Erleichterungen, etwa einheitliche Regelungen für Sonn- und Feiertage oder die Anpassung der Ruhezeiten auf die Verkehrslage und die Logistikketten ausgewirkt haben. So kann man bewerten, welche Maßnahmen auf Dauer Sinn machen.“ Ebenso ließe sich ablesen, wie sich Logistikbeziehungen verändert haben.

Die gesamtwirtschaftliche Lage beurteilte Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank AG, so, dass man in Deutschland aufgrund der Lockerungen des Corona-Lockdowns eine reflexhaft starke Erholung der Wirtschaft wahrnehme. Diese steile Kuve flache sich seit Ende Juni allerdings ab. Zwar bestünde noch die Gefahr einer zweiten Corona-Welle, aber das müsse keine zweite Rezession nach sich ziehen, da man gelernt habe, mit der Pandemie umzugehen. Das zeige sich am Beispiel der USA. Nach Einschätzung von Krämer werde das Bruttoinlandsprodukt bis 2022 das Vorkrisen-Niveau erreichen.

Die Politik musste mit der Krise kreativ umgehen, erklärte Falko Mohrs MdB, Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Digitale Agenda des Deutschen Bundestags. Anfangs sei es wichtig gewesen, die Liquidität in den Unternehmen zu sichern. Laut Mohrs werde sich mit Corona die Transformation beschleunigen, wobei es auch Unternehmen geben werde, die diese Transformation nicht schaffen. Für die Politik sei es prioritär, die Wirtschaft zu befähigen, wieder selbständig durchzustarten.

Krämer meinte dazu, die Corona-Krise habe schon vorher vorhandene Probleme in bestimmten Wirtschaftszweigen schonungslos offengelegt. Auch beschleunige Corona die De-Globalisierung und den Protektionismus.

Die Investitionspläne der Politik seien hilfreich und zielführend, bestätigte Dr. Martina Niemann, Vorstand Finanzen und Controlling, DB Cargo AG. Aktuell rede man nicht vom Krisenmodus, sondern vom new normal. Man beboachte ein verändertes Verbraucherverhalten. Nun sei es die große Aufgabe, sich auf diese Verhaltensveränderung in der Logistik einzustellen.

Niemann weitete den Blick über die Pandemiekrise hinaus. Man dürfe nicht vergessen, dass es weiterhin größere Themen gebe, welche die Wirtschaft beeinflussten, beispielsweise den Klimawandel. Daher müsse man jetzt die Weichen richtig stellen hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft. So werde die europäische Politik dieses Thema weiter verschärfen: „Deutschland und Europa können die Umweltziele nur erreichen, wenn es uns mit vereinten Kräften und im engen Schulterschluss gelingt, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.“

Mohrs betonte an dieser Stelle, dass im Konjunkturpaket Finanzmittel zur Verfügung stünden, die eine Lenkungswirkung auf die übergeordneten Ziele wie Klimaschutz hätten. Es gehe um Strukturaufbau wie digitale Infrastruktur, auf die die Wirtschaft ihre Prozesse zukünftig verlässlich aufbauen könnten.

Volker Ratzmann, Executive Vice President, Corporate Public Policy and Regulation Management, Deutsche Post PDHL Group sagte, dass die Krise sehr deutlich gemacht hätte, welch hohe Bedeutung die Logistik habe. Auch Ratzmann beurteilte ähnlich wie Niemann, dass die Resilienz der Wirtschaft sich nicht nur auf die Pandemie beschränken dürfe, sondern die globalen Themen im Blick behalten sollte. Eine große Herausforderung sei die Umsetzung dieser Ziele in konkreten Projekten, beispielsweise die Umsetzung der Klimaschutzziele im Luftverkehr über die Einführung synthetischer Kraftstoffe. Der Bahn komme bei den Klimaschutzzielen eminente Bedeutung zu.

Die Krise habe Flixmobility dazu genutzt, die eigenen Strukturen effizienter zu gestalten, zumal das Unternehmen in den letzten Jahren extrem schnell gewachsen sei, so Arnd Schwierholz, CFO Flixmobility GmbH. Damit wolle man aus der Krise stärker hervorgehen. Grundsätzlich müssten Unternehmen ihre Geschäftsmodelle hinterfragen, selbst, wenn die Politik in der Krise zunächst schnell und gut geholfen habe. Es müsse eine wirtschaftlich tragende Anwort auf die Frage nach dem new normal gefunden werden. Beispielsweise müsse man auf Skalierbarkeit und Flexibilität achten, um auf verändertes Nachfrageverhalten reagieren zu können. Bei einem new normal könnten Neztwerke flexibel und schnell auf neue Anforderungen reagieren. Diese Netzwerke kämen zukünftig über Plattformen zusammen. Schwierholz betonte ebenso wie die übrigen Experten die Bedeutung der Lenkungswirkung der Corona-Finanzhilfen für die Ziele wie Nachhaltigkeit und Resilienz der Wirtschaft.