Planungsbeschleunigung braucht verbindlichen Redaktionsschluss

Verkehrspolitiker beim Lenkungskreis Infrastruktur

Berlin, 29.10.2020

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Berlin, 29. Oktober 2020 – Um schneller planen und bauen zu können, seien eine Stichtagsregelung und die frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung, erklärte Nikolaus Graf von Matuschka, CEO HOCHTIEF Solutions AG, Mitglied des Vorstands HOCHTIEF Aktiengesellschaft, beim DVF-Lenkungskreis Infrastruktur. „Die berechtigten Interessen der Stakeholder müssen so früh wie möglich identifiziert und berücksichtigt werden. Nach dieser Phase brauchen wir eine Art Redaktionsschluss und damit Rechtssicherheit. Solche Prozesse haben sich im Ausland bewährt und können die Umsetzung von Projekten enorm beschleunigen“, so Graf von Matuschka – auch mit Blick auf die Beratung des Investitionsbeschleunigungsgesetzes am heutigen Donnerstag, das vor dem Hintergrund des anhängigen EuGH-Verfahrens zur materiellen Präklusion auf entsprechende Regelungen verzichtet.

Die langen Planungs- und Bauzeiten für Verkehrsinfrastrukturprojekte in Deutschland bezeichnete auch Dr. Christoph Ploß MdB, Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, als inakzeptabel. „Die durchschnittliche Dauer bei Schienenbauprojekten beispielsweise beträgt sage und schreibe 20 Jahre. Um das zu ändern, haben wir bereits in dieser Legislaturperiode vier Planungsbeschleunigungsgesetze auf den Weg gebracht. Um diese zügig und effizient umzusetzen, brauchen wir insbesondere bei den Verwaltungsbehörden mehr personelle Kapazitäten und einen Digitalisierungsschub. Viele Genehmigungsverfahren werden derzeit noch in Papierform abgearbeitet. Weiteres Beschleunigungspotenzial bietet das Instrument der materiellen Präklusion, mit dem Einwände gegen ein Projekt bis zu einem festgelegten Stichtag vorgebracht werden müssen. Ziel muss es sein, die Belange der Betroffenen frühzeitig anzuhören, sinnvolle Vorschläge in die Planungsprozesse zu integrieren und gleichzeitig eine Klagekultur, wie sie heute mitunter zu beobachten ist, in der Zukunft zu vermeiden."

Mathias Stein MdB, Berichterstatter für das Thema Planungsbeschleunigung der SPD-Fraktion, betonte die Wichtigkeit einer frühen Bürgerbeteiligung zu Beginn eines Bauprojekts. Dies solle eine sichere Durchführung ermöglichen. „Ich bin überzeugt, dass wir vor allem mit einer frühzeitigen und qualitativ guten Einbindung der Betroffenen schneller zu einem Ergebnis kommen. Gerade unter dem Aspekt der Akzeptanz sehe ich das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz, bei dem das Parlament über ausgewählte Projekte entscheidet, eher kritisch. Statt verstärkt das parlamentarische Verfahren zu bemühen, muss es darum gehen, die Bürger zu überzeugen, Vertrauen aufzubauen und den Nutzen von Infrastrukturprojekten besser zu vermitteln: So können beispielsweise auch Maßnahmen im Straßenbau dem Umwelt- und Klimaschutz dienen.“ In Zeiten einer zunehmenden Politisierung von Infrastrukturmaßnahmen bedarf es dringend mehr Transparenz und guter Kommunikation, um das Image von Infratrukturmaßnahmen zu verbessern.

Matuschka sieht eine Bringschuld aller Beteiligten: „Mit den bereits vorgelegten Gesetzesinitiativen zur Planungsbeschleunigung verfügen wir bereits über einige Werkzeuge. Jetzt geht es darum, die vorhandenen neuen Möglichkeiten auszuschöpfen, zu testen und weiter zu verbessern.“

Hintergrund: Die Bundesregierung hat in der laufenden Legislaturperiode vier Gesetze zur Planungsbeschleunigung auf den Weg gebracht: Das erste Gesetz von 2018 sieht vor, die Planung von Straßen- und Schienenprojekten zu beschleunigen. Darin wurden Klagefristen verkürzt und bei bereits laufenden Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit geschaffen, vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Ausbau oder Neubau zu genehmigen. 2020 folgten bisher zwei Gesetze: Das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz sieht vor, dass ausgewählte Schienen- und Wasserstraßenprojekte beschleunigt geplant und vorbereitet werden sollen, bevor sie dann in einem Gesetzgebungsverfahren genehmigt werden, während mit dem dritten Gesetz die Planungsverfahren für Ersatzneubauten verschlankt werden  sollen.