Bund muss Weichen für Industriepolitik in der Logistik stellen

DVF-Forum auf der virtuellen Leitmesse transport logistic

Bund muss Weichen für Industriepolitik  in der Logistik stellen

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Berlin, 6. Mai 2021 – Die Logistik der Zukunft ist hochgradig automatisiert, vernetzt und handelt dank künstlicher Intelligenz vorausschauend. Dazu werden anonymisierte Bewegungsdaten aus der Mauterhebung das Güterverkehrsaufkommen zuverlässig voraussagen, Transportkapazitäten über Frachtplattformen verkehrsträgerübergreifend vermittelt, Informationen zum Zustand der Ware vom Versender bis zum Endkunden geteilt und Informationen der Zollabfertigung zwischen Behörden und Unternehmen digital ausgetauscht.

„Für ein solches Zukunftsszenario sind die Logistikunternehmen gut aufgestellt, benötigen aber die Unterstützung einer aktiven Industriepolitik seitens des Bundes“, so der Appell des DVF-Präsidiumsvorsitzenden Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner anlässlich des Messeforums auf der transport logistic vor rund 900 Zusehern und -hörern.

Die Logistik sei die Basis für die Versorgung und arbeitsteilige Wirtschaft, erklärte Klinkner weiter: „Der Bund muss die Weichen für eine Industriepolitik in der Logistik stellen, dann können Zukunftstrends zur breiten Anwendung in den Unternehmen kommen und damit die Logistik umwelt- und klimaschonender, zuverlässiger und als Arbeitgeber attraktiver machen.“ Dazu solle der Bund laut Klinkner den Digitalisierungsgrad der Logistikunternehmen durch ein De-minimis-Programm für Digitalisierung erhöhen, um kleinere Maßnahmen wie Schulungen, Schnittstellen und Vernetzungshardware unkompliziert zu fördern. Ebenso müssten nicht nur Unternehmen sondern auch Behörden den Datenaustausch über den eFTI-Standard vorantreiben. Bei der Automatisierung komme es darauf an, Testfelder national und grenzüberschreitend zu ermöglichen sowie dafür einen europäischen Rechtsrahmen zu schaffen. Als Grundlage für den Logistikstandort sei zudem der Ausbau des Mobilfunk- und Glasfasernetzes unerlässlich.

Vom Trend zur breiten Anwendung

Aus der täglichen Praxis heraus berichtete Dr. Klaus Dohrmann, Vice President Innovation Europe & Trend Research, DHL Customer Solutions & Innovation, Deutsche Post DHL Group, über technologische Trends, die bereits in seinem Unternehmen eingesetzt werden: „Zur Optimierung des Kerngeschäftes sowie der Kunden- und Mitarbeitererfahrung werden bereits heute Technologien vor allem aus den Bereichen Automatisierungs- und Robotiktechnologien, Internet der Dinge und Data Analytics umgesetzt.“ Diese Anwendungen würden sowohl die Qualität der logistischen Dienstleistungen erhöhen, als auch die Produktivität. „Darüber hinaus steigern wir damit auch die Nachhaltigkeit unserer Leistungen. Daneben sehen wir die ersten Anwendungen von Blockchain-Technologien und digitalen Zwillingen.“

Das reine Vorhandensein von Technologien und Daten reiche nicht, meinte Jan Kaumanns, CEO RIO | The Logistics Flow, vor allem in einer Welt, in der es keinen ‚safe space‘ für die Logistik gebe, siehe Corona-, Halbleiter- oder Suezkanal-Krise. „Nur wenn wir alle Spieler der Logistik, also auch die kleinen Speditionen, bei der Digitalisierung mitnehmen, werden wir als Branche erfolgreich sein.“

In Zukunft werde es mehr denn je darum gehen, durch die intelligente Verknüpfung von Daten ‚win-win-Situationen‘ zu schaffen – sowohl bei RIO als auch generell. „Daten müssen effizient, transparent und unter höchsten Sicherheitsstandards integriert und ausgetauscht werden, damit jeder Marktakteur profitiert. Nur im Netzwerk und gemeinsam werden wir das volle Potential von Data Economy heben, um Themen wie Klimaneutralität, Elektrifizierung und Automatisierung erfolgreich anzugehen“, so Kaumanns.

Auch Dohrmann zeigte sich überzeugt, dass die Megatrends wie Digitalisierung, e-commerce, Globalisierung und Nachhaltigkeit weiter wichtig und richtig sind. Und „Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass sich die Zeitspanne, in der neue Trends in der Praxis Anwendung finden, verkürzt hat. Nicht zuletzt durch die COVID-19 Pandemie hat sich diese Entwicklung für maßgebliche Trends in der Logistik noch beschleunigt. Zu nennen sind hier wiederum e-Commerce, aber auch Big Data Analytics, Robotertechnik und Automatisierung sowie das Internet der Dinge (IoT).“ Umso wichtiger sei es deshalb, frühzeitig neue Trends zu erkennen und ihre Anwendbarkeit für die Logistik zu untersuchen.

Zukunftstrend Kombinierter Verkehr (KV)

Der kombinierte Verkehr sei bereits heute ein Trend, der Schienengüterverkehr verzeichne hohe Wachstumsraten, sagte Dr. Hans-Jürgen Weidemann, Vorstandsvorsitzender CargoBeamer AG. „Für Trendthemen wie Fahrermangel, Digitalisierung von Aufträgen und natürlich klimaschonende Transportmöglichkeiten bieten wir die ideale Antwort und spüren vonseiten der Politik und unserer Kunden den Wunsch, Förderung und Angebot dieser Technologien weiter zu stärken.“

Ralf Jahncke, Geschäftsführender Gesellschafter TransCare GmbH hingegen glaubte, dass der KV im Prinzip darauf vorbereitet sei, die technologischen Trends der Zukunft zu implementieren, doch „allein mir fehlt der Glaube für den notwendigen Speed. Bahnmühlen mahlen langsam.“ Die aktuellen Trassenpreisrabatte auf der Schiene seien ein Tropfen auf den heißen Stein, denn man könne das Dreifache an Effizienz aus der Schiene herausholen, wenn die Blockabstände durch Digitalisierung verringert würden und damit mehr Züge auf dem Netz fahren könnten. Alles was sich auf der Schiene bewege, müsse miteinander kommunizieren können, forderte Jahncke. Die langfristige Resevierung der Trassenslots schon ein Jahr im Voraus sei ein riesiger Wettbewerbsnachteil. Das unterstrich auch Weidemann: „Man stelle sich vor, ein Lkw müsse ein Jahr im Voraus eine Fahrt auf einem Autobahnabschnitt vorbestellen.“

Weidemann sah dennoch ein großes Marktpotential für den KV: „Während heute drei Viertel der Güterverkehrsleistung auf der Straße mit Sattelaufliegern erbracht werden, nimmt deren Zahl weiter zu, obgleich die Fernstraßen bereits jetzt überlastet sind. Der Transport über die Schiene stellt hier den einzigen nachhaltigen Lösungsansatz dar. Weil jedoch rund 90 Prozent der existierenden Sattelauflieger nicht kranbar sind, braucht es neue Umschlagtechnologien, die hohe Durchsatzraten verzeichnen und alle Arten von Sattelaufliegern adressieren. Wir bei CargoBeamer setzen genau an diesem Punkt an und ermöglichen mit leistungsstarken Terminals diese so wichtige Vernetzung von Straße und Schiene.“