Förderung, Anreize und Regulierung für die Transformation im Verkehr
Verkehrsminister Dr. Wissing eröffnet 38. DVF-Mitgliederversammlung
29.04.2022
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- Wissing bezeichnet Klimaneutralität als zentrales Ziel der Bundesregierung und will Technologieoffenheit
- Neues Klimaschutzsofortprogramm im Sommer
- DVF-Präsident Klinkner plädiert für Nachbesserung im Verkehrsetat zur Bewältigung der Verkehrswende
Berlin, 29. April 2021 – Auf der 38. DVF-Mitgliederversammlung hat der Präsidiumsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner an den Bundesminister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing und die Bundestagsabgeordneten appelliert, die Transformation des Sektors engagiert voranzutreiben und im Bundeshaushalt abzusichern: „Nach zwei Jahren Corona und dem nun seit Wochen dauernden Ukraine-Krieg demonstriert der Verkehrssektor ein erstaunliches Maß an Krisenfestigkeit. Doch die Unsicherheiten und Belastungen für die Unternehmen sind enorm. Gerade auch deshalb gilt: Die Transformation des Verkehrssektors ist eine Zukunftsfrage für unser Land. Diesen Umbau zu vertagen, ist umweltpolitisch, aber auch industrie- und verkehrspolitisch keine Option.“
"Der Krieg in der Ukraine stellt uns alle vor enorme Herausforderungen. Gemeinsam konnten wir sehr schnell dafür sorgen, dass flüchtende Menschen aus der Ukraine von Polen nach Deutschland befördert werden können. Das Engagement und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind enorm. Gleichzeitig führt uns der Krieg vor Augen, dass wir die Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten so schnell wie möglich reduzieren müssen. Damit komme ich zu einem unserer zentralen Ziele, das jetzt wichtiger geworden ist denn je: Deutschland muss klimaneutral werden - und der Verkehrssektor wird entscheidend dazu betragen", erklärte Minister Dr. Volker Wissing eingangs.
Der Verkehrsminister unterstrich mit einem klaren Votum für die Transformation des Verkehrssektors, dass das zentrale Ziel der Bundesregierung die Klimaneutralität bis 2045 sei. Es müsse ein Umstieg auf klimaneutrale Antriebe vollzogen werden, sei es beim Pkw, Lkw oder im Luft- und Schiffsverkehr. Der Minister betonte, dass Technologieoffenheit bei der Verkehrstransformation wichtig sei. Man müsse das vorhandene Spektrum der Technologien so nutzen, dass es am sinnvollsten eingesetzt und kombiniert werde.
Laut Wissing erarbeitet die Bundesregierung ein umfassendes Klimaschutzsofortprogramm mit Maßnahmenvorschlägen auch aus dem Verkehrsministerium, welches im Sommer 2022 vom Kabinett beschlossen werden soll. Die Maßnahmen setzten sich aus Förderung, steuerlichen Anreizen und Regulierung zusammen. Beispiele seien die Förderung von E-Bussen, Beimischungsquoten für synthetische Kraftstoffe beim Flugbenzin, oder die Versorgung der Schifffahrt mit Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen.
DVF-Präsident Klinkner begrüßte den Investitionshochlauf im Bundeshaushalt 2022, die Bereitstellung von 200 Milliarden Euro bis 2026 für die Energie-, Verkehrs- und Industriewende, die Planungs- und Baubeschleunigung und das sogenannte „Osterpaket“. Dennoch müsse nachgebessert werden. So plane der Bund für die Digitalisierung der Schiene in diesem Jahr lediglich 580 Millionen Euro ein – der Bedarf betrage jedoch 1,9 Milliarden jährlich und linear bis 2035. Auch die realen Baukostensteigerungen würden im Haushaltsentwurf bei weitem nicht ausgeglichen und speziell bei den Straßen- und Eisenbahnbrücken klaffe eine beträchtliche Lücke. Bei den Fördermitteln für die Antriebsumstellung im Straßengüterverkehr, für neue Kraftstoffe und saubere Flugzeuge sei netto ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, trotz der großen Aufgaben, die in diesen Bereichen anstehen.
„Umfangreiche Investitionsmittel sind zentrale Voraussetzung für Planungssicherheit in der Verkehrsinfrastruktur. Mit dem Rekord-Verkehrsaushalt 2021 haben wir in der letzten Legislaturperiode die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, damit unsere Verkehrsinfrastruktur erhalten, ertüchtigt und erweitert werden kann. Aufgabe der Bundesregierung ist es nun, dass der Haushalt des Bundesverkehrsministeriums auch weiterhin diesem Anspruch genügt. Da ist das, was die Ampel bislang vorgelegt hat noch verbesserungsfähig“, so die Bewertung von Michael Donth MdB, Mitglied im Verkehrsausschuss, CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.
Stefan Gelbhaar MdB, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag nahm nochmal die Klimaziele ins Visier: „Die Verlagerung von Straßenverkehr auf die Schiene und die Beschleunigung der Einführung der Digitalen Automatischen Kupplung sind im Koalitionsvertrag vereinbart. Die Klimaziele erfordern ambitionierte Maßnahmen und schnelles Handeln. Ich bin zuversichtlich, dass mit konsequenten Digitalisierungsschritten hier ein Beitrag geleistet werden kann. Die Digitale Automatische Kupplung ist dabei ein eindrückliches Beispiel. Entscheidend für eine erfolgreiche Einführung ist die gemeinsame europäische Abstimmung. Der Verkehrsminister kann hier in einem innovativen Projekt eine Führungsrolle in Europa übernehmen.“ Gelbhaar forderte jedoch auch, angesichts der enger werdenden finanziellen Spielräume über den Abbau klimaschädlicher Subventionen zu sprechen, konkret etwa über die Dieselbesteuerung oder die Dienstwagenbesteuerung.
Digitalisierung schneller vorantreiben
Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag Bernd Reuther MdB forderte schlanke digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr habe die dafür notwenigen Maßnahmen und Projekte bereits angestoßen:
„Gegenwärtig wird die Gigabitstrategie erarbeitet und soll noch im ersten Halbjahr vorgelegt werden. Wir sorgen für Tempo beim Infrastrukturausbau durch schlanke digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren, Normierung alternativer Verlegetechniken und Aufbau eines bundesweiten Gigabit-Grundbuchs. Wir wollen die Förderung ganzer Cluster in den Fokus rücken und Markterkundungsverfahren schneller und verbindlicher machen“, beschrieb Dorothee Martin MdB, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, die Maßnahmen der Bundesregierung.
Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung für Infrastrukturvorhaben
Hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur machte sich die SPD-Politikerin für eine weiterhin hohe Investitionslinie stark: „Wir werden künftig noch mehr Mittel brauchen, um die Kapazitäten im Schienenverkehr zu erhöhen und so zur Verkehrsverlagerung beizutragen. Im Bereich der Straße ist die Nutzerfinanzierung zu einem wesentlichen Teil der finanziellen Untermauerung der Verkehrsprojekte geworden. Die überjährige Bereitstellung von Geldern wird dabei immer wichtiger, wie aktuell bei der Vereinbarung mit Der Autobahn GmbH zur Brückensanierung. Eine Fondslösung wie in der Schweiz ist dabei nicht erforderlich, auch wenn die Verwendung umfangreicher Mittel aus der Energiesteuer für die Verkehrsinfrastruktur natürlich attraktiv wäre. Grundsätzlich spricht das aber nicht gegen die generelle Nutzung von Fondslösungen bei der Klima- und Transformationspolitik, wie das Wirtschaftsministerium sie z. B. verfolgt.“
Besonders die Sanierung und der Neubau der zahlreichen maroden Brücken und Wasserstraßen in Deutschland seien wichtig sowie der Ausbau der Ladeinfrastruktur, meinte Reuther. „Diese Ziele forciert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit Hochdruck.“
Der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag Thomas Lutze MdB mahnte an, mehr Güter vom Lkw auf die Schiene zu verlagern, da schwere Lkw die Brücken und Verkehrswege extrem belasten und verschleißen würden. Dafür brauche man höhere Investitionen. Hinsichtlich der Beschleunigung von Planung und Genehmigung müsse die Politik glaubwürdiger kommunizieren, für welche Projekte tatsächlich mehr Bürgerbeteiligung nötig sei und wo nicht.
Für Donth war im Rahmen einer Gesamtstrategie für Erhalt und Bau der Verkehrsinfrastruktur des Bundes neben der Planungssicherheit und -beschleunigung die verlässliche Finanzierung der Infrastrukturprojekte unabdingbar: „Die Umsetzung der Projekte im Bundesverkehrswegeplan 2030 mit den Verkehrsinvestitionen in Höhe von über 270 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 sorgt bereits für Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Dazu trägt auch die Übertragbarkeit der Mittel bei, deshalb braucht es keinen Fonds außerhalb des Haushalts.“