Matuschka fordert klares Bekenntnis des Bundes zu Zukunftsinvestitionen in Infrastrukturen
Jahresauftaktveranstaltung Zukunftsinvestitionen solide finanzieren
17.01.2023
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- Wirtschaft benötigt verbindliche öffentliche Investitionen, um Baukapazitäten zu schaffen, sonst droht Rückzug vom Standort Deutschland
- Bisherige Finanzplanung des Bundes verzögert Transformation des Verkehrssektors und damit Erreichung der Klimaziele
- Der Bund muss die Wirtschaft als starken Partner bei der Verkehrs-, Digital- und Energiewende nutzen.
Berlin, 17. Januar 2023 – Bei der DVF-Jahresauftaktveranstaltung warnte Nikolaus Graf von Matuschka, Mitglied des Vorstandes Hochtief AG, DVF-Präsidiumsmitglied, vor weiteren unverbindlichen und zu geringen Investitionsvolumen seitens des Bundes für die Verkehrs- Digital- und Energiewende: „Verkehrswege, Digitalisierung, Glasfaser, Mobilfunk, Wasserstoff, Energieversorgung und Ladenetze sind unverzichtbare Bausteine für die Zukunft unseres Landes und unserer Gesellschaft. Unsere Volkswirtschaft steht auf dem Spiel, wenn die nötigen Investitionen hierfür vernachlässigt werden. Es ist offensichtlich, dass die Investitionen nicht nachlassen dürfen und die Finanzierungssystematik des Bundes geändert werden muss. Dafür ist ein erkennbarer politischer Wille notwendig!“
Matuschka betonte, dass verbindliche, langfristige öffentliche Investitionslinien, Förderstrukturen und der regulatorische Rahmen dafür sorgten, dass Unternehmen Personal einstellen, Maschinenparks anschaffen und Flotten umrüsten. Der Blick auf die Finanzplanung des Bundes offenbare jedoch, dass auch im Jahr 2023 die Investitionen nicht wesentlich steigen würden. Es fehle aktuell an Planungssicherheit, wann es mit dem Brückenprogramm, der Ertüchtigung der Schienenwege und Wasserstraßen, der Digitalisierung oder der Ladeinfrastruktur endlich losgehe. Weil es über Details zur Planungsbeschleunigung keine Einigkeit gebe, stehe das Gesetzgebungsverfahren dazu still, beklagte Matuschka. Entgegen der Koalitionsvereinbarung würden damit die dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen weiter verzögert.
Der Hochtief-Vorstand schlug daher vor, für alle Verkehrsträger und bei der Digitalisierung ein Fondsmodell nach dem Vorbild der Schweiz einzuführen. Zudem verwies er auf andere Länder, in denen die Wirtschaft als starker Partner der öffentlichen Hand den Transformationsprozess umsetze. Dies müsse auch in Deutschland möglich werden. So könne beispielsweise über Kooperationsmodelle mit der Wirtschaft die Schnelligkeit und eine langfristig gesicherte Qualität über den Lebenszyklus der Infrastruktur oder Anlage gesichert werden.
Auch Markus Holzke, Geschäftsführer, SPIE Deutschland & Zentraleuropa GmbH, sah die Handlungssicherheit für Unternehmen gefährdet und forderte eine stärkere Umsetzungsorientierung. „Die Mobilitätswende braucht vor allem Geschwindigkeit in der Umsetzung. Dafür sind eine stärkere Umsetzungsorientierung und eine intensivere Form der Zusammenarbeit nötig. Wir sind überzeugt, dass Projekte schneller realisiert werden können, wenn Umsetzungsexperten bereits in die Planung öffentlicher Ausschreibungen involviert werden und schon am Anfang wichtige Fragen der Umsetzung geklärt werden. Experten können so wichtige Impulse zu Leistungsbestandteilen, möglichen Technologien und Finanzierung geben.“
Mehr Finanzmittel für Infrastruktur ab 2024
Man könne mit einer höheren Finanzausstattung für die Infrastruktur ab dem Jahr 2024 rechnen, kündigte der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr Oliver Luksic MdB an. „Die Inflation belastet natürlich Erhalt und Neubau. Nichtsdestotrotz sind wir mit dem Haushalt insgesamt gut aufgestellt und schaffen langfristige Planungssicherheit für leistungsstarke Infrastruktur. Dafür setzen wir auf alle effizienten Mittel, von BIM für Planung und Bau über den Ansatz der Generalsanierung von Hochleistungskorridoren, den Deutschlandtakt bis zur angedachten Finanzierungsvereinbarung für die Autobahnen.“ Insgesamt wolle man die Kosten und Geschwindigkeit beim Bau von Verkehrsinfrastruktur durch mehr Digitalisierung, schlankere Prozesse und Priorisierung angehen.
Dazu Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung, Die Autobahn GmbH des Bundes: „Die Investitionen waren in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht ausreichend. Im vergangenen Jahr wurde jedoch so viel in die Autobahninfrastruktur investiert wie noch nie. Mit 5,4 Milliarden Euro hat die Autobahn GmbH eine Rekordsumme erzielt. Es kommt jetzt darauf an, dass die Vereinfachung der Planungsfeststellung, die das Bundesverkehrsministerium vorgeschlagen hat, umgesetzt wird.“
Zu den wichtigen Maßnahmen für mehr Geschwindigkeit bei der Ertüchtigung der Netze zählte Christian Kühn MdB, parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, die Stärkung des Personals in den Behörden, mehr Digitalisierung und eine schnellere Vergabe. Das LNG-Beschleunigungsgesetz sei ein Sonderfall und lasse sich nicht verallgemeinern. „Allerdings sind neben dem Rechtsrahmen eine Reihe von anderen Erfolgsfaktoren entscheidend: Priorisierung in den zuständigen Behörden, gut ausgebildete Bearbeiterinnen und Bearbeiter, gute Datenlage, vereinfachte Vergaberegeln, ausreichend finanzielle Mittel, eine sehr gute Kommunikation der Akteure untereinander und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz.“ Kühn betonte, dass es kein „Mastergesetz“ zur Beschleunigung geben könne. Man müsse in den einzelnen Bereichen genau prüfen, wo die Regelungshemmnisse lägen. Kühn glaube nicht, dass es gelingen und etwas bringen werde, alles zu beschleunigen. Deshalb solle man in dieser Wahlperiode nur einzelne Projekte beschleunigen. Zudem bedürfe es einer neuen Priorisierung nach der Reihenfolge Sanierung, Ersatz, Neubau.
Keine Zeit für Tippelschritte
Dr. Christiane Kappes, Partnerin, CMS Hasche Sigle, forderte in Richtung Umweltministerium, Verfahren durch eine Stichtagsregelung zu beschleunigen, dies sei kurzfristig als erster Reformschritt machbar und wirkungsvoll. Sie widersprach Kühn darin, Einzelthemen abzuarbeiten und warnte davor, weiterhin nur mit Tippelschritten voranzugehen und einzelne Infrastrukturbereiche gegenüber anderen zu priorisieren. „Für den großen Wurf muss sich der Gesetzgeber an die inhaltlichen Anforderungen des materiellen Rechts heranwagen und das Umweltrecht wieder handhabbar machen. Neben der dringend notwendigen Anpassung der europäischen Richtlinien liegt auf nationaler Ebene echtes Beschleunigungspotential in der Einführung gesetzlicher Stichtagsregelungen im Hinblick auf die Daten- und Methodenaktualität bei Umweltuntersuchungen und in der Standardisierung fachlicher Anforderungen. Auch mit einer verfassungskonformen Rücknahme der gerichtlichen Kontrolldichte wäre einiges gewonnen.“
Zu alt und zu störanfällig
Jahrzehnte wurde das Schienennetz auf Verschleiß gefahren, so Berthold Huber, Vorstand Infrastruktur, Deutsche Bahn AG. Jetzt sei das Schienennetz dem hohen Verkehrsaufkommen kaum noch gewachsen. „Es ist schlicht zu knapp, zu alt und zu störanfällig! Um hier kurzfristig Verbesserungen erzielen zu können, muss vor allem das bestehende Netz in hohem Tempo erneuert und in seiner Kapazität erweitert werden.“ Dazu könnten die Ende vergangenen Jahres an Verkehrsminister Wissing übergebenen Ergebnisse der Beschleunigungskommission Schiene einen überaus wertvollen Beitrag leisten. „Aber auch Neu- und Ausbauprojekte brauchen von der Planung bis zur Realisierung häufig über 30 Jahre und damit viel zu lang. Auch hier ist deutlich mehr Tempo nötig, wenn wir die gesteckten Ziele der Verkehrswende nicht aus den Augen verlieren wollen!“
Luksic wies mit Blick auf andere Länder darauf hin, dass etwa in manchen Bereichen die Schweiz in der Vergangenheit mehr fokussiert habe. „Schnelle Prozesse bei Tunnelbauten sind da ein beliebtes Beispiel. Andererseits sind wir nun gezielt dabei durch Planungsbeschleunigung, Digitalisierung und effizientere Prozesse die Rahmenbedingungen unserer Infrastruktur nachhaltig zu verbessern.“
Dass in Digitalisierung und Standardisierung viel Effizienzgewinn stecke, bestätigte Krenz: „Wir bauen effizienter und optimieren gleichzeitig die Verkehrsflüsse rund um die Baustellen. Denn Technik, Normen und Baustellenkoordination nach einheitlichen Standards festzulegen, spart Kosten und Zeit. Zudem investieren wir in die Verkehrssteuerung, um die vorhandenen Kapazitäten wirksamer zu nutzen. Dabei setzen wir insbesondere auf digitale Techniken.“