Van Hoorn: „Spagat zwischen Datenschatz und Datenschutz muss gelingen“

Veranstaltung „EU-Data Act und Mobilitätsdatengesetz: Gamechanger für den Verkehrssektor?“

Van Hoorn: „Spagat zwischen Datenschatz und Datenschutz muss gelingen“

Link zur Bildergalerie

Link zum Podcast

Link zum Impulsvortrag Parl. Staatsekretärin Kluckert MdB

Berlin, 4. Juli 2023 – DVF-Geschäftsführerin Dr. Heike van Hoorn hat bei der DVF-Veranstaltung an Berlin und Brüssel appelliert, bei der Gesetzgebung zum EU-Data Act und dem Mobilitätsdatengesetz Mehrfachregulierungen zu vermeiden, klare Zuständigkeiten zu benennen und die Verpflichtung zur Datenfreigabe mit dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu vereinen. „Bei der Regulierung muss für die Mobilitätsbranche der Spagat zwischen der Hebung des Datenschatzes und der Wahrung des Datenschutzes gelingen. Das Datenteilen soll schließlich ein Innovationsanreiz in Deutschland und Europa auch im Hinblick auf die globalen Datenriesen werden. Deshalb ist eine wirksame Absicherung der Zugriffsrechte unter dem Schutz des geistigen Eigentums von existenzieller Bedeutung. Doch mit einer fairen Datenfreigabe können neue nutzerfreundliche Angebote geschaffen und neue Wertschöpfungen aufgesetzt werden. Jeder Datennehmer wird künftig auch zum Datengeber.“

Daniela Kluckert MdB, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr sagte: „Ich bin überzeugt, dass der EU Data Act im Bereich Datenökonomie und Datenpolitik ein wirklicher Gamechanger ist und das in vielerlei Hinsicht: Unternehmen und Nutzer erhalten Zugang zu Daten, die bei der Nutzung eines erworbenen, vernetzten Produkts generiert werden. Anschließend können diese Daten auch einem Dritten für Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden. Diese Entwicklung eröffnet ganz neue Chancen und pusht branchenübergreifend After-Märkte, wovon auch der Verkehrssektor bedeutend profitieren wird.“

Auch aus Unternehmenssicht können sich Chancen ergeben. Meike van’t Hoen, Director Global Product Management, Knorr-Bremse AG: „Schlüsselressource für den Erfolg sind aus Unternehmenssicht Daten und deren Verschränkung. So können neue, innovative Mehrwertdienste geschaffen werden. Der EU Data Act ermöglicht einen Datenaustausch. Jedoch muss dieser sicher sein und dem Dateneigentümer/-besitzer die Beibehaltung der Datensouveränität erlauben.“ Neben den Chancen sah van’t Hoen auch noch Defizite und Risiken im Entwurf. „Für mich wären die Datenrechtsordnungen ein Erfolg, wenn diese widerspruchsfrei, klar und eindeutig formuliert sind. Die größte Unsicherheit für Industrieunternehmen ist sicherlich der Schutz von bestehenden „Intellectual property rights“ welche die gewünschte Innovationskraft durch den Datenaustausch hemmen könnte.“

Es wird Konflikte geben

Kritisch blickte Prof. Dr. Axel Metzger, LL.M. (Harvard), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Immaterialgüterrecht, insbesondere Gewerblicher Rechtsschutz, Humboldt-Universität zu Berlin, auf die juristische Ausgestaltung des EU-Data Act und dessen Konsequenzen für die Unternehmen: „Der grundlegende Ansatz, den Nutzern von Maschinen Zugang zu den von ihnen generierten Daten zu gewähren, ist richtig. Die konkrete Ausgestaltung im Data Act ist aber in verschiedener Hinsicht unzureichend. Die Vertragsfreiheit zwischen Dateninhabern und Nutzern wird stärker eingeschränkt als erforderlich, die technische Durchführung ist ungenügend geregelt, Konflikte mit dem Datenschutz sind unvermeidlich.“

Auch seien laut Metzger Konflikte zwischen dem Data Act und der DSGVO vorprogrammiert. „Viele der vom Data Act erfassten Daten sind personenbezogene Daten, jedenfalls wenn man die weite Begriffsbestimmung der Datenschutzbehörden zugrundelegt. Dem Gesetzgeber fehlt offenbar der Mut, die für eine sinnvolle Regelung des Datenzugangs erforderlichen Nachjustierungen in der DSGVO vorzunehmen, insbesondere hinsichtlich der Definition der personenbezogenen Daten und den Voraussetzungen einer Anonymisierung.“

Das sah Dr. Reinhard Brandl MdB, Digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ähnlich. Zwischen dem EU-Data Act, der die Datenschöpfung incentiviere und der DSGVO, die personebezogene Daten schütze, liege ein großes Konfliktpotenzial. Denn die Abgrenzung dieser beiden Gesetze sei nicht ausreichend geregelt. Grundsätzlich aber begrüßte Brandl den EU-Data Act, weil dadurch weitere Geschäftsfelder und Wertschöpfung aus Maschinendaten generiert werden könnten.

Unternehmen müssen sich gezielt vorbereiten

Um Daten wirklich wertschöpfend zu nutzen, müssten Unternehmen eine geeignete und leistungsfähige Dateninfrastruktur bereitstellen, beschrieb Christophe Mostert, Managing Partner, M2P Consulting GmbH, die Grundlagen zum Datenteilen. Davon seien viele Unternehmen heute sowohl technisch als auch prozessual noch weit entfernt. „Um sich auf die Zukunft vorzubereiten, müssten sich Unternehmen gezielter auf den Aspekt der Datenbeschaffung, Vorhaltung und Nutzung vorbereiten. Im Kontext der neuen Gesetzgebung müssten die Unternehmen im ersten Schritt alle Punkte in den eigenen Prozessen kennen, an denen Daten durch eingesetzte IoT-Sensorik entstehen. Auf dieser Basis müsste man gezielt auf die Hersteller zugehen und die Nutzbarkeit dieser Daten klären und den Zugang umsetzen“, so Mostert.

„Mit dem Blick auf die durch Datentausch möglichen Innovationen und Geschäftsfelder werden die Vorteile überwiegen“, sagte Stefan Gelbhaar MdB, Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen und sah auch die Unternehmen in der Pflicht: „Die Chancen wie auch Risiken im eigenen Geschäftsfeld zu analysieren und zur Grundlage eigener unternehmerischer Entscheidungen zu machen, ist tagtägliches Brot der Unternehmen. Jetzt gilt es, dies auch mit besonderer Betrachtung von Daten und Datenrecht vorzunehmen."