Mobilität für Deutschland - Pressespiegel

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Scharfe Kritik an Wissings Verkehrsprognose

Die gleitende Langfrist-Verkehrsprognose sorgt weiterhin für großen Unmut bei den Bahnverbänden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hatte die Studie in Auftrag gegeben hat und Minister Volker Wissing daraus erste Schlüsse gezogen (siehe DVZ-Artikel Studie des BMDV: Lkw hängt die Bahn beim Verkehrswachstum ab).

Die Allianz pro Schiene hält Wissing vor, ein „fatalistischer Minister ohne verkehrspolitischen Gestaltungsanspruch“ zu sein. „Prognosen sind keine Fakten. Wer sich als Minister hinter Prognosen versteckt, um den überfälligen Wandel in der Verkehrspolitik auszusitzen, hat ein problematisches Berufsverständnis“, kritisierte Martin Burkert, Vorsitzender der Allianz pro Schiene.

Laut der Studie sollen die Güterverkehrsleistungen zwischen 2019 und 2051 um 46 Prozent in die Höhe schießen. Der Lkw legt dabei um 54 Prozent zu, die Güterbahnen um 33 Prozent und die Binnenschifffahrt stagniert. Für den Modal Split bedeutet das: Der Lkw schraubt seinen Anteil von 73 Prozent auf 77,5 Prozent. Die Bahn verliert an Bedeutung und kommt nur noch auf 17,3 Prozent nach 19 Prozent. Die Binnenschifffahrt sackt von 8 Prozent auf 5,2 Prozent ab. (...)

Ein Alternativszenario soll die aktuelle Prognose ergänzen

Kritik, aber auch Lob gab es vom Deutschen Verkehrsforum (DVF): „Die Struktur der neuen gleitenden Langfristprognose des BMDV ist zu begrüßen, da sie nicht mehr von einem einzigen Zieljahr ausgeht, sondern die Verkehrsprognose jeweils 15, 20, 25 und 30 Jahre fortgeschrieben wird“, sagte Florian Eck, Geschäftsführer des DVF gegenüber der DVZ. Er kritisierte, dass laut den Annahmen des Szenarios alle vordringlichen Infrastrukturvorhaben des Bundesverkehrswegeplanes umgesetzt sein sollen, ebenso wie weitere Großprojekte wie Deutschlandtakt und ETCS. „Es fehlt ein Alternativszenario, das die Realität mit Verzögerungen, Baustellen und Finanzmangel abbildet“, sagte er. Laut Eck würden die Gutachter ein Szenario „Alternativer Weg“ in Aussicht stellen. „Es wäre hilfreich, wenn es bereits jetzt vorliegen würde“, so der Verkehrsexperte.

Dass die Straße der dominante Verkehrsträger bleibe, sei angesichts der hohen Verfügbarkeit in der Fläche auch nachvollziehbar. „Nicht nachvollziehbar ist beispielsweise der angenommene Bedeutungsverlust des Seehafenhinterlandverkehrs oder die geringe Akzeptanz des ÖPNV in der Fläche“, lautete seine Kritik. Hier gehe die Prognose faktisch von einem Scheitern der Hafenpolitik und Nahverkehrspolitik des Bundes und der Länder aus.