Mobilität für Deutschland - Pressespiegel

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Infrastruktur: Mutiger Kümmerer gesucht

Artikel von Dr. Florian Eck, Geschäftsführer Deutsches Verkehrsforum - Der Güterverkehr soll auch in Zukunft kräftig wachsen, so die Langfristprognose des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV): Die transportierte Gütermenge nimmt bis 2051 um 30 Prozent auf nahezu 5,7 Milliarden Tonnen zu, die Güterverkehrsleistung um 46 Prozent. Betrachtet man den aktuellen Zustand der Verkehrsinfrastruktur, so ist unklar, wo dieses Wachstum an Tonnage transportiert werden kann. Neuralgische Punkte sind Brücken, Verkehrsknotenpunkte und Schleusen. Aktuell sind laut Brückenzustandsbericht 2.388 (4,55 Prozent) der Brücken im Verlauf von Bundesfernstraßen in einem schlechten Zustand. Nach dem neuen Traglastindex ist die kritische Masse noch viel größer. Bei den Bundeschienenwegen steht für 1.089 Brücken (4,2 Prozent) die Erneuerung an, bei weiteren 7.531 Brücken (29,3 Prozent) ist dies zu prüfen. Hinzu kommen ersatzbedürftige Stellwerke, überalterte oder zu kleine Schleusen und unterspülte Böschungen wie beim Nord-Ostsee-Kanal.

Logistik braucht Resilienz und Redundanz

Bei jeder Baustelle und Störung oder auch bei Niedrigwasser in schiffbaren Flüssen wird zudem deutlich, dass weder Straße noch Schiene noch Binnenschifffahrt ausreichende Redundanzen bieten. An vielen Stellen fehlen Umschlagmöglichkeiten, Ausweichstrecken und tragfähige Brücken. Erschwerend kommt hinzu, dass bei allen Planungen von Netzerweiterungen und Ersatzbauten der Klimawandel und die notwendige Resilienz des Netzes nicht eingeplant und schon gar nicht eingepreist sind.

Eine moderne, nachhaltige Logistik braucht neben Verkehrswegen zudem leistungsfähige Digitalnetze am Standort und mobil sowie eine ausreichende Verfügbarkeit von Ladestrom und nachhaltigen Kraftstoffen. Auch hier besteht Nachholbedarf: Die EU-Kommission sieht Deutschland nur auf Platz 13 ihres Digitalisierungsindexes. (...)

Logistik kann Zukunft. Kann Politik Logistik?

Politik und Branche sind nicht planlos unterwegs. In den vergangenen Jahren hat sich die Logistik gemeinsam mit anderen Branchen aktiv in Expertenkommissionen engagiert. Die Ergebnisse liegen als Aktionspläne vor. Was fehlt, ist der politische Mut, diese Ergebnisse miteinander zu vernetzen, in Verantwortungsbereiche zu unterteilen, die Maßnahmenpakete zu finanzieren und in die Umsetzung zu bringen. Und dafür einen Kümmerer zu benennen, der den Prozess über alle politischen Ressorts hinweg auf Kanzleramtsaugenhöhe steuert.

Deutschland hat mit den Begriffen „Mittelstand“, „Autobahn“ und „Verkehrswende“ den internationalen Sprachschatz positiv geprägt. Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass das „Deutschland-Tempo“ nicht zum Unwort wird.