In Zukunft elektrisch? Strategien für den e-Bus zwischen Klimaschutz und Spardiktat

Dr. Rolf Erfurt, Vorstand Betrieb, Berliner Verkehrsbetriebe BVG AöR
Dr. Rolf Erfurt, Vorstand Betrieb, Berliner Verkehrsbetriebe BVG AöR

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Dr. Zieschang,

meine Damen und Herren,

auch im Namen meiner Präsidiumskollegen beim Deutschen Verkehrsforum begrüße ich Sie herzlich zu unserem Diskussionsforum „Strategien für den e-Bus“.

Wir wären eigentlich heute mit diesem Forum auf der Messe Innotrans gewesen. Diese wurde ja coronabedingt verschoben. Ganz im Sinne einer Preview, einer Vorschau, sind wir darum heute über einen Livestream mit der Welt verbunden.

Meine Damen und Herren,

die Covid19-Krise hinterlässt bei allen Verkehrsunternehmen zum Teil schwerwiegende Einnahmeverluste Und immer noch nutzen weniger Menschen den ÖPNV als vor der Krise. Um die Auswirkungen der Krise abzufedern, haben Bund, Länder und Gemeinden Sonderprogramme aufgelegt, halten die Unternehmen liquide, sichern Arbeitsplätze und kurbeln die Konjunktur an.

Was sich in den vergangenen Monaten gezeigt hat, ist das bleibende Bekenntnis der Bundesregierung und Europas zum Klimaschutz – trotz der Krise und trotz der wegbrechenden öffentlichen Einnahmen.

Und das ist richtig so: Die Klimaschutzziele werden von der Branche unterstützt. Eine langwierige Diskussion um eine Abschwächung der Ziele würde ein Hinausschieben dringender Investitionsentscheidungen mit sich bringen und es würde schwieriger werden, die Ziele bis 2030 zu erfüllen und den langfristigen Pfad bis 2050 aufrecht zu erhalten.

Der ÖPNV wird seine Rolle für den Klimaschutz erfüllen. Obwohl er schon heute einen effektiven Beitrag leistet, kann er eine noch größere Rolle übernehmen. Wichtig dabei sind jedoch größere Bündelungseffekte gegenüber dem Individualverkehr, wichtig ist aber auch die Umstellung der Busflotte auf CO2-neutrale Antriebe.

Darum hat sich die BVG das Ziel zur Flottenumstellung auf 100% alternative Antriebe bis 2030 gesetzt. Es muss aber auch klar sein, dass diese Umstellung eine deutliche Zusatzbelastung für die Verkehrsunternehmen darstellt.

Stand heute erwarten die Branche hohe Umstellungskosten:

  • Die Fahrzeuge sind – da der Markthochlauf immer noch am Anfang steht – erheblich teurer als Dieselbusse der neuesten Generation.
  • Elektrische Ladeinfrastruktur und veränderte Anforderungen durch die Elektromobilität reduzieren Abstellkapazitäten auf den Betriebshöfen, daher sind neben den Umbauten von Bestandshöfen auch neue, zusätzliche Betriebshöfe erforderlich
  • Die Ladeinfrastruktur muss ausgebaut werden, sowohl im Stadtgebiet als auf den Betriebshöfen, auch das muss finanziell gestemmt werden.

Hinzu kommen unter Umständen weitere betriebliche Mehrkosten wie ein höherer Personalbedarf, sofern die Reichweite von E-Bussen weiter beschränkt bleibt.

Der e-Bus ist sowohl für den Klimaschutz im Verkehr als auch für den Technologiestandort Deutschland von wichtiger Bedeutung. Neben den Einsparungen selbst löst er auch einen wichtigen Signaleffekt für den Verkehrssektor aus. Darum ist es wichtig, dass die Anstrengungen der Verkehrsunternehmen und der Fahrzeugindustrie ebenso wie der Zulieferer durch eine entsprechende Förderkulisse aktiv begleitet und die Entwicklungen im Sinne eines „Dreiklangs“ vorangetrieben werden:

  1. Sofort starten und finanziell absichern: Die Programme zur Flottenerneuerung sind ein wichtiger Konjunktur- und Klimaschutzimpuls, sie helfen die Branche fit für die Zukunft zu machen. Es geht darum, die Investitionen jetzt anzustoßen. Die Anstrengungen aus dem Programm saubere Luft, aus dem Klimaschutzprogramm und aus den Konjunkturpaketen müssen dafür zusammengeführt werden.

Betreiber und Hersteller brauchen Planungssicherheit und das Bekenntnis der öffentlichen Hand zur Förderung der Flottenumstellung. Darum müssen die Programme langfristig finanziell im öffentlichen Haushalt abgesichert werden.

  1. Gezielt forschen und Innovationen konsequent umsetzen: Bei den Reichweiten der E-Busse ist noch Luft nach oben. Schlüsselbereiche liegen nicht nur im Antrieb und den Nebenaggregaten, sondern vor allem in der Stromspeichertechnologie und den Lade- oder Zwischenladekonzepten. Die Forschungsförderung setzt hier wichtige Akzente. Wichtig ist dann aber auch, dass die innovativen Komponenten zügig in den Markt kommen.
     
  2. Rahmenbedingungen vor Ort optimieren: Auch in den Kommunen muss sich noch viel bewegen, damit der Elektrobus vorankommt. Die technische Zulassung von Ladeinfrastruktur ist immer noch ein Einzelprojekt, auch wenn wir über mehrere Standorte reden. Die Flächenverfügbarkeit für zentrumsnahe Ladestationen und Betriebshöfe gestaltet sich angesichts der Konkurrenz mit deutlich zahlungskräftigeren Nutzungsarten und der Wohnraumknappheit schwierig. Außerdem machen sich auch hier die schleppenden Planungs- und Genehmigungsverfahren bemerkbar, das muss straffer laufen, denn sonst verfehlen wir mit den notwendigen Umbauten und Neubauten bei Betriebsanlagen den Markthochlauf und damit die Ziele für die Umstellung auf Null lokale Emissionen.

Ebenso gilt es in die Umschulung des Werkstattpersonals zu investieren, ebenso wie in die Vorbereitung unserer Fahrerinnen und Fahrer, damit sie auf den Arbeitsplatz der Zukunft vorbereitet sind.

Meine Damen und Herren,

ich bin überzeugt, dass wir mit dem e-Bus jetzt gut gestartet sind, für den weiteren Weg benötigen wir aber noch Reichweite und Schub.

Wie wir das bekommen, welchen Rahmen wir brauchen und was uns an Innovationen erwartet, möchten wir gleich auf dem Podium diskutieren.

Zunächst möchte ich aber für einen Impuls an Frau Staatssekretärin Dr. Zieschang übergeben.