Steuerverfahren vereinfachen und digitalisieren, Wirtschaft und Verwaltung entlasten, endlich EUStandard erreichen - Das Verrechnungsmodell zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer

Bei der Einfuhr von Gütern nach Deutschland verursacht das in Deutschland aktuell angewandte Verfahren zur Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer eine unnötige Bindung von Liquidität und damit erhöhte Kosten für Importeure, die in den EU-Nachbarstaaten nicht anfallen. Zwar haben Bund und Länder im Jahr 2020 mit dem Fristenmodell einen wichtigen Schritt zur Annäherung an das Verfahren in anderen EU-Ländern getan. Doch nur durch ein Verrechnungsmodell können Kosten für Wirtschaft und Verwaltung weiter gesenkt und der Anreiz für Importeure gestärkt werden, Seehäfen und Flug-häfen in Deutschland zu nutzen. Logistikzentren sowie Niederlassungen von Dienstleistern und wei-terverarbeitenden Unternehmen würde das Verrechnungsmodell neue Anreize bieten, sich ver-stärkt in Deutschland anzu siedeln. Mit dem Verrechnungsmodell können zudem Einnahmen der öffentlichen Hand und die ökologische Bilanz von Güterströmen verbessert werden.

Nach Artikel 211 der EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie 2006/112/EG können die Mitgliedstaaten Erleichterungen bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer dahingehend gewähren, dass die Ein-fuhrumsatzsteuer nicht bereits zum Zeitpunkt der Wareneinfuhr zu entrichten ist, sondern erst im Zuge der Umsatzsteuer-Voranmeldung verrechnet wird. Von diesem sogenannten Verrechnungsmo-dell machen praktisch alle EU-Mitgliedstaaten Gebrauch, während solche Erleichterungen in Deutsch-land bisher nicht gewährt werden1. Ursächlich scheint vorrangig zu sein, dass der Bund und die 16 Bundesländer Einvernehmen zum konkreten Vorgehen erzielen müssten.

Beispiel
In Deutschland muss ein Unternehmen aktuell bei der Einfuhr von Drittlandswaren in das Unionsgebiet über eine deutsche Zollgrenzstelle in jedem Fall die Einfuhrumsatzsteuer beim Zoll entrichten. Im weit überwiegenden Regelfall wird sie anschließend als abzugsfähige Vorsteuer im Rahmen der Umsatz-steuer-Voranmeldung berücksichtigt und durch die Landesfinanzverwaltung zu einem späteren Zeit-punkt erstattet. Das Unternehmen muss zunächst Zahlungen leisten und dann einen Antrag auf Erstat-tung stellen. Dies führt zu Abfluss von Liquidität, Kosten für die Zwischenfinanzierung und zu Bürokra-tiekosten für das Erstattungsprozedere.
Dagegen kann ein deutscher Importeur Einfuhren aus dem EU-Ausland z.B. über die niederländische Grenze unter Einschaltung eines niederländischen Fiskalvertreters ohne Entrichtung der Einfuhrum-satzsteuer vornehmen. So geht die zu entrichtende Einfuhrumsatzsteuer lediglich in die Umsatzsteuer-Voranmeldung ein und kann sofort als Vorsteuer abgezogen werden. Die Liquidität bleibt beim Unter-nehmen. Etwaige höhere Kosten des Transports und der Fiskalvertretung haben bisher im Vergleich zum Import über deutsche See- und Flughäfen eine geringere Belastung dargestellt als die Kosten der Zwischenfinanzierung der Einfuhrumsatzsteuer und des korrespondierenden administrativen Auf-wands in Deutschland.

Was die Politik tun kann
Bei der Einführung des Fristenmodells hatten Bund und Länder beschlossen, dass im Jahr 2023 das Bundesfinanzministerium unter Einbeziehung von Verbänden die Einführung des Fristenmodells eva-luieren und bis Ende März 2024 einen Bericht vorlegen solle. Auch in den Jahren zuvor haben Bund und Länder immer wieder ihre Bereitschaft erklärt, das Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer auf europäischen Standard zu bringen. Bund und Länder sollten nun umgehend über die Finanzminis-terkonferenz aktiv die erforderlichen konzeptionellen, legislativen und technischen Aufgaben ange-hen. Parlamente und Regierungen sollten dafür die notwendigen Beschlüsse fassen und das Thema in ihren Arbeitsprogrammen fixieren.

....vollständiger Hintergrund siehe PDF als Download