In Zeiten steigender Zinsen in Ordnung zu bringen, was an Infrastrukturinvestitionen in Zeiten von Null- und Niedrigzinsen verpasst wurde, sei schwer möglich, betonte Theurer eingangs. Zwar stelle die Bundesregierung erneut Geld zur Krisenbewältigung zur Verfügung, das erhöhe den Konsolidierungsdruck jedoch weiter. Als positiv für die Schienenbranche wertete Theurer, dass der Koalitionsausschuss zum Bundeshaushalt 2023 zusätzlich 500 Millionen Euro für die Schiene bereitstelle und eine Milliarde Euro in Form von Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre.

Die steigenden Investitionssummen zeigten, dass die Koalition den Aus- und Neubau des Netzes unterstreiche.

Bei knapper werdenden Finanzmitteln sah der Staatssekretär in der Digitalisierung die Chance zur Kapazitätserhöhung. Die Digitalisierung der Schiene Deutschland sei so wichtig, weil die Deutschlandtaktmaßnahmen, also die Maßnahmen im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans, bei steigenden Baupreisen nur schwer zu realisieren seien. Die Mittel für die Bedarfsplanprojekte stiegen zwar von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2021 über 2,2 Milliarden Euro heute auf 2,75 Milliarden Euro bis 2026. Für die Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans bedürfe es jedoch bis zu 4 Milliarden Euro jährlich.

IoT - Internet of Trainser

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Bild Quelle: DVF/Photothek/ Dr. Eichhorn

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Lieferanten, Subsystemherstellern und Betreibern komme allen Marktteilnehmern zugute, denn die überschaubare Anzahl an Akteuren in der Schienenindustrie könnte durch engere Kooperationen effektiver arbeiten und so das Gesamtsystem attraktiver und wettbewerbsfähiger aufstellen, so Dr. Maximilian Eichhorn, Vice President Digital Products & Servics, Knorr-Bremse, Systeme für Schienenfahrzeuge GmbH. Aber es seien auch neue Kompetenzen in der Branche nötig, um die Vorteile der Digitalisierung und branchenspezifischen Schlüsselindikatoren zu heben.

Es werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit sehr viel Softwarekompetenz gebraucht, ebenso wie neue Technologien.

Die digitale Transformation werde laut Eichhorn neue oder veränderte Geschäftsmodelle in der Schienenbranche hervorbringen. Denkbar seien Servicedienstleitungen wie in der Luftfahrt, wo Turbinen im Besitz der Hersteller verbleiben, statt auf die Fluggesellschaft überzugehen. Damit würden auch die Risiken in der Branche neu aufgeteilt.

Werden mehr und mehr Systeme des Schienenverkehrs mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, so dass zu jeder Zeit der Zustand des Systems ermittelbar sei, können Betreiber vor dem Ausfall eines Systems erkennen, ob etwa eine Tür schwergängig ist und diese frühzeitig wechseln oder reparieren.

Spielräume für (schnellere) Vergabeverfahren

Spielräume für (schnellere) Vergabeverfahren

Bild Quelle: DVF/Photothek/ V. l.: Andre Rodenbeck (Siemens Mobility AG), Dr. Heike van Hoorn (DVF), Dr. Dieter Naumann, Dr. Maximilian Eichhorn

Es sei unstrittig, dass Vergaben aufgrund der verkehrspolitischen Ziele der Regierungskoalition, dringend zu beschleunigen seien. Mit den vorhandenen rechtlichen Instrumentarien bei Vergaben seien heute bereits stärkere Beschleunigungen möglich, erklärte es Dr. Dieter Neumann, Partner, Greenberg Traurig Germany. Durch spezielle gesetzliche Regelungen seien darüber hinaus zusätzliche Verfahrensverkürzungen, auch bei fehlerhaften Vergaben, möglich. Es sei also zu diskutieren, inwiefern spezielle gesetzliche Regelungen, wie beim LNG-Gesetz, in einem potenziellen Eisenbahnmodernisierungsgesetz übernommen werden sollten.

Schon die Beurteilung, wann ein Verfahren vergabereif sei, ist in der Praxis schwer.

So dürften Vergabeverfahren erst eingeleitet werden, wenn alle rechtlichen, tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten geklärt seien. Das führe dazu, dass der Beginn eines Verfahrens eine relativ lange Vorbereitungszeit voraussetze. In der Rechtsprechung seien diese harten Kriterien längst aufgeweicht. Der Gesetzgeber könnte, die Möglichkeiten zur Beschleunigung durch geänderte gesetzliche Regelungen stärken und damit mehr Rechtssicherheit bei frühzeitigen Starts der Vergabeverfahren schaffen. Bei nicht vollständigen Angaben sei es ratsam, funktionale Ausschreibungen anzuwenden. Damit würden für große und komplexe Vorhaben die Ziele und die Art, wie diese erreicht werden sollen, vorgegeben.