Ein Ticket für fast alles – Teil der Neukunden will häufiger Busse und Bahnen nutzen

20.06.2022

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Ein Ticket für fast alles – Teil der Neukunden will häufiger Busse und Bahnen nutzen

Bus- und Bahnfahren ist von Juni bis August 2022 deutlich günstiger. Für 9 Euro im Monat können Bürgerinnen und Bürger quer durch Deutschland fahren. Als Ausgleich für die gestiegenen Mobilitätskosten aufgrund des Krieges in der Ukraine finanziert der Bund den öffentlichen Verkehr. Meinungsforschungsunternehmen Civey hat 5.000 Personen (keine Abo-Kunden) zwischen dem 01.06. und dem 20.06.2022 befragt, ob sie nach Ende der Verfügbarkeit des 9 Euro-Tickets häufiger den ÖPNV nutzen werden als zuvor.

Rund 12 Prozent der Neukunden geben an auch nach dem Aktionszeitraum auf jeden Fall häufiger als zuvor den ÖPNV nutzen werden. Weitere 14 Prozent antworteten mit einem verhalteneren „ja“. Die meisten Befragten stehen einer verstärken Nutzung von Bussen und Bahnen nach Beendigung der Aktion skeptisch gegenüber (51 Prozent).

Um eine Mehrheit der Neukunden als Abonnenten zu gewinnen, braucht es demnach mehr als einen niedrigen Preis. Das zeigt eine repräsentative Umfrage (5003 Befragte am 20.6.2022) zum dauerhaften Umstieg auf Bus und Bahn. Vielmehr muss das Gesamtpaket attraktiver sein als etwa das eigene Auto, sprich: Reisezeit, Komfort, Zuverlässigkeit, Umsteigewege, umfassende und einfache Informationen und Ticketing müssen zu einer attraktiven Preisgestaltung hinzutreten. So ist auch die Verbindung Stadt/Umland und die öffentliche Mobilität im ländlichen Raum zu verbessern, durch einfacheren Zugang, ergänzende Angebote und Verknüpfung.

Unser Appell an die Bundesregierung: verstärkt den ÖPNV ausbauen und die Verknüpfung mit alternativen Mobilitätsdiensten fördern. Das kostet Geld, aber es ist gut angelegt.

Das 9-Euro-Ticket hat eine weitere Botschaft, die bleibt: Ein deutschlandweit nutzbares, einheitliches Ticket ist attraktiv. Wenn der Zugang zum ÖPNV leichter wird, greifen mehr Menschen zu!

Zur Finanzierung: Zwar hat der Bund im Jahr 2020 über eine Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) und des Regionalisierungsgesetzes entschieden. Darin sind eine schrittweise Erhöhung der GVFG-Mittel auf zwei Milliarden Euro jährlich im Jahr 2025 sowie deren Dynamisierung um 1,8 Prozent ab 2026 sowie die Erhöhung der Regionalisierungsmittel bis 2031 auf über fünf Milliarden Euro geplant. Wichtig ist aber, dass diese Mittel nicht nur für Neu- und Ausbau verwendet werden, sondern vor allem auch für den Erhalt der oftmals in die Jahre gekommenen ÖPNV- Infrastruktur. Zudem sind Angebotserweiterungen und eine notwendige Flexibilisierung der Fördertatbestände notwendig.


Sinnvolle Maßnahmen

  • Der Umweltverbund ist ein wichtiger Hebel zur Emissionsvermeidung. Dieser muss durch Antriebswechsel und Akzeptanzsteigerung weiter verstärkt werden, um mehr Menschen dauerhaft für Bus und Bahn zu gewinnen. Dies ist nicht allein durch den Fahrpreis möglich.
  • Das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) und die Experimentierklausel sind vorhanden - es gilt, diese seitens der Kommunen auch zu nutzen, um den ÖPNV bedarfsgerecht zu ergänzen. Ebenso können Doppel- und Mischkonzessionen eingesetzt werden, um die Mobilitätsversorgung zu verbessern.
  • Die Mittel für den Aus- und Neubau der Schienenwege (Fahrweg, Bahnhöfe, Serviceeinrichtungen) sind mittelfristig auf drei Milliarden Euro anzuheben; siehe Masterplan Schienenverkehr. Kurzfristig sind bereits die Mittel für kleine und mittlere Maßnahmen zur Realisierung des Deutschlandtakts zu stärken. So bald wie möglich sollte ein Finanzierungsfonds nach schweizerischem Vorbild eingeführt werden.
  • Ein Schlüssel für die Kapazitätssteigerung auf der Schiene ist die Digitalisierung. Die Digitale Schiene Deutschland (DSD) muss umfassend finanziert werden, samt Förderung der DSD-Fahrzeugausrüstung für den Systemwechsel.
  • Auch der ÖPNV muss digitalisiert werden. Mit digitalen Werkzeugen kann eine höhere Leistungsfähigkeit erreicht werden, etwa über den Einsatz von KI bei der Vorhersage von Verkehrsnachfrage und der Kapazitätsplanung. Der Bund sollte Sonderprogramme wie Automatisierung und Communication Based Train Control (CBTC) finanziell fördern.
  • Die Umstellung auf klimaneutrale Flotten, etwa E-Busse, ist teuer. Auch im Betrieb und erfordert die Umstellung des Betriebshofes. Eine Betriebskostenförderung ist nötig, die u. a. angepasste Betriebshöfe, Ladestationen und Ersatzbatterien abdeckt.