Klimaschutz versus Schuldenbremse?

07.10.2022

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Klimaschutz versus Schuldenbremse?

Ist es Ihrer Meinung nach richtig, die Schuldenbremse (Begrenzung der jährlichen Neuverschuldung auf 0,35 %) aufzuheben, um mehr Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz zu tätigen?

So lautete die Umfrage Mitte September, die das Meinungsforschungsunternehmen Civey im Auftrag des DVF durchführen ließ. Dabei wurden 2.500 Personen zwischen dem 12.09. und dem 13.09.2022 befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die bundesdeutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

Das Ergebnis: Die knappe Mehrheit spricht sich dafür aus, die Schuldenbremse für mehr Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz aufzugeben, ein klares Nein äußern nur 27,5 Prozent.

Auch aus Sicht des DVF sind ausreichende Investitionen in Verkehrsinfrastruktur, nachhaltige Energieversorgung, Digitalisierung von Verkehrswegen und Verwaltung, neue Antriebe und Kraftstoffe sowie Dateninfrastruktur vorrangig, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen und das Rückgrat des Standortes Deutschland zu erhalten. Für diese Zukunftsinvestitionen fehlen grundlegende politische Entscheidungen. Die Bundesregierung muss den Krisenmodus verlassen und von Kurzfristmaßnahmen zu langfristigen, verlässlichen Festlegungen bei der Finanzierung der Infrastruktur übergehen. Nur dann können Unternehmen sicher in klimafreundliche Geräte oder Transportmittel, in Personal und Maschinen investieren und so den Transformationsprozess beschleunigen.

Aus Sicht des DVF wäre gerade in diesen Zeiten wichtig, klare und langfristige Investitionssignale zu setzen, damit die Wirtschaft eine verlässliche Grundlage für die Anschaffung von modernen Maschinen und für die Beschäftigung von Personal erhält.

Aktuelle Entwicklungen:

  • Investitionssumme in den Bundesverkehrshaushalt betrug 2021 rund 19 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind Baukosten um rund 20 Prozent gestiegen, was die Realinvestitionen schrumpfen lässt.
  • Der Wert des öffentlichen Kapitalstocks im Infrastrukturbereich lag 2021 inflationsbereinigt (!) unter dem Wert von 2004!
  • Personen- und Güterverkehr nehmen weiter zu
  • Corona Pandemie und Krieg in der Ukraine schmälern die staatlichen Handlungsspielräume. Internationale Störungen der Handelsketten, Wachstumsrückgänge und kostspielige Konjunktur- und Hilfsprogramme drücken auf die öffentlichen Haushalte, die Inflation trifft den Staat ebenso wie die Unternehmen.
  • Mit dem Entwurf des Bundeshaushalts 2023 werden Verkehrs- und Digitalhaushalte wieder auf Sparflamme gesetzt. Das ist fatal. Wer in diesem Sommer auf Straße, Schiene, zu Wasser oder in der Luft gereist ist, hat einen Einblick in den Zustand unserer Prozesse und Infrastrukturen erhalten.

Das DVF sieht die absolute Priorisierung des Ziels einer Rückkehr zum ausgeglichenen Bundeshaushalt bereits im Jahr 2023 mit der Folge weiterer Jahre des realen Zurückfahrens öffentlicher Investitionen als eine Gefahr für den Wohlstand und die Zukunft unseres Landes.

Was jetzt nötig ist, sind:

  1. Solide Infrastrukturen: Allein der Investitionsrückstand bei Fernstraße und Schiene beträgt fast 100 Milliarden Euro. Dieser Rückstand muss beseitigt werden. Der zukünftige Infrastrukturausbau muss auf Vernetzung und Redundanz setzen, um das System stabil zu halten. Digitalisierung der Verkehrsträger muss Standard werden.
  2. Solide Finanzen: Für den Infrastrukturerhalt und -ausbau braucht es langfristige Finanzierungsinstrumente in Form von Finanzierungsvereinbarungen, Sondervermögen oder Fonds. Erforschung und Markteinführung von neuen Antrieben und Kraftstoffen müssen ausreichend mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden.
  3. Investitionsfreundliche und wettbewerbsgerechte Rahmenbedingungen: Nur mit langfristigen, verlässlichen und eindeutigen legislativen und regulatorischen Rahmenbedingungen wird der Transformationsprozess in der Mobilitätsbranche effektiv und effizient bewältigt werden können. Gleichzeitig gilt es, ein internationales Level Playing Field zu erhalten oder herzustellen, um die Innovationen in Deutschland und Europa zu halten.
  4. Bürokratieabbau: Der Abbau von nicht notwendigen bürokratischen Prozessen ist der zentrale Schlüssel für eine Beschleunigung der Transformation, die Freisetzung dringend benötigten Arbeitsvolumens und für die Effizienz der eingesetzten Finanzmittel. Eine neue Kraftanstrengung zur Identifizierung und zum Abbau bürokratischer Hürden ist daher notwendig.