Für den Aufbruch in eine neue Epoche der Schiene brauchen wir Mut und künstliche Intelligenz

DVF auf der Innotrans „In Zukunft automatisiert – Schienenverkehr in Deutschland auf einem neuen Level“

Für den Aufbruch in eine neue Epoche der Schiene brauchen wir Mut und künstliche Intelligenz

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Link zur Rede von Müslüm Yakisan

  • Digitalisierung ist der Turbo für die moderne Schiene
  • Mit moderner Bahntechnik Nachwuchskräfte gewinnen
  • Verlässliche Finanzierung liefert mehr Schiene pro Euro

Berlin, 22. September 2022 – Müslüm Yakisan, Präsident DACH Region ALSTOM, Präsidiumsmitglied Deutsches Verkehrsforum e.V., hat sich auf dem DVF-Forum bei der InnoTrans dafür ausgesprochen, die Modernisierung der Schiene weiter voranzutreiben: „Eisenbahnen sind solide und verlässlich. Diese Stärken sind besonders in Krisenzeiten sichtbar. Moderne Eisenbahnen können viel mehr als das. Sie sind innovativ und digital. Digitale Lösungen schaffen Kapazitäten im Netz, steigern die Pünktlichkeit und sparen Energie. So wird umweltfreundliche Mobilität leichter. Das ist gut für den Fahrgast und gut für das Klima.“

Mit künstlicher Intelligenz werde Bahnfahren bequemer, verlässlicher und noch umweltfreundlicher als es ohnehin sei. „Moderne Technik liefert dichtere Taktfolgen und mehr Pünktlichkeit. Das erfreut die Kundinnen und Kunden sowie Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Technologischer Fortschritt zieht zudem motivierte und junge Arbeitskräfte an. Die Vielzahl der Weltneuheiten der InnoTrans belegt, dass digitale Technik im Gleis, in Zügen und bei der Fahrplanerstellung verfügbar ist“, so Yakisan.

Dass Digitalisierung und Automatisierung der Schiene ein großes Plus für Klima, Gesellschaft und Wirtschaft bedeute, bestätigte auch Guido Beermann, Minister des Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg: „Von vernetzten Mobilitätshubs bis hin zum intelligenten Schienennetz – Automatisierung und Digitalisierung können einen wichtigen Beitrag dazu leisten, um Mobilitätsangebote auch im Regionalverkehr weiter zu verbessern. Die Fahrgäste profitieren von besserem Service und schnelleren Verbindungen. Damit die Verkehrsunternehmen diese zukunftsweisenden Technologien möglichst in der Breite nutzen können, muss der Bund aber einen geeigneten Rechtsrahmen setzen und seine Fördermittel deutlich erhöhen.“

Für Andre Rodenbeck, Geschäftsführer Schieneninfrastruktur Siemens Mobility GmbH, ist Deutschland immer noch Technologieführer beim Thema Automatisierung, im Nah- und Fernverkehr. Doch diese Position müsse verteidigt werden, denn vor allem die asiatischen Länder holten schnell auf, insbesondere bei den Metros. „Damit wir hierzulande Weltspitze bleiben, müssen Automatisierung und Digitalisierung der Schiene ganz nach oben auf der politischen Agenda. Das gilt für Ausschreibungen, verkehrspolitische Entscheidungen und nicht zuletzt für den Haushaltsplan des Bundes.“

Das Momentum für den Aufbruch in eine neue Zeit sollte genutzt werden so Yakisan. „Im Schulterschluss mit der Politik steht die Bahnindustrie heute bereit, die Technik für einen soliden und modernen Schienenverkehr von morgen breitzustellen.“ Mit dem erforderlichen rechtlichen Rahmen und einer gesicherten Finanzierung könne die Modernisierung beginnen.

„30 Prozent mehr Züge auf demselben Gleis – Digitalisierung macht es möglich. Diese Botschaft kommt an. Entsprechend sehe ich insgesamt ein wachsendes Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedeutung der Bahnautomatisierung“, unterstrich Rodenbeck.

Diese Tatsache ist auch für den Bund als Finanzierer besonders wichtig. „Mit automatisiertem Fahren können erforderliche Kapazitätserhöhungen und ein reibungsloser Betrieb ohne kostenintensiven Ausbau der Infrastruktur durch kürzere Zugfolgezeiten erreicht werden“, sagte Michael Theurer MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr. „Deshalb fördern wir als Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen eines Modellvorhabens durch das BMDV die Ausrüstung mit der Automatic Train Operation. Diese Projekte sind ein Meilenstein für die Einführung des automatisierten Fahrens im deutschen Schienennetz.“

Die Wissenschaft und Forschung begleiten den Entwicklungs- und Implementierungsprozess eng. Dazu erklärte Prof. Dr. Karsten Lemmer, Mitglied des Vorstands Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), dass in der europäischen Schienenverkehrsforschung Industrie und Wissenschaft die Kräfte bündeln. „Vollautomatisierte Systeme (GoA 4) auf offener Strecke gibt es noch nirgends im Regelbetrieb, allerdings auf Teststrecken oder unter besonderen Randbedingungen wie im Güterverkehr in Australien. Vor dem Hintergrund verstopfter Straßen, sinkender Pegelstände und steigender Bevölkerungszahlen macht es Sinn, die Schiene zu stärken – und Automatisierung hilft hierbei. Das DLR forscht am gesamten System Bahn um neben Komfort, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit auch die Kapazitäten der Bahn nachfragegerecht zu erhöhen. In dieser Ganzheitlichkeit machen dies nur wenige Forschungseinrichtungen in Europa.“

Den Realitätscheck, ob und wie Innovation und Digitalisierung beim Bauen im Gleisbett funktioniert, machte Larissa Zeichhardt, Geschäftsführerin LAT Gruppe: „Die höchste Sicherheitsinstanz im Schienenverkehr, das Eisenbahnbundesamt, schreibt heute gesetzlich vor, dass Sicherheitsposten, die vor einfahrenden Hochgeschwindigkeitszügen warnen, auf Sicht und mit einer Tröte agieren. Wieso geht das nicht durch digitale Werkzeuge? Fehlen die technischen Lösungen oder die modernisierten Regelwerke?“

Auch spreche man immer über Baubeschleunigung, aber viel zu wenig darüber, wer Automatisierung und Wissensaustausch unter den Baufirmen fördere. „Am Gleis übernehmen viele kleine (Sub)Unternehmen die Ausführung, sie haben Fachkenntnisse, aber weder eine Innovationsabteilung, noch die finanziellen Mittel um Fortschritt zu gestalten“, so Zeichhardt.

Die LAT-Geschäftsführerin appellierte an die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung: „Innovation in einem Umfeld zu fördern, indem Sicherheit ständig als Entschuldigung für fehlende Digitalisierung missbraucht wird, ist fahrlässig. Für eine zügige Umsetzung notwendiger Baumaßnahmen brauchen wir Ämter die Visionen unterstützen, nicht Veränderungsgegner, die schon in der Theorie mit den potenziellen Risiken drohen. Zum Glück ist unsere Branche im Umbruch, das stimmt mich positiv: Wir alle wollen – und werden – gemeinsam die Zukunft gestalten.