Bild Quelle: DVF/Photothek/ V. l.: Daniela Paitzies (DVF); Dr. Reinhard Brandl MdB; Meike van`t Hoen; Prof. Dr. Axel Metzger; Dr. Heike van Hoorn (DVF); Stefan Gelbhaar MdB; Christophe Mostert; Dr. Hendrik Wieduwilt (Moderation)

Für Unternehmen, beispielsweise Fahrzeughersteller, bedeutet der EU Data Act, dass sie mit einer Übergangsfrist bis 2027 Nutzern den Zugang zu den Daten ermöglichen müssen. Damit will die EU Innovationen fördern, etwa neue Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle über die zugänglichen Daten zu schaffen. Dies kann sich auf den wichtigen After-Sales-Markt auswirken. Die Unsicherheit ist groß. Mit dem EU Data Act und dem Mobilitätsdatengesetz gibt es  zudem zwei Initiativen, die das Ziel haben, den Datenzugang zu regeln. Dem gegenüber steht die DSGVO, die ja gerade das Gegenteil bezweckt, nämlich Daten zu schützen. Wie wirkt dies alles zusammen und mit welchen Folgen muss die Fahrzeug- und Mobilitätsbranche rechnen?

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Bild Quelle: DVF/Photothek/ Daniela Kluckert MdB

"Ich bin überzeugt, dass der EU Data Act im Bereich Datenökonomie und Datenpolitik ein wirklicher Gamechanger ist und das in vielerlei Hinsicht..."

Daniela Kluckert MdB

..denn Unternehmen und Nutzer erhalten Zugang zu Daten, die bei der Nutzung eines erworbenen, vernetzten Produkts generiert werden", erklärte Daniela Kluckert MdB, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr.

„Diese Entwicklung eröffnet ganz neue Chancen und pusht branchenübergreifend After-Märkte, wovon auch der Verkehrssektor bedeutend profitieren wird.“

Mehrfachregulierung vermeiden

Mehrfachregulierung vermeiden

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Dr. Heike van Hoorn (DVF)

DVF-Geschäftsführerin Dr. Heike van Hoorn appellierte eindringlich in ihrer Rede an Berlin und Brüssel, bei der Gesetzgebung zum EU-Data Act und dem Mobilitätsdatengesetz Mehrfachregulierungen zu vermeiden, klare Zuständigkeiten zu benennen und die Verpflichtung zur Datenfreigabe mit dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu vereinen.

„Bei der Regulierung muss für die Mobilitätsbranche der Spagat zwischen der Hebung des Datenschatzes und der Wahrung des Datenschutzes gelingen."

Dr. Heike van Hoorn

"Das Datenteilen soll schließlich ein Innovationsanreiz in Deutschland und Europa auch im Hinblick auf die globalen Datenriesen werden. Deshalb ist eine wirksame Absicherung der Zugriffsrechte unter dem Schutz des geistigen Eigentums von existenzieller Bedeutung. Doch mit einer fairen Datenfreigabe können neue nutzerfreundliche Angebote geschaffen und neue Wertschöpfungen aufgesetzt werden. Jeder Datennehmer wird künftig auch zum Datengeber.“

Konflikt zwischen Data Act und DSGVO vorprogrammiert

Konflikt zwischen Data Act und DSGVO vorprogrammiert

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Prof. Dr. Axel Metzger

Der Data Act ziele darauf ab, die bislang oft unter Verschluss gehaltenden Sammlungen von Maschinendaten für die Nutzer zugänglich zu machen, erläuterte Prof. Dr. Axel Metzger, LL.M. (Harvard), Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Immaterialgüterrecht, insbesondere Gewerblicher Rechtsschutz, Humboldt-Universität zu Berlin. Dies solle für mehr Wettbewerb auf den angrenzenden Märkten und für mehr datenbasierte Innovationen sorgen und zugleich zu einer fairen Verteilung der Wertschöpfung führen.

Metzger blickte jedoch kritisch auf die juristische Ausgestaltung des EU-Data Act und dessen Konsequenzen für die Unternehmen: „Der grundlegende Ansatz, den Nutzern von Maschinen Zugang zu den von ihnen generierten Daten zu gewähren, ist richtig. Die konkrete Ausgestaltung im Data Act ist aber in verschiedener Hinsicht unzureichend. Die Vertragsfreiheit zwischen Dateninhabern und Nutzern wird stärker eingeschränkt als erforderlich, die technische Durchführung ist ungenügend geregelt, Konflikte mit dem Datenschutz sind unvermeidlich.“

"Die Vertragsfreiheit zwischen Dateninhabern und Nutzern wird stärker eingeschränkt als erforderlich, die technische Durchführung ist ungenügend geregelt, Konflikte mit dem Datenschutz sind unvermeidlich.“

Prof. Dr. Axel Metzger

Auch seien laut Metzger Konflikte zwischen dem Data Act und der DSGVO vorprogrammiert. „Viele der vom Data Act erfassten Daten sind personenbezogene Daten, jedenfalls wenn man die weite Begriffsbestimmung der Datenschutzbehörden zugrundelegt. Dem Gesetzgeber fehlt offenbar der Mut, die für eine sinnvolle Regelung des Datenzugangs erforderlichen Nachjustierungen in der DSGVO vorzunehmen, insbesondere hinsichtlich der Definition der personenbezogenen Daten und den Voraussetzungen einer Anonymisierung.“

Ähnlich sah das auch Dr. Reinhard Brandl MdB, Digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Zwischen dem EU-Data Act, der die Datenschöpfung incentiviere und der DSGVO, die personebezogene Daten schütze, liege ein großes Konfliktpotenzial. Denn die Abgrenzung dieser beiden Gesetze sei nicht ausreichend geregelt. Grundsätzlich aber begrüßte Brandl den EU-Data Act, weil dadurch weitere Geschäftsfelder und Wertschöpfung aus Maschinendaten generiert werden könnten.

Chancen und Risiken für Unternehmen

Chancen und Risiken für Unternehmen

Bild Quelle: DVF/Photothek/ Meike van´t Hoen

Auch aus Unternehmenssicht können sich Chancen ergeben. Meike van’t Hoen, Director Global Product Management, Knorr-Bremse AG: „Schlüsselressource für den Erfolg sind aus Unternehmenssicht Daten und deren Verschränkung. So können neue, innovative Mehrwertdienste geschaffen werden. Der EU Data Act ermöglicht einen Datenaustausch. Jedoch muss dieser sicher sein und dem Dateneigentümer/-besitzer die Beibehaltung der Datensouveränität erlauben.“

"Die größte Unsicherheit für Industrieunternehmen ist sicherlich der Schutz von bestehenden „Intellectual property rights“."

Meike van’t Hoen

Neben den Chancen sah van’t Hoen auch noch Defizite und Risiken im Entwurf. „Für mich wären die Datenrechtsordnungen ein Erfolg, wenn diese widerspruchsfrei, klar und eindeutig formuliert sind. Die größte Unsicherheit für Industrieunternehmen ist sicherlich der Schutz von bestehenden „Intellectual property rights“ welche die gewünschte Innovationskraft durch den Datenaustausch hemmen könnte.“

Viele Unternehmen sind von gezielter Vorbereitung weit entfernt

Viele Unternehmen sind von gezielter Vorbereitung weit entfernt

Bild Quelle: DVF/Photothek/ V. l.: Meike van´t Hoen; Christophe Mostert

Um Daten wirklich wertschöpfend zu nutzen, müssten Unternehmen eine geeignete und leistungsfähige Dateninfrastruktur bereitstellen, beschrieb Christophe Mostert, Managing Partner, M2P Consulting GmbH, die Grundlagen zum Datenteilen. Davon seien viele Unternehmen heute sowohl technisch als auch prozessual noch weit entfernt. „Um sich auf die Zukunft vorzubereiten, müssten sich Unternehmen gezielter auf den Aspekt der Datenbeschaffung, Vorhaltung und Nutzung vorbereiten. Im Kontext der neuen Gesetzgebung müssten die Unternehmen im ersten Schritt alle Punkte in den eigenen Prozessen kennen, an denen Daten durch eingesetzte IoT-Sensorik entstehen. Auf dieser Basis müsste man gezielt auf die Hersteller zugehen und die Nutzbarkeit dieser Daten klären und den Zugang umsetzen.“

„Viele Unternehmen haben heute in der Regel eine sehr fragmentierte und inkonsistente Dateninfrastruktur. Ein einfaches „teilen“ von Daten würde viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellen."

Christophe Mostert

Mostert weiter: „Um das volle Potential der „neuen“ Datenquellen zu nutzen, müssten Unternehmen zudem ihre Prozess- und Service Partner in die Exploration und Wertschöpfung einbinden. Gerade für den Einsatz der neuen Technologien (Stichwort KI) werden Spezialisten benötigt, die im Rahmen eines entsprechende Daten Eco-Systems eingebunden werden sollten."

„Mit dem Blick auf die durch Datentausch möglichen Innovationen und Geschäftsfelder werden die Vorteile überwiegen.“

Stefan Gelbhaar MdB

„Die Chancen wie auch Risiken im eigenen Geschäftsfeld zu analysieren und zur Grundlage eigener unternehmerischer Entscheidungen zu machen, ist tagtägliches Brot der Unternehmen. Jetzt gilt es, dies auch mit besonderer Betrachtung von Daten und Datenrecht vorzunehmen", so die Meinung von Stefan Gelbhaar MdB, Verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.