Jahresbericht
2023/2024

Editorial: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner - Vorsitzender des Präsidiums

Sowohl der Erhalt und zielgerichtete Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, als auch die digitale und Klimatransformation des Sektors verlangen zwingend nach großen Investitionen, will Deutschland als Wirtschaftsstandort eine Zukunft haben.

Editorial: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner
Vorsitzender des Präsidiums

Klimaschutz und Energie

Infolge des Karlsruher Urteils zum Klimaschutz- und Transformationsfonds (KTF) sind die eingeplanten Finanzmittel für die Transformation des Verkehrssektors zur Klimaneutralität erheblich reduziert worden. Fördermittel für schwere Nutzfahrzeuge, Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur, Modernisierung und Digitalisierung des Schienennetzes, Dekarbonisierung der Schifffahrt und des Luftverkehrs können nicht oder nur erheblich gekürzt bereitgestellt werden. Für die Unternehmen des Verkehrssektors bedeuten diese Kürzungen eine große Belastung. Durch die Hängepartie ist zudem das Vertrauen in die Verlässlichkeit von politischen Entscheidungen beschädigt worden. Dies wirkt sich negativ auf die Investitionsbereitschaft aus. Das DVF hat nicht nur für eine Fortführung der wichtigen Investitionshilfen für die Transformation gekämpft, sondern auch für zukunftsfähige regulatorische Rahmenbedingungen etwa bei der Einführung erneuerbarer Kraftstoffe. Auch auf europäischer Ebene hat das DVF seine Expertise etwa beim EU Net Zero Industry Act eingebracht. Wichtig ist, dass die Politik verlässliche Leitplanken setzt, Fehlanreize vermeidet und die Wirtschaft bei der Transformation weiterhin unterstützt.

Infrastruktur und Finanzierung

Deutschland befindet sich seit Jahren in einer dramatischen Investitionskrise. Die Investitionslücke für öffentliche Infrastruktur beträgt inzwischen mehrere Hundert Milliarden Euro – mit steigender Tendenz. Deshalb plädiert das DVF seit Jahren für eine Strukturreform der Verkehrswegefinanzierung, die überjährig verlässliche Investitionsmittel in ausreichender Höhe bereitstellt. Dass in der gegenwärtigen Haushaltskrise die Mittel für wichtige Zukunftsinvestitionen gekürzt und gleichzeitig einzelne Branchen mit höheren Steuern und Abgaben belegt werden, ist für die Akzeptanz der mit der Transformation einhergehenden Belastungen kontraproduktiv.

Nicht nur die Finanzierung der Infrastruktur ist für die Transportbranche ein kritisches Thema, sondern auch die viel zu lange Dauer der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Bundesregierung hatte sich vorgenommen, die Voraussetzungen für eine deutliche Beschleunigung zu schaffen. Das im vergangenen Herbst beschlossene Genehmigungsbeschleunigungsgesetz lässt jedoch die Wasserstraßen außen vor und trägt mit der Benennung von konkreten Beschleunigungsprojekten vor allem im Fernstraßenbereich eine politische Auseinandersetzung um Priorisierung und (Neu-) Bewertung von Infrastrukturprojekten an dieser Stelle aus, die eigentlich an anderer Stelle zu führen wäre, nämlich bei der Neuaufstellung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP). Das DVF hat sich auch bei der Vorbereitung der anstehenden Überarbeitung des BVWP und der Bedarfsplanüberprüfung eingebracht und wird hier auch weiterhin auf die stärkere Berücksichtigung einer Gesamtnetzbetrachtung sowie den Einbau von Resilienzfaktoren in die Planungsgrundlagen dringen.

Digitalisierung
und Logistik

In der Digitalisierung gehört Deutschland im globalen Bereich nicht zu den Spitzenreitern. Dies gilt sowohl für die digitale Infrastruktur als auch für die Implementierung digitalisierter Prozesse etwa in den Verwaltungen. Das DVF dringt hartnäckig auf Verbesserungen und hat zahlreiche Vorschläge zur Beschleunigung der Digitalisierung und Bewertungen zu Vorhaben auf Bundes- und europäischer Ebene abgegeben. Insbesondere beim Schienenverkehr muss über das elektronische Zugleit- und Signalsystem ETCS und die entsprechende digitale Ausrüstung der Loks mehr Kapazität, Sicherheit und Zuverlässigkeit geschaffen werden. Auch in der Binnenschifffahrt ließe sich durch Digitalisierung und Automatisierung viel Potenzial für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers heben. Eine Beschleunigung von Planungen und Genehmigungen ist nur durch eine Digitalisierung der Ämter und Verwaltungen zu erreichen. Mit den Kürzungen bei Förderprogrammen und Investitionsmitteln für die digitale Infrastruktur im Bundeshaushalt 2024 werden sich dringende Vorhaben weiter verzögern.

Im Bereich der Mobilitätsdaten hat sich die Bundesregierung an einen Rechtsrahmen zur besseren Nutzung von Verkehrsdaten gewagt und Eckpunkte für ein Mobilitätsdatengesetz veröffentlicht. Das DVF hat sich im Zuge der Verbändeanhörung u. a. für die Differenzierung der Zugriffs- und Nutzungsrechte bei der (verpflichtenden) Bereitstellung von Daten sowie den Schutz geschäftssensibler Daten eingesetzt. Ziel des weiteren Verfahrens muss es sein, durch einen austarierten Rechtsrahmen eine Grundlage für neue innovative Geschäftsmodelle zu legen und gleichzeitig mit dem Schutz getätigter Investitionen und bestehender Geschäftsmodelle Anreizproblematiken auszuschließen.

Zudem will die EU den Bahnsektor in den Cyber Resilience Act einbinden, was Hersteller und die Branche vor erhebliche Zusatzbelastungen stellt. Explizit davon ausgenommen sind die Automobil- und Luftverkehrsbranche. In 2023 erholte sich die Logistikbranche zunächst von der Corona-Krise, kam jedoch mit der Verdoppelung der Maut und einer rezessiven Konjunktur an anderer Stelle massiv unter Druck

Standortpolitik

Auch das Jahr 2023 war durch externe Krisen gekennzeichnet. Hausgemachte Probleme wie die Haushaltskrise, die überbordende Bürokratie und der Fachkräftemangel treten hinzu. Im November 2023 hat das DVF seine Mitglieder erstmals um eine Bewertung ausgewählter Standortfaktoren gebeten. Dabei wurde deutlich, dass Deutschland bei den Rahmenbedingungen Bürokratie/Verwaltungsaufwand, Digitalisierungsgrad, Fachkräfteverfügbarkeit, Infrastruktur und Energiekosten noch großen Handlungsbedarf hat. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, dem Modernisierungspaket, dem Deutschlandpakt und dem Bürokratieentlastungsgesetz hat die Bundesregierung Gegenmaßnahmen ergriffen. Hier sind gute Ansätze erkennbar, die vom DVF begrüßt werden, jedoch noch weiterer Initiativen bedürfen. So wird etwa der Hafenstandort Deutschland ohne eine stärkere Unterstützung der Transformation für die großen Aufgaben der Häfen als Drehscheiben der Energiewende nicht gerüstet sein. Der Ausbau wichtiger Hafenhinterlandanbindungen muss dramatisch beschleunigt werden. Der Luftverkehrsstandort Deutschland benötigt dringend ein Belastungsmoratorium und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für die Umstellung auf Klimaneutralität. In der traditionellen DVF-Jahresauftaktveranstaltung beschäftigten sich Branchenvertreter und politische Entscheidungsträger mit dem Thema Industriepolitik für den Mobilitätsstandort Deutschland.

Chronik

Von März 2023 bis einschließlich Februar 2024 hat das DVF diverse Veranstaltungen in Form von Parlamentarischen Abenden, Fachforen, Symposien, Diskussionsrunden und Lenkungskreisen organisiert und durchgeführt.

2023 in Bildern

Die Bildergalerie zeigt Impressionen der DVF-Veranstaltungen aus dem Berichtszeitraum von März 2023 bis einschließlich Februar 2024. Verwendungsnachweis mit dem Bildnachweis »Deutsches Verkehrsforum / photothek«

Positionspapiere
und Gremien

Überblick zu Positionspapieren, Stellungnahmen und Mitwirkung an externen / offiziellen Gremien im Zeitraum März 2023 bis Februar 2024.