Editorial: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner - Vorsitzender des Präsidiums

Sowohl der Erhalt und zielgerichtete Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, als auch die digitale und Klimatransformation des Sektors verlangen zwingend nach großen Investitionen, will Deutschland als Wirtschaftsstandort eine Zukunft haben.

Editorial: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner
Vorsitzender des Präsidiums

Editorial

Vorwort Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner

DVF Jahresbericht 2023/2024

Mutig nach vorne gehen

Auch das Jahr 2023 war geprägt vom Krisenmodus. Nicht umsonst hat der Begriff es zum Wort des Jahres gebracht. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen geopolitischen Verwerfungen, die Nachwirkungen der Corona Pandemie, wirtschaftliche Rezession und Klimakrise und nicht zuletzt der Überfall der Hamas auf Israel und der folgende Krieg im Gazastreifen haben eine Kulisse gebildet, in der Zuversicht nicht leichtfiel. Die Suche nach dem richtigen Weg spiegelt sich auch in den Debatten über die Transformation der Energie- und Mobilitätsbranche wider. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr verschiedene und gute Initiativen auf den Weg gebracht: das Modernisierungspaket, das Bürokratieentlastungsgesetz, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und der Deutschland-Pakt adressieren die richtigen Themen, müssen jedoch mit Leben gefüllt werden. Als DVF haben wir dazu unsere Stellungnahmen und Prioritäten an die politischen Entscheidungsträger übermittelt. In den harten Diskussionen um das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz wurden jedoch auch Grundsatzdebatten an der falschen Stelle geführt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds im November 2023 hat der Politik noch eine große Aufgabe für die nächsten Jahre mitgegeben: Sowohl der Erhalt und zielgerichtete Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, als auch die digitale und Klimatransformation des Sektors verlangen zwingend nach großen Investitionen, will Deutschland als Wirtschaftsstandort eine Zukunft haben. Immer mehr Unternehmen betrachten die marode Infrastruktur als Belastung für ihre wirtschaftliche Tätigkeit. Diese Last dürfen wir der nächsten Generation nicht aufbürden und darum sind neue Strukturen der Infrastrukturfinanzierung jenseits der Jährlichkeit der Haushalte notwendig. Darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen für die Antriebs- und Verkehrswende verlässlich abgesichert sein. Derzeit erlebt der Mobilitätssektor eine größer werdende Schere zwischen Kürzung von Förderungen und Investitionen einerseits, höheren Abgaben und Steuern andererseits. Die Erhöhung von CO2-Steuer, Lkw-Maut, Trassenpreisen und Luftverkehrsteuer steht dem schleppenden Aufbau von Tank- und Ladeinfrastruktur und digitaler Infrastruktur, dem Mangel an bezahlbaren alternativen Kraftstoffen und Fahrzeugen, dem Fehlen von leistungsfähigen Schienen, Brücken und Wasserstraßen gegenüber. Neben ausreichenden Investitionsmitteln muss es für das Schließen der Schere mehr Tempo geben in der Umsetzung und den Abbau bürokratischer Hürden für Unternehmen wie Verwaltungen.

Unternehmen entlasten!

Das DVF hat Entlastungsmaßnahmen vorgeschlagen, die auch ohne Steuermittel umzusetzen sind: Die Umstellung des Einfuhrumsatzsteuerverfahrens auf ein Verrechnungsmodell, vereinfachte Verfahren bei der Taxonomie und zum CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM würden nicht nur Unternehmen, sondern auch Verwaltungen helfen. Die Stichtagsregelung im materiellen Umweltrecht könnte wirksam für schnellere Planungsverfahren sorgen, die Zulassung von HVO100 als Kraftstoff den klimafreundlichen Straßengüterverkehr vorantreiben, die Ausweitung der Regeln des Genehmigungsbeschleunigungsgesetzes auf die Wasserstraße den klimafreundlichen Güterverkehrsträger wettbewerbsfähiger machen.

Regulierung mit Augenmaß

Für eine leistungsstarke Schiene hat der Bund letztes Jahr die Sanierung der Hochleistungskorridore sowie die Etablierung einer gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft InfraGo beschlossen. Dies hat das DVF in einigen Veranstaltungen und Lenkungskreisen mit hochrangigen Verkehrspolitikern und Unternehmensführern diskutiert. Das DVF hat immer wieder darauf hingewiesen, dass ein leistungsfähiger Schienenverkehr der Zukunft notwendig die digitale Ausrüstung der Schiene und Fahrzeuge mit dem europäischen Zugleit- und Signalsystem ETCS benötigt und dass diese ohne eine finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand nicht gelingen kann. Für den Luftverkehr hat die EU mit der ReFuelEU-Aviation-Verordnung den verpflichtenden Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe geregelt. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die EU bei der CO2-Reduktion von Schiffskraftstoffen. Die damit geschaffene Planbarkeit ist zu begrüßen. Allerdings sind noch viele Umsetzungsfragen zu klären. Die notwendige Skalierung von nachhaltigen Flug- und Schiffskraftstoffen ist überhaupt kein Selbstläufer. Es wäre ein massiver Wettbewerbsnachteil für die EU-Carrier, wenn diese Kraftstoffe in Zukunft knapp und teuer blieben. Darum müssen Investitionen in die Produktion und Bereitstellung unbedingt wirkungsvoll gefördert werden. Das DVF spricht sich auch für eine zweckgebundene EU-einheitliche Klimaabgabe im Luftverkehr aus, die ausschließlich zur Finanzierung von nachhaltigen Flugkraftstoffen verwendet wird.

Neue Kraftstoffe und Antriebe fördern

Wasserstoff ist als Basis für klimafreundliche Kraftstoffe und Antriebe in Zukunft von entscheidender Bedeutung. Die im Sommer vom Bund vorgelegte aktualisierte nationale Wasserstoffstrategie hat die richtigen Themenfelder adressiert. Den deutschen Seehäfen kommt in Zukunft eine zentrale Rolle als strategische Drehscheiben für grüne Energie zu. Neben der auskömmlichen Finanzierung der Hafeninfrastruktur durch die Länder muss auch die Bundesregierung diese Transformation unterstützen. Das DVF hat die zukünftigen Handlungsfelder zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen im Rahmen des Erarbeitungsprozesses der Nationalen Hafenstrategie gemeinsam mit den Stakeholdern ausgearbeitet.

Welche vielfältigen Themen das DVF im Laufe des letzten Jahres vom März 2023 bis Ende Februar 2024 bearbeitet hat, lesen Sie in diesem digitalen Jahresbericht.

Wir danken allen Mitgliedern für Ihre engagierte Unterstützung und Expertise! Viel Freude beim Lesen!

Ihr Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner