Editorial: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner - Vorsitzender des Präsidiums

Erst die längerfristige Sicherung von auskömmlichen Investitionsmitteln stellt für die Unternehmen der Bau- und Verkehrswirtschaft wie auch für die Verwaltungen die Planungssicherheit her, welche nötig ist, um Infrastrukturprojekte zügig umzusetzen.

Editorial: Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner
Vorsitzender des Präsidiums

Editorial

Vorwort Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner

DVF Jahresbericht 2022/2023

Verkehrswege, Verwaltung und Finanzierung erneuern

Das vergangene Jahr hat die Mobilitätswirtschaft wahrlich in Atem gehalten: Während infolge der Corona-Pandemie noch immer Lockdowns und Lieferengpässe Einfluss nahmen, kam es zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Es folgten Energiekrise, Inflation und weiterer Druck auf die Lieferketten. Die Gegenmaßnahmen der Regierung erhöhten zum Teil den Druck auf DVF-Mitgliedsunternehmen zusätzlich – etwa das 9-Euro-Ticket oder die Energiesicherungstransportverordnung.

Neben dem 9-Euro-Ticket gehörten auch der sogenannte „Tank-Rabatt“, also eine Energiesteuersenkung auf Kraftstoffe und eine Energiepreispauschale zu den entlastenden Maßnahmen. Insgesamt haben die drei Entlastungspakete rund 95 Euro Milliarden gekostet. Zudem wurde das LNG-Beschleunigungsgesetz eingeführt. Innerhalb eines Jahres wurde in Rekordzeit das erste Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven gebaut. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach vom neuen „Deutschland-Tempo“. Im Osterpaket nahm sich Klimaminister Dr. Robert Habeck vor, erneuerbare Energien schneller auszubauen, um in weniger als einem Jahrzehnt den Anteil dieser am Bruttostromverbrauch zu verdoppeln.

Tempo erhöhen – Finanzierung reformieren – Bürokratie abbauen

Von heute aus gesehen konnte sich das „Deutschland-Tempo“ im Mobilitätsbereich leider nicht etablieren. Von einer Halbierung der Zeiten für Genehmigungsverfahren sind wir nach wie vor weit entfernt. Auch wartet die Branche noch auf eine der entscheidendsten Beschleunigungsmaßnahmen überhaupt: die Einführung neuer Finanzierungsinstrumente für Schiene und Wasserstraße und die Finanzierungsvereinbarung für die Bundesfernstraßen. Erst die längerfristige Sicherung von auskömmlichen Investitionsmitteln stellt für die Unternehmen der Bau- und Verkehrswirtschaft wie auch für die Verwaltungen die notwendige Planungssicherheit her, welche nötig ist, um Infrastrukturprojekte zügig umzusetzen. Dies hat das Präsidium im Herbst mit einem Brief an den Bundeskanzler und verschiedene Ressortminister deutlich gemacht. Weitere Beschleunigung für alle Verkehrsträger könnten – und müssten – die Einführung einer Stichtagsregelung sowie die Vereinfachung des materiellen Rechts schaffen. Dass die schnellstmögliche Realisierung aller Projekte des Bundesverkehrswegeplans mit vordringlichem Bedarf anzustreben ist – unabhängig vom Verkehrsträger – ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Die Diskussion um die einzelnen Verkehrsprojekte inklusive der Reform der Kriterien zur Erstellung der Bedarfspläne muss in den neuen Infrastrukturkonsens überführt werden.

Im Vorfeld der Haushaltsverhandlungen haben wir deutlich gemacht, dass ein Finanzierungshochlauf für Infrastruktur in Deutschland notwendig ist: für Tank- und Ladenetze, Digitalinfrastruktur und erneuerbare Energien; für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau von Straßen, Wasserstraßen und Schienen.

Allein mehr Finanzmittel vermögen die großen Aufgaben natürlich nicht zu lösen. Deutschland hat ein massives Bürokratieproblem. Statt mit weniger, werden Unternehmen und Verwaltungen mit immer mehr Berichtspflichten, Datenschutzbestimmungen und Vorschriften belastet. Was ist nötig? Verkürzung und Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, handhabbare und verständliche Förderprogramme, mehr Personal und Digitalisierung in Verwaltungen und Gerichten, Sektorkopplung und one-in-one-out-Regel.

In diesem Jahresbericht dürfen wir Ihnen über die Aktivitäten des letzten Jahres (Berichtszeitraum März 2022 bis Februar 2023), über unsere Veranstaltungen und Positionen zu politischen und wirtschaftlichen Themen ausführlich berichten.

Ich bedanke mich im Namen des gesamten DVF für Ihr Engagement.

Ihr Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner
Vorsitzender des Präsidiums