Standortpolitik
Mit dem Onlinezugangsgesetz wollte die Bundesregierung 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 digitalisieren. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Angesichts knapper Kassen, zunehmenden Personalmangels und hohen Zeitdrucks müsste Effizienz das Gebot der Stunde sein. Tatsächlich ist die Digitalisierung der Verwaltung auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau misslungen. Zusätzlich belastet Brüssel über Taxonomie und Lieferkettengesetz mit neuen Berichtspflichten die Unternehmen. Der Föderalismus mit 16 Landesbauordnungen, Datenschutzbeauftragten etc. ist ein weiteres Hemmnis und ein spezifisch deutsches Problem.
Bürokratieabbau
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland, die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde, auf Platz 22 bei der Verwaltungsdigitalisierung. Durch überbordende Bürokratie entstehen für Unternehmen massive Mehrkosten und knappes Personal wird gebunden. Was muss auf politischer Seite unternommen werden? Das DVF schlägt vor:
- Planungs- und Genehmigungsverfahren massiv verkürzen
- Handhabbare und verständliche Förderprogramme; Genehmigungspraxis vereinheitlichen; bundeseinheitlicher Datenschutz
- Personalaufbau in Verwaltungen und Gerichten
- Vereinfachung Einfuhrumsatzsteuererhebungsverfahren
- Klare Fristen und einheitliche Vorgaben bei Smart Meter
- One-in-one-out Regel
Im Rahmen einer kleinen Anfrage im Bundestag antwortete die Bundesregierung 2021, dass bei Schienenprojekten über 30 km Länge die Realisierungszeit von der ersten Planung bis zur Verkehrsfreigabe im Mittel knapp 23 Jahre beträgt. Das werden wir uns zukünftig nicht mehr leisten können, wenn wir im Konzert der internationalen Wirtschaft noch eine Rolle spielen möchten.
Norbert Schüssler
Geschäftsführender Gesellschafter Schüßler-Plan GmbH
Kein Fortschritt bei Planungs- und Genehmigungsverfahren
In der letzten Legislaturperiode hat die Bundesregierung vier Gesetze zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung verabschiedet. Ein echter Durchbruch wurde allerdings nicht erreicht. Der Koalitionsausschuss hat sich Ende März auf ein Beschleunigungspaket geeinigt, das auch die Beseitigung von Engpässen im Straßenbereich enthält, jedoch die Wasserstraßen weitgehend ignoriert. Das DVF ist der Überzeugung, dass die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren bei allen Verkehrsträgern essenziell ist und nach nachvollziehbaren Maßstäben entschieden werden muss, welche Projekte realisiert werden.
Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen daher massiv verkürzt werden. Das DVF fordert die Einführung einer gesetzlichen Stichtagsregelung im Hinblick auf Umweltuntersuchungen und eine Standardisierung fachlicher Anforderungen. Das muss einhergehen mit der Digitalisierung der Behörden und Verwaltungen sowie der Einführung von Building Information Modeling. Beschleunigend wirken zudem partnerschaftliches Bauen, funktionale Ausschreibungen und ÖPP, da Personalengpässe kurzfristig entschärft werden.
Termin- und Kostentreue beim Ausbau der BAB A8
zwischen 2003 und 2022
Quelle: Institut für Baubetriebslehre der Universität Stuttgart
Finanzvolumen 14,6 Mio. Euro/km inkl. 30 Jahre Betrieb durch privaten Partner und Anschubfinanzierung: 1 Mio. Euro/km
LNG-Beschleunigungsgesetz
Aufgrund des Ukraine-Kriegs und der daraus resultierenden Energieknappheit insbesondere bei der Gasversorgung hat der Deutsche Bundestag das LNG-Beschleunigungsgesetzes verabschiedet. Das DVF hat dies ausdrücklich begrüßt, denn die Seehäfen nehmen bei der Sicherung der deutschen Energieversorgung eine Schlüsselstellung ein. Zusätzlich hat das DVF gefordert, drei Punkte in die Beschleunigungsagenda aufzunehmen:
- Die Häfen müssen auch zu Import-Hubs für zukünftigen grünen Wasserstoff ausgebaut werden. Die Vorbereitungen dafür müssen zeitnah beginnen.
- Die Schnittstellen zwischen Energie- und Verkehrssektor müssen schnellstens ausgebaut werden, damit die Energiewende im Verkehrssektor Realität werden kann. Das betrifft die Ladeinfrastruktur und Tankstellen für Wasserstoff. Das Zuführungsnetz und die Zuführungspunkte für die Stromeinbringung in den Verkehr müssen ausgebaut und in ihrer Leistung erhöht werden.
- Die Verkehrswege müssen schneller modernisiert werden. Mehr Effizienz und Stabilität im System sind nötig, damit der Umstieg auf Schiene und Wasserstraße gelingt. Das betrifft insbesondere den Ausbau, die Erhaltung und Digitalisierung der Schiene, die Ertüchtigung der Wasserstraße und den Ersatz maroder Autobahnbrücken.
Allerdings sind neben dem Rechtsrahmen eine Reihe von anderen Erfolgsfaktoren entscheidend: Priorisierung in den zuständigen Behörden, gut ausgebildete Bearbeiterinnen und Bearbeiter, gute Datenlage, vereinfachte Vergaberegeln, ausreichend finanzielle Mittel, eine sehr gute Kommunikation der Akteure untereinander und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz.
Christian Kühn MdB
Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
(Bildquelle: Bundesregierung/Sandra Steins)
Osterpaket
Mit dem im Juli 2022 beschlossenen sogenannten Osterpaket ist eine Vielzahl gesetzlicher Initiativen zum Ausbau erneuerbarer Energien gebündelt worden. Deren Anteil am Bruttostromverbrauch soll in weniger als einem Jahrzehnt verdoppelt werden und bis 2035 soll die Stromversorgung Deutschlands nahezu vollständig sicherstellen. Der Erfolg der Transformation des Verkehrssektors hängt unmittelbar mit der Energiewende zusammen. Daher sieht das DVF den Vorrang für erneuerbare Energien positiv. Gleichzeitig fordert das DVF, dass diese Planungsbeschleunigung ebenso für die Verkehrsinfrastruktur gelten muss. Ansonsten wird der Verzug mit wachsenden Ineffizienzen und Qualitätsmängeln im Verkehrssystem nicht mehr einholbar.
Trotz der großen haushaltspolitischen Herausforderungen durch den Krieg in der Ukraine steht die Bundesregierung zu ihren Vorhaben im Bereich der Verkehrspolitik. Mittel für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer nachhaltigen Verkehrsinfrastruktur in Milliardenhöhe bilden nach unserer Einschätzung bedarfsgerecht Investitionen ab und bieten für die Unternehmen Planungssicherheit und einen verlässlichen Rahmen.
Werner Gatzer
Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen
(Bildquelle: BMF Photothek)
Nationale Hafenstrategie
Die vom BMDV eingeleitete Erarbeitung der Nationalen Hafenstrategie wird vom DVF nachdrücklich begrüßt. Mit dem Zielbild leistungsfähiger und nachhaltiger Häfen ist der Ausgangspunkt der Strategie richtig gesetzt. Die deutschen Häfen sollen auch in Zukunft eine Führungsposition einnehmen. Dieser Anspruch folgt aus der zentralen Rolle der Häfen für die Volkswirtschaft und aus der wachsenden Bedeutung für die Energiebereitstellung und den Klimaschutz. Neben den unbestritten wichtigen Handlungsfeldern „Energie und Klima“ sowie „Digitalisierung und Automatisierung“ darf die Verkehrsanbindung der Häfen nicht vernachlässigt werden. Der Handlungsbedarf bei den seewärtigen Zufahrten, bei der Stabilität und Leistungsfähigkeit der Schienenanbindung und der Wasserstraßen besteht mit hoher Dringlichkeit fort. Auch der Abbau bürokratischer Hemmnisse, z. B. durch die Vereinfachung des Erhebungsverfahrens der Einfuhrumsatzsteuer, ist wichtig. Das DVF setzt sich dafür ein, die Strategie zügig zu beschließen und konsequent umzusetzen.
Bislang ist noch nicht viel herumgekommen, außer netten und guten Worten und vielen Punkten, die umgesetzt werden sollen. Das ist mühsam, weil der Bund natürlich versucht, alle Player mit an den Tisch zu holen. Wir erwarten, dass im nächsten Jahr zur Maritimen Konferenz in Bremen zumindest erste Resultate da sind.
Frank Dreeke
Vorsitzender des Vorstands, BLG LOGISTICS GROUP AG & Co. KG