Klimaschutz und Energie

Der europäische Green Deal bedeutet für den deutschen Verkehrssektor eine immense Herausforderung: Bis zum Jahr 2030 müssen die spezifischen Treibhausgasemissionen um 60Prozent gegenüber 1990 sinken! Mit der Novelle des Bundesklimaschutzgesetzes wird die Klimaneutralität bereits 2045 angestrebt. Hält Deutschland die EU-Vorgaben nicht ein, muss es laut europäischem Lastenausgleichsmechanismus Emissionszuweisungen von anderen EU-Mitgliedsstaaten teuer einkaufen. Eine synchrone Transformation der Sektoren Mobilität, Energie und Digitalisierung ist dafür unabdingbar.

DVF Position zu Fit-for-55

Mit dem EU-Legislativpaket "Fit-for-55" hat die Europäische Kommission ein weitreichendes und sehr umfangreiches Gesetzgebungspaket vorgelegt, um die europäischen Klimaziele zu erreichen. Im Mittelpunkt stehen die Sektoren Verkehr und Energie. Das DVF hat den Inhalt und die konkreten Auswirkungen des Pakets auf den Verkehrssektor analysiert (Position zu Fit-for-55). Die Vorgehensweise der EU, einen systematischen und langfristig angelegten Regelungsrahmen zu schaffen, ist richtig. Das Legislativpaket birgt jedoch auch Risiken. Die europäische Verkehrswirtschaft muss innerhalb kürzester Zeit zahlreiche parallele, kostenintensive Anforderungen umsetzen, die alle an der Zielsetzung der CO2-Vermeidung anknüpfen. Die resultierende Gesamtbelastung ist sehr hoch – auch für die Verbraucher. Folgende Leitlinien für die Umsetzung des Green Deal sind daher wichtig:

  • Nachhaltige Mobilität ermöglichen und faktische Voraussetzungen für die Transformation des Verkehrssektors schaffen.
  • Verlässliche, einheitliche und wettbewerbsgerechte Regeln für den CO2-Preis festlegen.
  • Steuern und Abgaben in den Klimaschutz im Mobilitätssektor reinvestieren.

Quelle: Statistisches Bundesamt 2021

Ein sektorübergreifender EU-Emissionshandel hat das Potential hier die enormen Innovationskräfte des Marktes zu wecken, wo es am vielversprechendsten ist. Nationale Alleingänge wie die nationale CO2 Besteuerung helfen dem globalen Klima nicht, schaden aber der deutschen Wirtschaft.

Oliver Luksic MdB
verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Novelle Klimaschutzgesetz, Sofortprogramm

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hat der Deutsche Bundestag die Zielvorgaben im Bundesklimaschutzgesetz im Juni 2021 erheblich verschärft und konkretisiert. Außerdem hat die Bundesregierung ein Sofortprogramm für 2022 auf den Weg gebracht. Die Freigabe der zur Finanzierung des Sofortprogramms erforderlichen Mittel obliegt dem neu gewählten Deutschen Bundestag.  

Das DVF hat darauf hingewiesen, dass eine fortlaufende Nachsteuerung durch Ad-hoc-Maßnahmen für den Klimaschutz im Verkehrssektor nicht hilfreich ist. Stattdessen müssen verlässliche Voraussetzungen für die Transformation geschaffen werden – durch den Ausbau von EE-Strom und sauberen Kraftstoffen, durch Ladeinfrastruktur, intermodale Vernetzung, Stärkung des ÖPNV, der Schiene und Wasserstraße. In diesem Sinne hat das DVF konkrete Anregungen für den Mitteleinsatz bei der Bundesregierung platziert. Die Vorschläge und Ergänzungsbitten des DVF wurden zum Teil berücksichtigt.

Für die Transformation hin zum klimaneutralen Straßenverkehr brauchen wir jetzt einen stark beschleunigten Aufbau der benötigten Infrastruktur: Das gilt für Ladepunkte, Stromnetze, Wasserstofftankstellen, 5G-Netze und die Digitalisierung der Straßeninfrastruktur.

Hildegard Müller
Präsidentin Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)

EU-Emissionshandel für den Straßenverkehr

Das DVF hat ausdrücklich die geplante Aufnahme des Straßenverkehrs in den EU-Emissionshandel begrüßt. Damit würde ein entscheidender Schritt in Richtung einer einheitlichen, umfassenden und effizienten CO2-Bepreisung getan. Allerdings muss die EU sicherstellen, dass alle Einnahmen aus dem Emissionshandel im Verkehr und aus anderen CO2-Bepreisungsinstrumenten in die technologische Transformation des Mobilitätssektors reinvestiert werden. Nur so können die hohen privaten und öffentlichen Investitionen gedeckt und die gesellschaftliche Akzeptanz langfristig gesichert werden.

Das ETS ist notwendig, um die Umstellung des Fahrzeugbestands auf saubere Antriebe zu flankieren und die Nutzung sauberer Kraftstoffe zu fördern.

Dr. Peter Liese MdEP
Koordinator der EVP-Fraktion im Umweltausschuss des EU-Parlaments

Carbon Leakage / CBAM

Der Grundgedanke für ein CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) ist richtig: Bei einer ambitionierten EU-Klimaschutzpolitik müssen faire Bedingungen für europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb gewährleistet bleiben. Der Green Deal bringt auch für den Verkehrssektor die Gefahr eines erhöhten Carbon Leakage mit sich, insbesondere im Luftverkehr und in der Schifffahrt. Allerdings plant die EU keinen CBAM für den Verkehrsbereich. Nach Auffassung des DVF sollte die Regulierung daher in den einzelnen Dossiers von Fit-for-55 angepasst werden, um Wettbewerbsnachteile für europäische Carrier auszuschließen. Das betrifft insbesondere die Nutzungspflicht für nachhaltige Kraftstoffe im Luft- und Seeverkehr, die Besteuerung und den Emissionshandel.

E-Fuels und Elektromobilität

Für das Hochfahren der Elektromobilität im Straßenverkehr mahnt das DVF eine massiv erhöhte Geschwindigkeit für die Errichtung der Versorgungsinfrastruktur an. Will die Bundesregierung ihr Ziel von 15 Millionen batterieelektrischen Pkw bis 2030 erreichen, müssen statt der bisher 300 öffentlichen Ladepunkte wöchentlich mindestens 2000 installiert werden.

Neben der Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Quellen muss die EU auch die Produktion und Kostensenkung von nachhaltigen, strombasierten Kraftstoffen (Wasserstoff, E-Fuels) unterstützen und den Markthochlauf noch stärker anreizen. Für Teile des Verkehrs sind strombasierte Kraftstoffe unverzichtbar. E-Fuels würden außerdem die Bestandsflotte adressieren. Darum ist eine ambitionierte Zielsetzung der EU, unterlegt mit konkreten Maßnahmen für den Hochlauf, für den Verkehrssektor sehr wichtig.

Die Europäische Kommission schlägt als künftiges Ziel 13 Prozent Treibhausgas-Reduktion bis 2030 im Verkehrssektor vor. Das DVF unterstützt diesen Vorschlag unter der Voraussetzung, dass die Berechnungsgrundlage so ausgestaltet wird, wie im Kommissionsentwurf vorgesehen. Insbesondere muss die Zielquote die THG-Reduktion (nicht wie bisher den Anteil erneuerbarer Energien) bezeichnen und den gesamten Verkehrssektor umfassen.

Bei nachhaltigen Kraftstoffen sind wir stark auf politische Rahmenbedingungen angewiesen, die dafür geschaffen werden müssen. Im Luftverkehr besteht immer die Gefahr des Carbon Leakage, daher muss der Wettbewerbsrahmen unbedingt einheitlich geregelt werden.

Christina Foerster
Vorstandsmitglied, Deutsche Lufthansa AG

Taxonomie

Die Taxonomie-Gesetzgebung der EU stattet Dienstleistungen und Produkte aus praktisch allen Wirtschaftsbereichen mit klimapolitischen, ökologischen und sozialen Labeln aus. Diese Bewertungen müssen auf dem Finanzmarkt für potenzielle Investoren sichtbar gemacht werden. Sie sollen so die Kapitalströme in erwünschte Richtungen lenken – also z. B. hin zu Produzenten von Elektroantrieben, weg von Otto-/Diesel-Antrieben. Die Grundsätze der Taxonomie sind vom europäischen Gesetzgeber beschlossen. Der Erlass von Umsetzungsvorschriften durch die Europäische Kommission hat begonnen. Weitere Legislativschritte könnten folgen. Die ersten Berichtspflichten für Unternehmen außerhalb der Finanzwirtschaft sind bereits in Kraft getreten. Für die Hersteller im Verkehrssektor und für die Transportwirtschaft hat die Taxonomie eine große Tragweite.