Klima- und Umweltschutz im Mobilitätssektor
Corona-Lockdown und rückläufige Mobilität haben dazu geführt, dass Deutschland sein CO₂-Einsparziel im Verkehrsbereich für 2020 erreicht hat. Das Deutsche Verkehrsforum steht hinter dem Ziel, bis 2050 CO₂-neutral zu werden. Dabei ist der Transformationsprozess so zu gestalten, dass es nicht zu einem Verlust an gesellschaftlicher Akzeptanz, Wertschöpfung und internationaler Wettbewerbsfähigkeit kommt.
Die Europäische Kommission und der Europäische Rat haben sich auf ein CO₂-Reduktionsziel von mindestens 55 Prozent für 2030 festgelegt. Das EU-Parlament forderte sogar eine Anhebung des Ziels auf 60 Prozent. Dies wird sich auf unterschiedlichen Ebenen auf den Verkehrssektor auswirken – durch erhöhte Anforderungen beim europäischen und nationalen Emissionshandel, bei der Energiebesteuerung, bei der Maut, den Flottengrenzwerten, Effizienzvorgaben usw. Die EU-Kommission hat bereits eine Vielzahl von Konsultationen zur Umsetzung des Green Deal gestartet. Bis Juni 2021 will sie konkrete Regulierungsvorschläge vorlegen. In Deutschland ist das nationale Brennstoffemissionshandelsgesetz in Kraft getreten. Die Rolle des CO₂-Preises bei der Mobilisierung klimafreundlicher Investitionen wird damit gestärkt. Es bedarf allerdings auch verbesserter Rahmenbedingungen, wenn die klimapolitische Transformation des Verkehrssektors erfolgreich vollzogen werden soll.
Die EU-Kommission hat ihre neue Mobilitätsstrategie vorgelegt. Sie will, dass der Transportanteil des Binnenschiffs und des Short-Sea-Shipping bis 2030 um 25 Prozent wachsen. Wenn Klimaschutz und Nachhaltigkeit nicht nur Lippenbekenntnisse sein sollen, dann können wir die Binnenschifffahrt nicht links liegen lassen.
Frank Dreeke
Vorsitzender des Vorstands, BLG LOGISTICS GROUP AG & Co. KG
EU Klimaziel 2030 und Umsetzungsmaßnahmen
Das DVF betonte im Rahmen der Stellungnahme zur EU-Konsultation die Dringlichkeit konkreter innovationsfördernder Rahmenbedingungen, die der Verkehrssektor zur Umsetzung der klimapolitischen Transformation benötigt. Für den Straßenverkehr empfahl das DVF die Einbeziehung in den EU-Emissionshandel. Das auf 55 Prozent erhöhte Klimaziel hat die EU-Kommission inzwischen in den Gesetzgebungsprozess zum EU-Klimagesetz eingebracht. Das DVF beteiligte sich außerdem an den Konsultationen zum EU-Emissionshandel im Luftverkehr, zur Revision der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) und der Energieeffizienz-Richtlinie.
Die Bundesregierung hat das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gesetzt und auch der Verkehrssektor muss dafür ordentlich umgekrempelt werden. Um Klimaneutralität zu erreichen, braucht es zum einen die politischen Rahmenbedingungen. Zum anderen kommt es auch auf die technische Entwicklung seitens der Unternehmen an.
Dr. Robert Habeck
Bundesvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Nationale Plattform Zukunft der Mobilität
In der Arbeitsgruppe (AG) 1 der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“ (NPM) arbeiten fünf Ad-hoc-Gruppen konkrete Fahrpläne und Handlungsempfehlungen aus. Die Themenpalette reicht von neuen Kraftstoffen, über den Antriebswechsel bei Nutzfahrzeugen und Pkw, bis hin zum Schienenverkehr und der urbanen Mobilität. Das DVF arbeitet seit Gründung der NPM im Lenkungskreis und der AG 1 mit und ist außerdem in den Ad-hoc-Gruppen Schienenverkehr und Urbane Mobilität der NPM vertreten. Im Aktionsbündnis Klimaschutz des Bundesumweltministeriums (BMU) übt das DVF eine koordinierende Rolle für den Verkehrssektor aus.
Bei der Nationalen Wasserstoffstrategie hat der Lenkungskreis die Bundesregierung um eine zügige Beschlussfassung gebeten. Das DVF hat sich auch dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wichtige Punkte fixiert, wie die Reduktion der Energiesteuer für erneuerbare Energieträger im Verkehrssektor, eine konkrete Mindestquote für E-Fuels und Wasserstoff sowie ein Markteinführungsprogramm für diese Kraftstoffe.
Das Vorhandensein oder Fehlen von grünem Wasserstoff hat mittel- und langfristig fundamentale Auswirkungen auf unsere Klimapolitik. Wir müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Wasserstoff zum Business-Case wird.
Wolfgang Langhoff
Vorstandsvorsitzender BP Europa SE
Verbesserung für E-Mobilität
Das DVF begrüßte den Beschluss des Deutschen Bundestages zum Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEModG). Das WEModG sieht als Grundsatz vor, dass Miteigentümer und Vermieter künftig die Errichtung von Ladestellen im Wohnungseigentum erlauben müssen. An der Konsultation des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) zur entsprechenden Änderung des Wohnungseigentums- und Mietrechts hat sich das DVF beteiligt.
Im Dezember 2020 hat der Deutsche Bundestag außerdem eine Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) beschlossen. Darin wird Strom für die Herstellung grünen Wasserstoffs von der EEG-Umlage befreit. Bei der Landstromversorgung für Seeschiffe wird die EEG-Umlage künftig auf 20 Prozent des Standardwertes begrenzt. Im parlamentarischen Verfahren wurde eine Absenkung der Umlage für E-Busse ergänzt. Für diese Maßnahmen hatte sich das DVF ausgesprochen. Die Empfehlung einer zusätzlichen Entlastung für den Strombezug durch Schienenbahnen und einer Entlastung für Landstrom in Binnenhäfen wurde in der Novelle nicht umgesetzt.
Förderung Wasserstoff und E-Fuels
Im Juni 2020 verabschiedete die Bundesregierung die Nationale Wasserstoffstrategie. Das DVF hatte im Vorfeld dazu Handlungsempfehlungen an die zuständigen Bundesministerien geleitet. Die Bundesregierung will bis 2030 insgesamt neun Milliarden Euro in die Umsetzung der Strategie investieren.
Das DVF plädierte dafür, mit der Umsetzung der Wasserstoffstrategie zügig zu beginnen. Dabei sollten Maßnahmen eingeschlossen werden, die in der Strategie noch fehlten. Dies betraf etwa ein Markteinführungsprogramm, mit dem bestimmte Produktionsmengen an E-Fuels ausgeschrieben werden, sowie die Freistellung von der EEG-Umlage für E-Fuels und Wasserstoff.
Das BMU hatte nach längerem Vorlauf einen nationalen Umsetzungsvorschlag zur europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) vorgelegt. Der Entwurf des BMU war in seinem Kernpunkt – der künftigen Treibhausgasquote – allerdings zu wenig ambitioniert. Bei dem im Entwurf enthaltenen Vorschlag einer nationalen Pflichtquote für E-Fuels bei Flugkraftstoffen riet das DVF zur Vorsicht. Der Luftverkehr braucht neue, nachhaltige Kraftstoffe. Eine solche Vorgabe muss aus Wettbewerbsgründen mindestens auf europäischer Ebene verankert werden.
Auch an der Konsultation für eine EU-Wasserstoffstrategie beteiligte sich das DVF. Es gilt, möglichst schnell leistungsfähige europäische Wertschöpfungsketten zur Produktion von grünem Wasserstoff aufzusetzen. Die Bundesregierung und die EU müssen den Regulierungsrahmen zügig adaptieren, um den Weg für eine europäische Wasserstoffwirtschaft zu ebnen.
Wir befinden uns in der Aufbauphase einer Wasserstoffökonomie und in einem globalen Wettbewerb um Ressourcen und Märkte. Wenn Deutschland als Hersteller dieser Zukunftstechnologie und nicht nur als Konsument teilhaben soll, müssen wir unsere Weltmarktführerschaft ausbauen.
Andreas Feicht
Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Flottenerneuerung im Logistikbereich
Im Januar 2021 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) offiziell den Start der "Richtlinie zur Förderung der Erneuerung der Nutzfahrzeugflotte (ENF)" verkündet. Mit diesem Programm unterstützt die Bundesregierung die Anschaffung neuer Lkw mit Abgasstufe Euro VI oder Elektro- bzw. Wasserstoffantrieb bei gleichzeitiger Verschrottung alter, dieselbetriebener Nutzfahrzeuge mit bis zu 15.000 Euro. Das DVF hatte sich dafür eingesetzt, dass in der Richtlinie nicht nur die Zugmaschine, sondern auch der Trailer gefördert wird.
Umsetzung Clean-Vehicle-Directive
Im Januar 2021 beschloss das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie für die Beschaffung emissionsarmer Straßenfahrzeuge (Clean Vehicles Directive). Damit werden Mindestanteile von emissionsarmen und emissionsfreien Fahrzeugen bei der öffentlichen Beschaffung und Auftragsvergabe festgelegt. So müssen ab August 2021 mindestens 45 Prozent aller neu anzuschaffenden Linienbusse saubere Fahrzeuge im Sinne der Richtlinie sein. Werden dazu Mindestziele festgelegt, müssen Bund und Länder die Umsetzung finanziell angemessen unterstützen, denn bei den kommunalen Verkehrsbetrieben und Dienstleistern fallen erhebliche Mehrkosten an. Neben der Finanzierung sind zudem praktische Umsetzungsfragen zu klären.
E-Busse sind im Vergleich zu modernen Dieselbussen erheblich teurer, erzeugen höheren Abstellbedarf auf den Betriebshöfen, Umschulung des Personals und erfordern entsprechende Ladeinfrastruktur. Das sind enorme Kosten und Umstellungsmaßnahmen für die Unternehmen. Die Anstrengungen aus dem Bundesprogramm saubere Luft, dem Klimaschutzprogramm und dem Konjunkturpaket müssen zusammengeführt werden.
Dr. Rolf Erfurt
Vorstand Betrieb, Berliner Verkehrsbetrieb AöR (BVG)
Masterplan Schiene / Schienenpakt
Das DVF unterzeichnete am 30.06.2020 gemeinsam mit 27 weiteren Institutionen und Verbänden den Schienenpakt. Mit diesem Engagement unterstützt das DVF den Weg hin zu einem leistungsstarken und modernen Schienenverkehr in Deutschland.
Die Unterzeichnung des Schienenpakts durch 28 Partner dokumentiert, wie groß das gemeinsame Interesse an einer erfolgreichen Entwicklung des Schienensektors ist. Es ist das Bekenntnis, dass der Schienenverkehr in Zukunft die Grundlage für eine moderne Mobilität sein wird und einen wesentlichen Beitrag für das Erreichen der Klimaziele leisten kann. Hierfür erarbeiteten die Nutzer des Personen- und Güterverkehrs mit dem BMVI den Masterplan Schienenverkehr. Jetzt heißt es, die Maßnahmen aus dem Masterplan tatsächlich umzusetzen, damit die Ziele der Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030, der Deutschlandtakt, die Digitalisierung der Schiene, die Lärmreduktion und die Erhöhung des Schienengüterverkehr-Anteils auf 25 Prozent erreicht werden. Die Umsetzungsfortschritte der Aufgaben aus dem Masterplan werden in einer regelmäßigen Evaluation überprüft. Dafür treffen sich die Mitglieder des Masterplans zu einer jährlichen Zukunftskonferenz
In den vergangenen 2 1/2 Jahren hat die Koalition bewiesen, welchen Stellenwert sie der Schiene als Infrastruktur der Zukunft zumisst. Wir konnten zahlreiche Maßnahmen umsetzen und auf den Weg bringen, die das System Schiene für die nächsten Jahre massiv stärken. Davon profitiert auch der Güterverkehr.
Detlef Müller MdB
Stellvertretender Vorsitzender der Parlamentsgruppe Schienenverkehr im Deutschen Bundestag, SPD-Fraktion
Sektorziele und Jahresemissionen 2020
Quelle: BMU